Brunnen nicht zuschütten
Wie berichtet, hatte sich der Bauausschuss des Gemeinderats im Januar 2012 dafür starkgemacht, den Brunnen nicht einfach zuschütten und einzusäen, sondern »Vorschläge für eine Brunnensanierung mit mehreren Fontänen in Anlehnung an die ursprünglich Anlage« zu erarbeiten. Doch das dafür angesetzte Kostenlimit von 30 000 Euro erwies sich bei näherer Betrachtung als zu niedrig, und bei der genaueren Bestandsaufnahme des Platzes zeigten sich - so die Verwaltung - weitere Defizite.Bei der von Katrin Korth, der stellvertretenden Leiterin des Amtes für Straßen, Umwelt und Verkehr, in einer Mitteilungsvorlage für den Bauausschuss formulierten Aufgabenstellung, »moderate Verbesserungen« für den Listplatz zu entwickeln, die finanzierbar sind und »zukünftige Entwicklungen nicht behindern«, kam es zupass, das Korth auch Lehrbeauftragte an der Nürtinger Hochschule ist. Es war ihre Idee, die Bachelor-Studenten mit der Reutlinger Aufgabenstellung zu konfrontieren.
Allen Arbeiten ging eine Bestandsaufnahme vor Ort voraus. Zu den Unzulänglichkeiten, die beispielsweise Anika Binder auffielen, gehört der »Info-Pavillon«, der den Blick vom Bahnhof aus stört: »Das ist das Erste, was man von Reutlingen sieht.« Auch werde die direkte Verbindung in Richtung Innenstadt kaum genutzt, weil sie durch einen sehr dunklen und durch Bäume abgeschotteten Bereich führt: Im Dunkeln sei das »Angst einflößend«. Das Friedrich-List-Denkmal ist an seinem jetzigen Standort nicht nur nach Anika Binders Ansicht zu versteckt, weshalb sie es bei ihrer Neuplanung in die Mitte des Platzes rückt – neben ein Café, von dem aus man den Blick auf eine großzügige Wasserfläche mit elf Fontänen genießen kann.
Richtungsweisende Achse
Lars Zöllner hingegen greift in seinem Entwurf mit nierenförmigen Elementen »die Formensprache« der 1950er-Jahre auf, in denen der Listplatz entstand. Seine Brunnenanlage ist dem Namensgeber des Platzes gewidmet und stellt das von Friedrich List 1833 geplante deutsche Eisenbahnnetz dar: Es ist in Granitpflaster ausgeführt, die angefahrenen Städte werden durch Fontänen gekennzeichnet.Florian Thurn macht das Eisenbahnnetz sogar zum zentralen Gestaltungselement: Sein Listplatz ist von einem Lichtliniensystem durchzogen, das die einzelnen Streckenabschnitte des Eisenbahnnetzes widerspiegelt. Daniel Gornik setzt auf eine »richtungsweisende« Hauptachse nebst Wasserspiel, die vom Bahnhof aus direkt in Richtung Innenstadt führt – ein Gedanke, den auch Alexandra Brand in ihrem allerdings etwas weniger streng gegliederten Entwurf aufgegriffen hat.
Währen sich ihr Brunnen in der Form an der Fontänenanlage des Jahres 1955 orientiert, nennt sich Melanie Wiehls Brunnenanlage »Hula Hoop« und besteht aus fünf senkrecht stehenden Stahlringen mit Wasservorhang. »In der nächsten Sitzungsrunde«, so Baubürgermeisterin Hotz, soll sich der Bauausschuss mit den Entwürfen auseinandersetzen und überlegen: »Wie gehen wir mit den Ideen um?« Dabei werde auch die Frage der kurz-, mittel- und langfristigen Finanzierung eine zentrale Rolle spielen. (GEA)

