Sebastian ist seit 15 Jahren Event-Gastronom für besondere Anlässe und hat sich als fahrbaren Untersatz den Oldtimer ausgesucht, nachdem sich sein ebenfalls uralter Imbisswagen aus der DDR in Wohlgefallen aufgelöst hat. Der UPS-Bus ist so, wie man ihn aus amerikanischen Fernsehserien kennt: Eckig, sperrig, bullig und alles andere als schön. Aber praktisch und unzerstörbar.
Denn unter dem Kleid des US-amerikanischen Logistik-Unternehmens steckt solide deutsche Hausmannskost. Basis ist ein Mercedes-Benz der Baureihe 508 DG aus dem Jahr 1978. Er wurde in Düsseldorf gebaut und als Vor-Vor-Gänger des Sprinters praktisch überall dort eingesetzt, wo der Spaß aufhörte und wo's was zu liefern gab. Baustellenfahrzeuge, Feuerwehrfahrzeuge, Rettungswagen, Paketzustellfahrzeuge - selbst die Polizei nutzte den »508er« als Mannschaftsbus.
Auch »Manfred« hat eine bewegte Historie vorzuweisen. Nachdem er elf Jahre lang aus UPS-Lieferwagen gedient hatte, nutzte ihn eine Autovermietung als Werbeträger. Im Jahr 2000 begann für »Manfred« das Künstlerleben: Er wurde Bandfahrzeug der Partygruppe »Moonlight Company« aus Münsingen, bevor ihn fünf Jahre später Sebastian zur rollenden Küche umbaute.
Auf dem Chassis sitzt ein Flensburger Kofferaufbau aus Aluminium, der das Gefährt zum Panzer macht. Diesen Aufbau nahm Sebastian als Rohling für seinen »Food-Truck«, wie vornehme Imbiss-Buden genannt werden.
Bei der Übernahme hatte der Wagen lächerliche 629 000 Kilometer auf der Uhr, heute sind es 7 000 mehr. Damit ist der Vierzylinder-Diesel (Schadstoffklasse Euro 0) mit seinen 3,8 Litern Hubraum gerade mal eingefahren. Kein Wunder: Bewegung braucht Zeit, mit 86 PS ist der »508er« keine Rennmaschine.
»Manfred« ist fast täglich im Einsatz und transportiert das Equipment aus Fritteuse, Gasgrill, Eisschrank und Kühlschrank in der Region Neckar-Alb umher - mit dem ersten Motor. »Gemeinsam fahren wir, meist sehr gemächlich, durch den Landkreis Reutlingen, Tübingen und Böblingen zu unseren hungrigen Gästen«, freut sich Sebastian. Dabei kommt den beiden zugute, dass einer ihrer festen Standorte eine Lkw-Niederlassung in Eningen ist.
»Bei einem Oldtimer wie diesem ist immer etwas zu machen«, deutet Sebastian an, was »Manfred« so alles fehlt. Er zeigt auf den Bremskraftverstärker: »Meine neueste Errungenschaft.« 39 Jahre als Nutzfahrzeug hinterlassen Spuren.
»Gemeinsam fahren wir, meist sehr gemächlich, zu den hungrigen Gästen«Die Reaktionen sind positiv. »Die Menschen freuen sich über unsere Erscheinung und genießen dazu unsere hochwertigen hausgemachten Speisen«, sagt Sebastian. Womit er beim Thema wäre, mit dem er sich absetzen will vom Einheitsbrei der faden, deutschen Curry-wurst-Landschaft. Denn außer dem Oldtimer ist alles frisch. Die Oberländer werden wahlweise mit drei verschiedenen Sößchen kombiniert, die Sebastian täglich neu zubereitet.
Und auch seine Informationskanäle sind alles andere als Old School. Sebastian gibt für seine Kunden, die Geburtstag haben, via Facebook regelmäßig ein »Wurstoskop« heraus - ein Horoskop, das er aus einer veganen Wurst zu lesen vorgibt und das wissenschaftlich ähnlich tragfähig ist wie die Horoskope aus ernsthaften Quellen. Deshalb passen Auto, Mann und Job in diesem Fall so gut zusammen. (GEA)