REUTLINGEN. Erneut erschien das Jahresfest der Bruderhaus-Diakonie auf dem Gelände zwischen Gaisbühl und ehemaligem Kasernengelände an der Ringelbachstraße wie ein riesengroßes Familienfest. Hunderte, nein, tausende Menschen waren gekommen, um einmal mehr einen Blick in die vielen Werkstätten der Bruderhaus-Diakonie zu werfen oder um gleich zu Beginn, am gestrigen Sonntagmorgen am Gottesdienst teilzunehmen.
Der wurde – weil es das große Zelte in diesem Jahr zum ersten Mal nicht gab – zwischen Logistik-Anlieferung und Mensa, quasi im Hinterhof, abgehalten. Eine ganz neue Atmosphäre hatte sich dadurch ergeben. »Und es waren mehr Besucherinnen und Besucher da als in den Vorjahren«, berichtete Sabine Steininger als Leiterin der Kommunikationsabteilung bei der Bruderhaus-Diakonie.
Prälat Markus Stoch hatte gepredigt, gemäß dem Motto des Jahresfestes »Neue Wege gehen« rief er dazu auf, auch als Gesamtgesellschaft neue Wege einzuschlagen. Es könne nicht sein, dass ganze Teile der Bevölkerung ausgegrenzt oder sogar herabgewürdigt werden. »Auch wenn die Kommunikation schwierig sein mag, wir müssen aus unserer Blase raus und aufeinander zugehen«, so Stoch.
Und was war sonst noch geboten, beim Jahresfest der Bruderhaus-Diakonie? Wie immer gab es viel zu sehen, viel zu bestaunen, viel gute Musik zu lauschen. Dieses Mal spielte die Reutlinger Stadtkapelle auf, Maddaus und Band war zu hören, die Gruppe »Brennwert« aus der Kulturwerkstatt sowie die allseits bekannten »Beatstompers«, dem geschätzten Rhythmus- und Trommelprojekt.
»Wir haben dieses Mal auf das große Zelt verzichtet, um mal auszuprobieren, ob es auch ohne geht«, erläuterte Steininger. Bei Sonnenschein sei es stets sehr warm im Zelt gewesen und – die Kosten spielen natürlich auch eine nicht unbedeutende Rolle: Eine fünfstellige Summe schlug da jedes Jahr zu Buche. Und Alternativen seien ja vorhanden: »Bei Regen hätten wir ausweichen können, die Rampe der Logistikanlieferung wäre als Bühne geeignet gewesen, außerdem haben wir in einigen Werkstätten auch große Räume«, so Sabine Steininger.
Fernab von Veranstaltungen konnten die Gäste es sich aber auch einfach nur gutgehen lassen, Freunde, Bekannte, Verwandte treffen, gute Gespräche führen, gutes Essen und Trinken genießen. Oder auch einen Abstecher zum Streichelzoo machen, dort Alpakas, Schafe, Ziegen und Esel beobachten und anfassen, eben streicheln. Oder auch an den zahlreichen Spielstationen das Kind wieder zum Vorschein kommen lassen. Etwa beim riesigen Fußball-Dart.
Man konnte sich natürlich auch einfach an den zahlreichen Ständen inspirieren lassen, das ein oder andere finden: Schmuck, Schönes und Nützliches aus der Bruderhaus-Kreativwerkstatt wie Wildbienenhäuser, Tierfiguren oder Holzspiele, Accessoires für den Garten, Balkon oder Haushalt. Oder auch auf dem Flohmarkt stöbern, wo allerlei Raritäten und Kurioses zu finden war.
Ein Highlight beim diesjährigen Jahresfest war zudem eine Lesung der Schauspielerin Katrin Bühring zusammen mit der Sprachheilpädagogin Maike Freiberg. Diese ganz besondere Lesung sollte auch für die Menschen sein, die nicht mit Worten kommunizieren können, wie Andrea Achmann von den Bruderhaus-Werkstätten ausführte. Ein ausgetüfteltes Konzept stecke dahinter, das da heißt »unterstützte Kommunikation« (UK). Die Schauspielerin und die Sprachheilpädagogin wollen damit Menschen eine Stimme geben, die für die Gesellschaft ansonsten unsichtbar sind.






