REUTLINGEN-ROMMELSBACH. Die Rommelsbacher schätzen ihre Bezirksgemeinde – definitiv. Und zu Recht: weil es im knapp 6.000 Einwohner zählenden Teilort fast nichts gibt, was es nicht gibt. Infrastrukturell tipptopp ausgestattet, vereint der Flecken die Segnungen einer Kleinstadt mit dörflichem Charme. »Es lebt sich sehr angenehm hier«, sagt Diana Schmitz. »Hier will ich nicht mehr weg. Rommelsbach ist klasse.«
Liebeserklärung mit einigen Aber
Na, wenn das keine Liebeserklärung ans Zentrum des Reutlinger Nordraums ist. Wiewohl dieser Liebeserklärung doch ein paar Aber folgen. Vermisst die 47-Jährige doch ein gutes Speiselokal und ein Café mit Treffpunktcharakter. »Früher hatten wir auf dem Platz am Laufbrunnen wenigstens eine Bäckerei mit Ausschank und Bistro-Tischen.« Seitdem besagte Filiale – die Geschäftsaufgabe liegt bereits etliche Jahre zurück – allerdings geschlossen wurde, ist’s aus Sicht von Diana Schmitz mit jedweder gastronomischen Gemütlichkeit auf und um den Platz am Laufbrunnen vorbei. »Die Bäckerei war außerdem ein Frequenzbringer, der für Leben gesorgt hat. Nicht nur ich vermisse das Café.«
Stimmt. Manfred Müller pflichtet seiner Vorrednerin nämlich vollumfänglich bei. Gerade während der warmen Jahreszeit, so der 63-Jährige, »war es schön, sich unter freiem Himmel immer mal wieder Kaffee und Kuchen zu gönnen, Leute zu gucken, miteinander ins Gespräch zu kommen«. Für ihn war der Bäcker deshalb weit mehr als ein bloßer Brotverkäufer – »hier kamen die Menschen zusammen, haben verweilt, geschwätzt. Das hatte der sogenannten Neuen Mitte gutgetan. Davon ist meines Erachtens nicht mehr viel übrig geblieben.« Worunter auch der Buchladen Rappertshofen zu leiden hat, wie Judith Scherten (43) erklärt. »Es ist nicht viel Leben in der Ortsmitte« – dem kleinen Geschäftszentrum fehle die Laufkundschaft.
Tote Hose in der Ortsmitte
Was von Andrea Dobner (66) und Mandy Nobbefeld (46) bestätigt wird. »In der Ortsmitte herrscht schon seit Längerem tote Hose.« Beide Frauen diagnostizieren dem Herz der Bezirksgemeinde eine kapitale Insuffizienz, beide Frauen wünschen sich ein Café mit Außenbewirtung. Gewinnbringend für Rommelsbach wäre ihrer Einschätzung nach außerdem ein bodenständiger Gastronomie-Betrieb mit gutbürgerlicher Küche: »So wie früher die 'Germania' oder das 'Gasthaus Krone'.«
Außerdem, finden Dobner und Nobbefeld, wäre es für Rommelsbach ein Gewinn, wenn es im Flecken »mehr ehrenamtliches Engagement für Senioren« gebe. Konkret denkt das Duo an einen bürgerschaftlich organisierten Fahrdienst, an einen Einkaufsservice oder andere alltagspraktische Handreichungen – etwa bei der Gartenarbeit. All dies müsste an zentraler Stelle – beispielsweise bei der evangelischen Kirchengemeinde – zusammengeführt werden; selbstverständlich unter Berücksichtigung all jener Angebote, die es in Rommelsbach bereits gibt: vom Treffpunkt Internet bis hin zum Senioren-Nachmittag.
So geht es weiter
Nach seiner Stippvisite in Rommelsbach nimmt das GEA-Mobil als nächstes Kurs auf Wannweil und macht dort am heutigen Donnerstag, 26. Oktober, von 17 bis 18 Uhr auf dem Parkplatz hinter dem Rathaus halt. Erkunden wollen die Journalisten dann, wie es sich in der Gemeinde lebt. Außerdem möchten sie per Fragebogen ermitteln, wie Leser den GEA beurteilen. Wer sich an der Aktion beteiligt, erhält ein 14-tägiges Geschenk-Abo für einen Haushalt seiner Wahl. (ekü)
Ach ja, und wenn es, ebenfalls mit Blick auf die betagte Bevölkerungsgruppe, zusätzliche Outdoor-Möbel gäbe, wäre das ein Plus. Insbesondere weitere Sitzgelegenheiten seien wünschenswert – am Rand beliebter Spazierwege und gerne auch auf dem Platz am Laufbrunnen, dem es nicht nur an Publikumsverkehr fehle, sondern vor allem an Aufenthaltsqualität. »Mehr Begrünung, mehr Schatten, mehr Bänke«, so die Frauen, würden den Platz aufwerten. Er wäre einladender.
Ein Gedanke, der Reinhold Hild keineswegs fremd ist. Auch er vermisst Begrünung, spricht davon, dass »alles zugepflastert« ist und dass es Rommelsbach an einem Wohlfühlort fürs gesellige Miteinander mangelt. »Ein Backhäusle, wie man sie überall auf der Alb sieht« wäre ihm sehr willkommen.

Derweil Werner Kost etwas ganz anderes willkommen wäre: mehr Radfahrer-Sicherheit nämlich. »Von Altenburg kommend, auf der Kniebisstraße«, moniert der Mann, der selbst oft und gerne in die Pedale tritt, sei die Situation für Radler »katastrophal«. Der dortige kombinierte Fußgänger-/Radweg endet abrupt und die Ausschleifung im Bereich der Darrenstraße bleibt – obschon zweckdienlich und gut – vielfach ungenutzt, weil sie sich Radfahrern nicht als Fortführung des Radwegs erschließt. »Man sieht einfach nicht, dass abseits der Straße geradelt werden kann. Ich wünsche mir eine entsprechende Beschilderung« – dann würden vermutlich auch weit weniger Radler auf dem Bürgersteig unterwegs sein.
Riskante Begegnungen auf dem Bürgersteig
Immer wieder, so Kost, komme es ihretwegen zu riskanten Begegnungen. Und zwar weniger mit Fußgängern, als mit motorisierten Anwohnern der Kniebisstraße, die aus ihren Ausfahrten rollen und sich plötzlich mit vorbeiflitzenden Radlern konfrontiert sehen. Was das betrifft, grenze es an ein Wunder, dass noch keine schlimmen Unfälle passiert sind. Kosts Forderung: Nach dem Vorbild Ermstalstraße auch auf Kniebisstraße und K 6720 einen durchgängigen Radfahrerschutzstreifen installieren und eine Radweg-Anbindung von der Kniebisstraße zum Sommerberg schaffen: zum Besten der vielen Schüler, die unter anderem von Sickenhausen zum Bildungszentrum Nord strampeln.
Der innerörtliche Verkehr ist auch für Karl, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, Thema. Vor allem stört ihn die »wilde Mischung« von Tempolimits auf den Durchfahrtsstraßen. Mal sind 50, mal 40, mal 30 Stundenkilometer, erlaubt. Wobei dieses Stückwerk insbesondere auf der Württemberger Straße negativ auffällt.
Mit »Bodenwellen« gegen Raser auf dem Reisweg?
Während im Reisweg Raser negativ auffallen, wie Margarete Wetzel moniert. In der Einwohnerfragestunde des Bezirksgemeinderats habe sie schon angeregt, dass man Autofahrer dort durch eine »Bodenwelle« ausbremsen könne. Dieser Vorschlag sei jedoch abgelehnt worden, unter anderem, weil solche Wellen angeblich das Schneeräumen behindern. Ein Argument, das Wetzel nicht nachvollziehen kann: »Ich war beispielsweise mal in Ebersbach. Und dort gibt es sehr viele von diesen Bodenwellen«, sagt sie.
Dessen ungeachtet wohnt sie aber ebenso gerne in Rommelsbach wie Karl. »Es lebt sich hier gut. Eine gute Infrastruktur und ein gutes Gemeinwesen«, gibt der 67-Jährige zu Protokoll. Was er sich wünscht, sind allenfalls »Kleinigkeiten wie einen pünktlichen Bus«.
Kanalsanierung nimmt die Einwohner mit
Auch für Ulrich Eberle (80) ist die Lebensqualität im Flecken »okay«. Vor vierzig Jahren ist er in die Nordraumgemeinde gezogen, auch zwei seiner Töchter haben hier ihre Heimat gefunden. Aber was genau ist für Eberle an Rommelsbach denn so lebenswert? »Wir haben einiges an Infrastruktur: einen Supermarkt und einen Discounter. Bei den Ärzten sieht es auch nicht schlecht aus«, plaudert der Senior weiter und verrät: »Ich bin verwurzelt in der Männerwerkstatt.«
Gefragt, ob ihn denn vor Ort irgendetwas stört, muss er länger nachdenken. »Der Straßenneubau, die Kanalsanierung in der Ermstalstraße, nimmt uns ziemlich mit. Das ist jedoch nur vorübergehend – das hört ja Gott sei Dank wieder auf.«
Anders als die Taubenplage, die eine endlose zu sein scheint. Angesprochen wird sie von Karl-Heinz Schwarzbach, der sie sichtlich genervt als »richtig großes Problem« bewertet. »Eigentlich«, sagt er, lasse es sich in Rommelsbach gut leben. Doch in seinem Viertel fühlen sich offenbar nicht nur die Menschen wohl, sondern auch die Ratten der Lüfte.
Was tun gegen die Tauben-Plage?
Der Kot der Tiere bäbbt und ätzt überall: auf den Fenstern, dem Balkon … sogar der Wasserabfluss vom Dach sei durch Taubenkot verstopft worden, schildert er. »Dann ist alles ins Treppenhaus gelaufen.« Seine Nachbarn – die ähnlich genervt seien – und er haben schon einiges versucht, um die Tauben zu vergrämen. »Aber die Spikes auf dem Dach zur Abwehr bringen nichts«, sagt der Dachdecker resigniert.
Sogar ein Ultraschallgerät hat er sich zugelegt. Doch dessen Einsatz blieb ebenfalls ohne die erwünschte Wirkung. Manchmal findet er auch tote Tauben auf dem Dach. Karl-Heinz Schwarzbach hat sich mit seinem Anliegen bereits an die Gemeindeverwaltung gewandt. Diese habe ihn an die Stadt weiterverwiesen. Er betont: »Man muss hier wirklich handeln. Denn das verringert unsere Lebensqualität echt.« (GEA)