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Ganztagsbetreuung: So bereitet sich Reutlingen vor

Ab August 2026 wird peu à peu der Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung an Grundschulen eingeführt. Reutlingen bereitet sich auf diese Mammutaufgabe vor. Erster Schritt war eine Elternbefragung.

Ab August 2026 haben Erstklässler einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Die Kommunen wird dies vor große Herausforderungen
Ab August 2026 haben Erstklässler einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Die Kommunen wird dies vor große Herausforderungen stellen. Foto: Uwe Anspach/dpa
Ab August 2026 haben Erstklässler einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Die Kommunen wird dies vor große Herausforderungen stellen.
Foto: Uwe Anspach/dpa

REUTLINGEN. Der Auftrag ist klar: »Ab August 2026 haben alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung. In den Folgejahren wird der Anspruch auf die Klassenstufen 2 bis 4 erweitert, sodass ab dem Schuljahr 2029/2030 allen Kindern der ersten bis vierten Klasse der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung zusteht.« So steht es im Ganztagsförderungsgesetz, das vom Bund verabschiedet worden ist und das nächstes Jahr in Kraft tritt.

Was sich in der Theorie, vor allem für berufstätige Eltern, vielversprechend anhört, dürfte den Verantwortlichen in den Kommunen den Schweiß auf die Stirn treiben. So fürchtet beispielsweise Kurt Meyer, Leiter des Amts für Jugend, Schule und Sport in Reutlingen, dass »wir das Personal dafür nicht bekommen«. Bereits jetzt herrscht in den pädagogischen Bereichen Personalmangel, der sich durch zusätzliche Betreuungszeiten verschärfen könnte. In den Reutlinger Schulen wird bislang die Betreuung in den Schulen mithilfe der Fördervereine gestemmt, aber hier spüre man eine große Unsicherheit, hat Meyer beobachtet. Wobei klar ist, dass ein Mehr an Betreuung nicht von den Fördervereinen abgedeckt werden kann.

Nur 28,9 Prozent nehmen an Umfrage teil

In einem ersten Schritt wurde der Betreuungsbedarf bei den Eltern abgefragt. Dafür wurden Haushalte mit Grundschulkindern und Kindern in den letzten zwei Kindergartenjahren angeschrieben, von 5.608 haben 1.620 geantwortet - das sind gerade mal 28,9 Prozent. Zu wenig, wie von einigen Stadträten kritisch angemerkt wurde. Aber nun muss man mit dem vorhandenen Datenmaterial arbeiten.

Die Planungsfirma Gebit aus Münster hat die Zwischenergebnisse dem Gemeinderat vorgestellt. Dabei wurde klar, dass die Mehrheit der Eltern eine Betreuung braucht, bei Eltern von Grundschülern wurde aber auch ersichtlich, dass das Angebot in vielen Fällen ausreicht. Lediglich bei der Ferienbetreuung wurde von vielen Eltern der Wunsch geäußert, dass diese ausgedehnt werden sollte. »Die Ferienbetreuung ist ein großer Baustein, den wir in den nächsten Jahren angehen müssen«, sagte auch Meyer.

Das wird die Stadt viel Geld kosten

Silke Bayer (SPD) freute die gute Nachricht, »dass wir nicht bei null anfangen«. Aber sie fürchtet dennoch, dass dieses neue Gesetz die Stadt viel Geld kosten wird. Zum einen werden die Personalkosten steigen, »aber wir werden auch Geld für die baulichen Voraussetzungen in die Hand nehmen müssen«, so Grünen-Stadträtin Cathy Hammer. Die Fördervereine werden ebenfalls Unterstützung brauchen, wenn das Gesetz in die Umsetzung geht.

Mit dieser ersten Untersuchung wollte die Verwaltung zunächst einmal eine »Tendenz erfahren«, erklärte Verwaltungsbürgermeister Robert Hahn, »wir wollen die Richtung wissen, um uns strukturell vorzubereiten«. Man wolle dabei auch nicht überziehen, sondern es sei ein System, das nach und nach entwickelt werden müsse. »Wir werden nicht vom ersten Tag an perfekt unterwegs sein«, betonte er. Er warnte auch davor, derartige Hoffnungen bei den Eltern zu wecken. Zudem sieht er bei der Frage der Betreuung weder die Fördervereine noch die Stadt in der ersten Reihe stehen, sondern hier sei vor allem die Rolle des Kreisjugendamtes gefragt.

Viele Fragen sind also weiterhin ungeklärt, wenn es um die Ganztagsbetreuung geht - etwas, das auch Jenny Winter-Stevanovic bemängelte. »Wir haben eine ganze Reihe von Fragen gestellt, von denen keine beantwortet wurde.« Und dabei gehe es keineswegs nur die Klärung der reinen Betreuung, sondern auch um Unterstützung und Bildung für die Kinder. (GEA)