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Freundeskreis Kunstmuseum Reutlingen: Ehrennadel für Wilfried Thron

20 Jahre Netzwerken im Ehrenamt: Wilfried Thron wird als Vorsitzender des Vereins der Freunde des Spendhauses ausgezeichnet. Der OB deutet dabei Überraschendes an.

Wilfried Thron, umrahmt von seiner Frau Elisabeth (links) und Kulturamtsleiterin Anke Bächtiger, blickt im Kunstmuseum Konkret f
Wilfried Thron, umrahmt von seiner Frau Elisabeth (links) und Kulturamtsleiterin Anke Bächtiger, blickt im Kunstmuseum Konkret freudig der Auszeichnung mit der Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg entgegen. Foto: Steffen Schanz
Wilfried Thron, umrahmt von seiner Frau Elisabeth (links) und Kulturamtsleiterin Anke Bächtiger, blickt im Kunstmuseum Konkret freudig der Auszeichnung mit der Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg entgegen.
Foto: Steffen Schanz

REUTLINGEN. Sonore Stimme, gepflegtes Schwäbisch, überlegte Wortwahl. Freundlich, kultiviert, offen und verbindlich tritt Wilfried Thron den Menschen entgegen. So findet er Gehör und sammelt Sympathien ein. Wenn später Geld- oder Zeit-Spenden dazukommen, umso besser. Um beides dem Reutlinger Kunstmuseum samt Sammlung zukommen zu lassen, hat der Degerschlachter vor 20 Jahren den Freundeskreis Kunstmuseum Reutlingen Spendhaus gegründet. Nicht allein, sondern mit seiner Frau Elisabeth Strehle-Thron und der damaligen Museumsleiterin Dr. Beate Thurow sowie elf weiteren Gleichgesinnten. Aber er ist es, der dem Verein seitdem vorsteht. Dafür hat ihm nun der Reutlinger Oberbürgermeister Thomas Keck im Namen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Ehrennadel des Landes ans Revers geheftet - und dabei eine aufsehenerregende Ankündigung gemacht.

Der 70-Jährige merkte an, die Würdigung müsse ebenso seiner Frau gelten: »Hinter jedem, der erfolgreich ein Ehrenamt ausüben kann, steht eine starke und kluge Person, die die Aufgaben im Stillen mitträgt«, sagte er beim Festakt im Kunstmuseum Konkret. Elisabeth Strehle-Thron habe ihn immer wieder aufgemuntert weiterzumachen. »Wenn's mal nicht so gut lief.«

»Der Freundeskreis wollte nie reiner Mittelbeschaffer sein, sondern Vermittler, Multiplikator und Türöffer für neue Zielgruppen«

Alles in allem lief es gut, wie Throns Rückschau zeigt: Der Vereinsgründung am 30. September 2004 waren Überlegungen zu Zielsetzung und Organisation vorausgegangen - vor allem aber zur Frage: Wie lässt sich das in der Bevölkerung verankern, wie die Akzeptanz garantieren? Denn die »Freunde« wollten nie reine Mittelbeschaffer sein, sondern vielmehr »Vermittler, Multiplikator, Fürsprecher und Türöffner für neue Zielgruppen«.

Die ideelle wie finanzielle Unterstützung glückte erstmals 2007 bei einer aufwändigen Ausstellung über Mitarbeiter von Brücke-Künstlern. 2012 auch bei Lyonel Feininger, 2013 bei den Holzschneiderinnen des Jugendstils und Expressionismus, 2016 bei der Max-und-Lotte-Pechstein-Schau, für die der Verein eine besondere Broschüre entwickelte.

Der Vorsitzende Wilfried Thron (Zweiter von rechts) zeichnet acht weitere Gründungsmitglieder des Freundeskreises Kunstmuseum Re
Der Vorsitzende Wilfried Thron (Zweiter von rechts) zeichnet acht weitere Gründungsmitglieder des Freundeskreises Kunstmuseum Reutlingen Spendhaus aus (von links): Schatzmeister und Kunstreisen-Organisator Georg Billich, die damalige stellvertretende Musueumsleiterin Martina Köser-Rudolph, Edith Sedlack, Jutta Scherer (19 Jahre stellvertretende Vorsitzende), Maria Zöllner, Martina Geist, Veronika Billich und seine Ehefrau Elisabeth Strehle-Thron. Foto: Steffen Schanz
Der Vorsitzende Wilfried Thron (Zweiter von rechts) zeichnet acht weitere Gründungsmitglieder des Freundeskreises Kunstmuseum Reutlingen Spendhaus aus (von links): Schatzmeister und Kunstreisen-Organisator Georg Billich, die damalige stellvertretende Musueumsleiterin Martina Köser-Rudolph, Edith Sedlack, Jutta Scherer (19 Jahre stellvertretende Vorsitzende), Maria Zöllner, Martina Geist, Veronika Billich und seine Ehefrau Elisabeth Strehle-Thron.
Foto: Steffen Schanz

Auch wenn der Begriff »Kunstvermittlung« damals noch nicht existierte, die Museumspädagogik sei besonders wichtig in Zeiten, da eine Kulturferne der Menschen und insbesondere der Jugend beklagt werde, betonte Wilfried Thron. Weitere Schwerpunkte des speziell aufs Reutlinger Haus zugeschnittenen Förderkreises sind bis heute die Katalogproduktion und der Wunsch, junge Künstler zu fördern. Das geschieht über den nun zum 5. Mal vergebenen Holzschnitt-Förderpreis.

Nach zehn Jahren hatte sich die Mitgliederzahl verzehnfacht - von 13 auf 130. Nach 20 Jahren ist der Freundeskreis auf rund 160 Mitglieder angewachsen und ließ dem Museum insgesamt mehr als 100.000 Euro zukommen, 35.000 Euro davon allein für die Kunstvermittlung.

»Unsere Mitglieder sind aufgeschlossen und tolerant, spendabel und großzügig, und haben einen herzlichen Gemeinschaftssinn«

Auch in Zukunft wollen diese »Freunde« dem Kunstmuseum ein verlässlicher Partner sein, zumal sie nicht nur geben, sondern viel zurückbekommen: Atelierbesuche, Kunstreisen und Aktionen seien für alle eine Bereicherung, meint Thron. »Unsere Mitglieder sind aufgeschlossen und tolerant, spendabel und großzügig, und haben einen herzlichen Gemeinschaftssinn.« Das mache ihn stolz - getreu dem von US-Journalistin Anne Applebaum, der Friedenspreisträgerin des deutschen Buchhandels, geprägten Satz: »Alles, was morgen passiert, hängt von dem ab, was wir heute tun.«

Das Motto passt auch zur Lebensgeschichte des Ehepaars Thron: Verbunden seit der Schulzeit am Reutlinger List in der Liebe zur Kunst, haben der Textiltechniker und die Physiotherapeutin nach der krisenbedingten Schließung der elterlichen Strickwarenfabrik in Degerschlacht beruflich nochmal ganz neu angefangen. Die Mutter zweier Söhne begann mit 48 Jahren, Sozialpädagogik zu studieren; ihr Mann ließ sich zum Kulturmanager weiterbilden. Die Fabrik wurde zur 400-Quadratmeter-Galerie für moderne Kunst - mit legendären Ausstellungseröffnungen. Und dem stets noch zunehmenden Engagement der leidenschaftlichen Kunstsammler.

Museumsleiter Stephan Rößler dankt seinen »Freunden«.
Museumsleiter Stephan Rößler dankt seinen »Freunden«. Foto: Steffen Schanz
Museumsleiter Stephan Rößler dankt seinen »Freunden«.
Foto: Steffen Schanz

Stephan Rößler, seit Mai Leiter des Reutlinger Kunstmuseums, nannte die 1954 - vor 70 Jahren - mit Winand Victors »Stelzenläufer« begründete Sammlung der Stadt, die heute über 15.000 Kunstwerke umfasst, »eine der größten und bedeutendsten kommunalen Sammlungen überhaupt«. Die Aufgabe, diese zu bewahren, erforschen und vermitteln sei nicht ohne. Umso dringlicher sein Appell: »Wir möchten aus der Aufbewahrung raus, in ein Depot.« Das sei »eine ganz wichtige kommunale Aufgabe«, erst recht, »wenn man solche Diamanten besitzt wie wir«.

»Ein Depot wäre wunderbar!«, bekräftigte Wilfried Thron. Den Freundeskreis beschäftige der Wunsch, die Millionenschätze der Stadt - und damit ihrer Bürger - aus den Katakomben des Rathauses rauszuholen, schon seit 20 Jahren. Auf seiner Wunschliste findet sich noch mehr: Digitalisierung der Ausstellungen, vollautomatisierte Klimaanlage - und irgendwann auch mal ein Thron-Folger? Die junge Informationsmanagerin und seine »liebe Stellvertreterin« Nicole Westhauser führt Spendenaktionen ihrer »neuen Clique in Reutlingen« zumindest schon mal in die digitale Zukunft.

OB Thomas Keck hält im Kunstmuseum Konkret die Laudatio auf den Mann, der seit 20 Jahren den "Freundeskreis Kunstmuseum Reutling
OB Thomas Keck hält im Kunstmuseum Konkret die Laudatio auf den Mann, der seit 20 Jahren den »Freundeskreis Kunstmuseum Reutlingen Spendhaus« leitet, Wilfried Thron. Foto: Steffen Schanz
OB Thomas Keck hält im Kunstmuseum Konkret die Laudatio auf den Mann, der seit 20 Jahren den »Freundeskreis Kunstmuseum Reutlingen Spendhaus« leitet, Wilfried Thron.
Foto: Steffen Schanz

Zurück zu OB Keck. Der Laudator nannte den neuen Träger der Landesehrennadel »Vorbild«, »wichtigen Unterstützer« und »leidenschaftlichen Förderer der Kunst«. Netzwerk und Wissen des erfolgreichen Galeristen erstreckten sich mehr als zehn Jahre lang auf die gemeinnützige Einrichtung Rappertshofen alias Habila, für die er in der Finanzamtskantine an die 50 Ausstellungen kuratierte. Seine Bedeutung für die Region zeige sich zudem in der seit 2016 jährlichen Benefizveranstaltung »Kunst und Gut« des Lions-Clubs Neckar-Alb. Mit »umfassendem Fachwissen, unermüdlichem Einsatz und Hingabe« sei er auch da federführend im Team. Und ein »geschätztes Jurymitglied bei Wettbewerben«.

Ergo: »Freunde wie Wilfried Thron brauchen wir für unseren Zusammenhalt.« Der von ihm geführte Freundeskreis schaffe - wie im aktuellen Grieshaber-Projekt - seit 20 Jahren eine wichtige finanzielle Grundlage für die Restaurierung von Kunstwerken. Der Mitgliedsbeitrag sei »ein gutes Investment«. Der Verein brenne für die Kunst und setze sich für Themen ein, »deren Bedeutung über unsere eigene Lebenszeit hinausgeht«. Das führte ihn zur Unterbringung der städtischen Kunstsammlung »in einem adäquaten Depot«: Bei allen Rückschlägen der Vergangenheit, das Kulturamt und Rößler arbeiteten »aktuell mit viel Kraft an einem sehr guten Lösungsvorschlag«, versprach der OB. Das Problem sei vom Rathaus-Keller bis hinauf zu seinem Schreibtisch präsent. »Mehr kann und darf ich bisher nicht sagen, aber da kommt etwas Schönes auf uns zu.« (GEA)

Was bedeutet die Landesehrennadel?

Die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg verleiht der Ministerpräsident seit 1983 Bürgerinnen und Bürgern, die sich durch mindestens 15-jährige ehrenamtliche Tätigkeit in verantwortlicher Funktion in Vereinen und Organisationen mit kulturellen, sportlichen oder sozialen Zielen besonders verdient gemacht haben. Jährlich sind das etwa 400 Personen. »Angeregt werden kann die Auszeichnung von jedermann beim Bürgermeisteramt des Wohnsitzes des zu Ehrenden«, teilt das Staatsministerium mit. (dia)
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