REUTLINGEN/TÜBINGEN. Mehrere Tage lang war die Luftqualität in Deutschland schlecht. Das Umweltbundesamt gab eine offizielle Warnung heraus. Darin stand: Überall befindet sich zu viel Feinstaub in der Luft. Die Wetterlage hatte dazu beigetragen, dass sich die feinen und gesundheitsgefährdenden Partikel nicht verflüchtigten. Am Mittwoch und am Donnerstag verbesserte sich die Lage im Südwesten, weil ein Tiefdruckgebiet mit viel Regen und auch Schnee das Wetter beeinflusste: »Das hat dazu geführt, dass die Schadstoffpartikel quasi aus der Luft herausgewaschen wurden«, erklärte Meteorologe Peter Crouse vom Deutschen Wetterdienst (DWD) dem GEA.
Nach den Tagen der Luftverbesserung, kommt am Wochenende aber eine Wetterlage, die eine höhere Feinstaubkonzentration wieder begünstigt. »Ein Hoch kommt aus Richtung Skandinavien auf den Südwesten zu und bringt eine sogenannte Inversionswetterlage mit«, so Peter Crouse. Das bedeute, dass die Luftmassen am Boden kälter sind als in höheren Schichten der Atmosphäre. Das wirke wie eine Glocke, die dafür sorge, dass Smog und Feinstaub sich dort ansammle, wo sich die Menschen aufhielten und atmeten, so der DWD-Meteorologe.
Wie hoch ist die Feinstaubbelastung?
Nach einer zwischenzeitlichen Verbesserung der Luftqualität prognostiziert das Umweltbundesamt für den Südwesten wieder höhere Feinstaubwerte und deshalb schlechte Luft. Laut der aktuell veröffentlichten Übersichtskarte liegen die Werte für Feinstaub (oder Stickstoffdioxid) vielerorts bei mehr als 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Eine Entwarnung ist wegen der vorhergesagten Inversionswetterlage noch nicht in Sicht. Diese sorgt laut DWD dafür, dass Feinstaubpartikel in Bodennähe weder weggeweht noch durch Regen »herausgewaschen« wird. Das Umweltbundesamt teilt dazu mit: »Eine deutliche, kurzfristige Verbesserung der Luftqualität ist erst zu erwarten, wenn die austauscharme Inversionswetterlage aufgelöst wird und Wind und Temperatur einen Luftaustausch ermöglichen.«
Wie gefährlich für die Gesundheit ist das?
Je nachdem, wie klein die Feinstaub-Partikel sind, können sie in die Hauptbronchien, die Lungenbläschen oder sogar in den Blutkreislauf gelangen, schreibt das Umweltbundesamt. Haben sie den Weg in Herz und Gefäße gefunden, können sie chronische Entzündungen auslösen, heißt es vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Das könne wiederum Arteriosklerose, Herzinfarkte und sogar Schlaganfälle zur Folge haben. Das Umweltbundesamt teilt zudem mit: »Erhöhte Feinstaub-Konzentrationen sind vor allem für Asthmatikerinnen und Asthmatiker ein Problem, da sich eine Bronchienverengung einstellen kann, die zum Beispiel durch die Wirkungen von Allergenen verstärkt werden kann.«
Darf ich noch Joggen oder Sport im Freien machen?
Das kommt darauf an, wie schlecht die Luft ist und wie fit die Sportwilligen tatsächlich sind. Das Umweltbundesamt hat dazu eine Empfehlung herausgegeben und orientiert sich an den gemessenen Feinstaubwerten. Für Menschen mit Vorerkrankungen können sich bereits ab der gelben Stufe die ersten gesundheitlichen Probleme ergeben. Weiter teilt die Behörde mit: »Ist der Indexwert 'sehr schlecht', also rot, empfehlen wir allen: Besser ist ein gemütlicher Spaziergang, anstatt zu joggen. Dabei atmet man deutlich weniger schlechte Luft ein und tut mit der Bewegung auch etwas Gutes für seinen Körper.« Je nach Größe und Eindringtiefe in den Körper könnten Feinstaubteilchen verschiedene gesundheitliche Probleme bewirken.
Warum ist die Belastung gerade so hoch?
Vereinfacht erklärt, liegt es daran, dass im Winter mehr Feinstaub in die Luft ausgestoßen wird: Es wird mehr Energie benötigt, es wird mehr geheizt und auch die Luftbelastungen durch den Straßenverkehr sind höher. »Aus dem Auspuff und vom Straßenabrieb«, schreibt das Umweltbundesamt. Zu schlechter Luft tragen auch Kraft- und Fernheizwerke, Öfen und Heizungen in Wohnhäusern sowie Industrie und Landwirtschaft bei. Kämen dann noch Wetterbedingungen hinzu, die einen Luftaustausch erschwerten, wie eine Inversion, könnten sich die Schadstoffe über Tage hinweg anreichern. Bei Windstille und Trockenheit seien die schädlichen Partikel in den unteren Luftschichten quasi gefangen. Und: »Mit östlichen Winden werden aktuell zudem Schadstoffe aus Osteuropa nach Deutschland transportiert«, so die Behörde. Vor allem in Polen wird zur Energie-Erzeugung immer noch auf alte Kohlekraftwerke gesetzt.
Wo in der Region ist die Schadstoffbelastung besonders hoch?
Unter anderem an der Reutlinger Lederstraße oder der Tübinger Mühlstraße. In Reutlingen misst die bekannte Station an der vierspurigen Lederstraße in der Nähe der alten Feuerwache. Weitere Messtationen stehen in der Reutlinger Friedrich-Ebert-Straße, in der Derendinger Straße von Tübingen und am Sportplatz in Sonnenbühl-Erpfingen. Die Feinstaubentwicklung veröffentlicht die Landesanstalt für Umwelt auf seiner Internetseite und aktualisiert die Werte täglich. Zeigten die Daten am Dienstag noch schlechte Werte, die rot gekennzeichnet wurden, waren es am Donnerstag nur noch »blaue« Werte, also befriedigende bis gute.
Auffallend ist, dass es keine gravierenden Unterschiede zwischen den Feinstaubwerten an den beiden vielbefahrenen Reutlinger und Tübinger Straßen und denen der Sonnenbühler Messstation auf der Alb gibt. Ute Dauert vom Umweltbundesamt betonte in der Tagesschau: »Wir haben deutschlandweit erhöhte Feinstaubwerte und da ist es egal, ob ich mich in der Stadt aufhalte, oder auf dem Land.«
Wann geht das wieder weg?
Zunächst ist wenig Änderung in Sicht. Für den Sonntag raten die Experten erneut vor Joggen oder sportlichen Aktivitäten im Freien ab. Auch in den darauffolgenden Tagen soll sich die Hochdruckwetterlage in der Region halten. Dafür wird es ein wenig kälter. Die Temperaturen schwanken zwischen minus ein Grad und etwa plus fünf Grad Celsius. Sobald sich die Wetterlage grundlegend ändert, erwarten die Umweltexperten und die Meteorologen mit einer besseren Luftqualität.
Das Umweltbundesamt weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die Luftqualität in der Region seit Jahren stetig verbessert hat. Sie wird generell als gut bezeichnet. (GEA)