REUTLINGEN-OFERDINGEN. »Fünf Sängerringe auf einmal durfte ich bisher noch nicht verleihen, da freue ich mich sehr«, plauderte Robert Hahn am Samstag bei einer Ehrungssoiree in Oferdingen. Dass er diese Aufgabe gerne übernahm, war Reutlingens Ersten Bürgermeister anzusehen. »Es ist immer wieder toll, wenn man bei Chören vorbei schauen darf. Sie sind sowohl kulturell als auch für das gesellschaftliche Leben eine Bereicherung.« Wie gut der Oferdinger Liederkranz sei, hätten die Sängerinnen und Sänger am Abend mit dem schwierigen Stück »Cantar« von Jay Althouse unter Beweis gestellt.
Vier Sänger und eine Sängerin des Liederkranzes Oferdingen erhielten im Feuerwehrgerätehaus den Goldenen Sängerring der Stadt Reutlingen: Basssänger Heinrich Braun ist seit 28 Jahren der Kassenprüfer des Vereins, kann aufgrund Stimmprobleme nun aber nicht mehr mitsingen. Tenor Walter Walz war zwölf Jahre stellvertretender Vorsitzender und fast genauso lange Schriftführer. Dieter Jahn, ebenfalls Bass, sei stets ein Anker für den Verein gewesen und als ehemaliger Kirchengemeinderat noch immer ein wichtiges Bindeglied zur Kirchengemeinde. Tenor Rolf Müller hatte über die Jahre hinweg die Flyer und Plakate des Vereins grafisch gestaltet. Bezirksbürgermeisterin Ute Stähle ist mit 44 Jahren die Dienstälteste der Geehrten, Ehefrau des Vorsitzenden und seit 27 Jahren Schatzmeisterin des Vereins. Um mit dem Goldenen Sängerring ausgezeichnet zu werden, müsse man 40 Jahre lang singen, davon 20 Jahre in einer Reutlinger Chorvereinigung. »Und man muss aktiver Sänger sein«, erklärte Hahn. So hatte der einstige Reutlinger Oberbürgermeister Oskar Kalbfell 1958 die Ehrungsregularien festgelegt. Anhand eines Rechenbeispiels verdeutlichte Hahn die Verdienste der Ausgezeichneten: »Wenn diese fünf 40 Jahre lang bei jeder Chorprobe und bei jedem Auftritt ein Viertele Wein getrunken hätten, hätten sie miteinander eine ganze Jahresernte vom Reutlinger Weinberg geschluckt.« Auch mehrere fördernde Mitglieder wurden für ihre langjährige Mitgliedschaft geehrt. »Ohne Fördermitglieder könnte der Verein nicht bestehen«, weiß Frank Stähle, Erster Vorsitzender, »sie sind die Bindeglieder und halten den Verein zusammen.« Emma Kolb war 1951 als junges Mädchen in den Liederkranz eingetreten. Fast 70 Jahre hatte sie sich aktiv eingebracht, nicht nur singenderweise. Danach blieb Kolb ihrem Verein weiter verbunden. »Mehr als 70 Jahre, das ist eine außerordentlich lange Zeit«, würdigte Stähle das Engagement.
Stähle selbst wurde für 15 Jahre als aktiver Sänger geehrt. 2006 war er als Tenor in den Verein eingetreten und bereits ein Jahr später zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden. Vor Kurzem erst, am 15. September, hatte er das Amt des Ersten Vorsitzenden von Helmut Walz übernommen. Dieser hatte als jahrelanger Wegbegleiter am Samstag die Ehrung der aktiven Sänger übernehmen dürfen. Beeindruckt zeigte Walz sich von Marga Klingeberg. Sie hatte bei genau solch einem Ehrungsabend vor 15 Jahren ihre Zuneigung zum Liederkranz bekräftigt und pendelt seither jeden Dienstagabend von Sickenhausen zur Chorprobe nach Oferdingen. Inzwischen singt auch ihre Enkelin im Kinderchor. Leider sei es nicht einfach, den Nachwuchs dauerhaft zu binden. Aktuell liegt der Altersdurchschnitt im Liederkranz bei Mitte 60. Neben Stähles beiden Söhnen singen aber auch ein paar junge Frauen mit.
»Singen ist eins der schönsten Hobbys, die man haben kann«, findet Frank Stähle, »alles, was man dazu braucht, hat man immer dabei.« Singen halte körperlich und geistig fit, ergänzte Walz. Außerdem gebe es im Gegensatz zu sportlichen Aktivitäten »keine Verlierer und nur selten Verletzte«. Musikalisch begleitet wurde die Ehrung selbstverständlich von den Aktiven des Vereins. Bevor diese aber ihr finales Lied »Neigen sich die Stunden« zum Besten geben konnten, überraschte Frank Stähle die Anwesenden und allen voran seinen Amtsvorgänger Helmut Walz: Für 15 Jahre als Vorsitzender und mehr als 37 Jahre als Chorleiter überreichte Stähle ihm eine Ehrenurkunde und ernannte Helmut Walz zum Ehrenvorstand. (GEA)

