REUTLINGEN. Pflegende Angehörige zu entlasten und Menschen mit Pflegebedarf tagsüber eine anregende Betreuung und Versorgung zu bieten – das ist die Aufgabe der Tagespflege. Was heute von vielen Menschen mit Pflegebedarf und ihren Angehörigen selbstverständlich genutzt wird, war Mitte der 1990er-Jahre noch neu und ungewöhnlich. Vor genau 25 Jahren hat in der Ringelbachstraße in Reutlingen die Tagespflege des Mutter-Werner-Heims eröffnet, als eine der ersten, wenn nicht die erste Einrichtung dieser Art im weiten Umkreis.
Heute ist diese Tagespflege an das Gustav-Werner-Stift der Bruderhaus-Diakonie in der Reutlinger Stadtmitte angegliedert. Von Anfang an mit dabei: Leiterin Renate Titz-Brenke. Sie hat ab Juli 1995 die Tagespflege aufgebaut – auf Anregung und ausdrücklichen Wunsch des damals für die Altenhilfe der Bruderhaus-Diakonie verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden Lothar Bauer.
»Angefangen habe ich mit einer einzigen Dame«, erzählt die Pflegefachkraft mit Fortbildungen in Gerontopsychiatrie und Wohngruppenleitung. »Nach dem ersten Jahr hatten wir bereits zehn regelmäßige Tagesgäste.« Für sie ein deutlicher Hinweis, dass das Angebot zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und zur Aktivierung und Betreuung von Senioren mit Pflegebedarf zur rechten Zeit kam.
Bis zu 15 Plätze bietet die Tagespflege. »Im Moment können wir wegen der Corona-Vorschriften allerdings nur fünf Tagesgäste betreuen«, bedauert Leiterin Titz-Brenke. Neben ihr kümmern sich eine weitere Fachkraft sowie zwei Betreuungsassistentinnen und eine Freiwilligendienstleistende um die Senioren.
Zwei der Tagesgäste sind schon fast so lange dabei wie Renate Titz-Brenke: Seit nahezu 20 Jahren holt der Fahrdienst die beiden morgens ab und bringt sie nach einem abwechslungsreichen Tag am späten Nachmittag wieder nach Hause. »Wir kochen und essen gemeinsam, machen Spiele, Gedächtnistraining, Ausflüge zum Wochenmarkt oder in den Bürgerpark, bepflanzen und pflegen unsere Hochbeete im Garten, singen und musizieren, besuchen Veranstaltungen im Seniorenzentrum und machen Gymnastik – und manchmal erzählen wir uns gegenseitig Geschichten von früher«, beschreibt Renate Titz-Brenke den Alltag in der Tagespflege.
Zurzeit achteten die Mitarbeiterinnen besonders auf die Einhaltung der Hygienevorschriften – wenngleich ein hoher Hygienestandard in der Einrichtung schon immer selbstverständlich war, wie Titz-Brenke berichtet. »Wir sind demselben Standard verpflichtet wie die stationären Pflegeeinrichtungen und werden regelmäßig vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen geprüft.«
Neben der Tagespflege im Gustav-Werner-Stift betreibt die Bruderhaus-Diakonie in Gönningen eine weitere Tagespflege, die ihren Schwerpunkt auf Menschen mit Demenz gelegt hat. »Durch das Tagespflegeangebot können auch Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf zu Hause in ihrem gewohnten Umfeld leben«, erläutert Marc Böhringer, Altenhilfe-Regionalleiter der Bruderhaus-Diakonie. »Sie werden tagsüber professionell betreut – eine Entlastung insbesondere für pflegende Angehörige, die einer Berufstätigkeit nachgehen.« (ms)