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»Eine Blutspende ist das wertvollste Geschenk«

Viele Menschen freuen sich auf den Jahreswechsel. Doch von Party können Patienten in den Krankenhäusern nur träumen. Wieso der Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes mit Sorge auf die Zeit der Feiertage blickt und was Menschen bewegt zu helfen.

Blutspenden bleibt auch in Coronazeiten wichtig. Deshalb öffnet ab kommenden Montag ein Blutspendezentrum für fünf Tage in den P
Blutspenden bleibt auch in Coronazeiten wichtig. Deshalb öffnet ab kommenden Montag ein Blutspendezentrum für fünf Tage in den Pfullinger Hallen. Spender müssen sich vorher anmelden.
Blutspenden bleibt auch in Coronazeiten wichtig. Deshalb öffnet ab kommenden Montag ein Blutspendezentrum für fünf Tage in den Pfullinger Hallen. Spender müssen sich vorher anmelden.

KREIS REUTLINGEN. Wer grüne Augen hat, ist etwas Besonderes! Zumindest dann, wenn man nach dem Vorkommen dieses Merkmals geht. Immerhin haben nur rund zwei Prozent der Weltbevölkerung diese Augenfarbe. Dass die Seltenheit mancher körperlichen Gegebenheiten allerdings nicht immer nur Grund zur Freude oder gar Anlass für etwaige Komplimente ist, zeigte sich jüngst auf der Blutspendeaktion des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Kreis Reutlingen.

»Ich mache das hier zum ersten Mal«, verrät eine Frau aus Reutlingen, die im Eingangsbereich der Pfullinger Hallen vor einem umfangreichen Fragebogen des DRK sitzt. »Um ehrlich zu sein, spende ich nur aus moralischen und ethischen Gründen. Man weiß ja nie, was einem passiert, und na ja, ich habe die Blutgruppe 0 negativ«, erklärt die Dame, die lieber anonym bleiben möchte. Damit gehört sie zu den wenigen sieben Prozent der Weltbevölkerung, die diese seltene Blutgruppe haben. »Jeder könnte plötzlich auf eine Blutspende angewiesen sein - von einem Moment auf den anderen«, weiß Johannes Baumann, ehrenamtlicher Mitarbeiter des DRK, der an diesem Blutspende-Tag vor Ort ist.

»Solange wir über der Marke 200 sind, sind wir glücklich«

Vom plötzlichen Autounfall, über einen unglücklichen Sturz auf der Treppe bis hin zu einem unentdeckten Loch im Darm: Nicht nur Krankheiten, wie beispielsweise Krebs, machen eine dringliche Blutspende (auch für Kinder) notwendig. Das sollte die Menschen wachrütteln und zur Spendenbereitschaft bewegen, findet eine junge Mutter aus Pfullingen. Für sie gehören die regelmäßigen Termine des DRK-Blutspende-Teams fest in den Kalender, denn »jeder möchte im Ernstfall Blut bekommen, viele tun aber nichts dafür. Mein Vater hat völlig unvermittelt ganze 32 Vollblutspenden benötigt, weil er viel Blut im Darm verloren hat. Es muss nicht immer der Horrorunfall sein«, so die Vielspenderin.

Die Pfullinger Hallen bieten ausreichend Platz für gute Taten.
Die Pfullinger Hallen bieten ausreichend Platz für gute Taten. Foto: Kim Geisinger
Die Pfullinger Hallen bieten ausreichend Platz für gute Taten.
Foto: Kim Geisinger

Ein Mann im Anzug, ein anderer in Arbeitskleidung, ein Vater mit seinem Sohn sowie einige Paare: Die Gruppe an der Anmeldung setzt sich aus Menschen unterschiedlichsten Alters zusammen. Insgesamt hatten sich 206 Personen für die jüngste Blutspendeaktion in Pfullingen registriert - eine Zahl, mit der die Veranstalter zufrieden sind. »Solange wir über der 200er-Marke liegen, sind wir glücklich«, erklärt Baumann. Seiner Erfahrung nach spenden pro Aktionstag (im allgemeinen Durchschnitt) rund zehn Menschen zum allerersten Mal. Eine Zahl, die gleichermaßen schade, wie schön ist. Denn während sich weiterhin nur wenige »Neulinge« zu einer Blutspende durchringen, sei auf die, die einmal damit angefangen haben, Verlass. Nämlich darauf, dass sie am Ball bleiben. Das mache wiederum deutlich, dass eine Blutspende kein Hexenwerk sei und »längst nicht so schlimm, wie viele meinen«, sagt Baumann.

» Dass jemand in Ohnmacht fällt, das habe ich noch nie mitbekommen«

Nicht alle der 206 registrierten Personen können an diesem Tag tatsächlich Blut spenden. Statistisch gesehen werden etwa zehn Prozent vor Ort abgelehnt, weil ihr Blut nicht den erforderlichen Kriterien entspricht. Es gibt verschiedene Gründe für einen Ausschluss, die in aktuelle, vorübergehende und dauerhafte Kategorien unterteilt werden. Beispielsweise kann ein ungewöhnlich niedriger Hämoglobinwert oder ein problematischer Blutdruck die Spende verhindern. Wer kürzlich ein Tattoo bekommen hat oder aus einem infektionsträchtigen Land zurückgekehrt ist, muss eine temporäre Sperrfrist einhalten. Bei Typ-1-Diabetikern oder ehemaligen Krebspatienten erfolgt in der Regel ein dauerhafter Ausschluss.

Die Blutabnahme selbst dauert zwischen drei und zwölf Minuten. »Manchmal geht es schneller, manchmal langsamer«, erklärt Martina Gekle vom Blutspendedienst Ulm. »Es kommt vor, dass jemand sich etwas schwummrig fühlt, aber dass jemand in Ohnmacht fällt, habe ich noch nie erlebt. Die Vielspender sind das Prozedere schon gewohnt, und für Erstspender nehmen wir uns besonders viel Zeit.«

»Einen gesunden Respekt vor der Blutabnahme haben vermutlich alle«

In den Pfullinger Hallen liegen gute Laune und Hilfsbereitschaft in der Luft, von Anspannung ist nichts zu spüren. Während der eine ganz lässig mit dem Arm hinter dem Kopf auf seiner Liege liegt und womöglich schon von Linsen mit Spätzle träumt, die im Nebenraum als Belohnung auf ihn warten, daddelt eine andere auf ihrem Smartphone. »Einen gesunden Respekt vor der Blutabnahme haben vermutlich alle«, schätzt Johannes Baumann.

Thomas Rehm aus Pfullingen lässt sich an diesem Tag zum 80. Mal piksen. Der 63-Jährige ist bereits seit mehreren Jahrzehnten fleißig mit dabei. Angefangen hat alles bei der Bundeswehr: »Damals hat man einen Tag Sonderurlaub für die Blutspende angeboten bekommen. Da dachte ich mir: Das lasse ich natürlich nicht aus«, erzählt er schmunzelnd. Aufgehört hat er seitdem nie mehr, und auch seine Tochter hat er mobilisieren können. »Wenn man anderen Leuten helfen kann, dann mache ich das gerne«, lautet seine Devise. Beim Piks denkt der Pfullinger »einfach an was Schönes« und damit sei das Schlimmste auch schon vorüber. »Man muss sich also wirklich nicht ins Hemd machen«, fasst er sich kurz.

»Es ist nie zu spät für die erste Blutspende«

Die Zeit zwischen den Heiligabend und Silvester gilt als besonders kritisch. Denn die Krankenhäuser benötigen aufgrund der zahlreichen Feier- und Brückentage dringend Blutspenden. Bettina Plankenhorn, Bereitschaftsleiterin beim DRK Ortsverein Pfullingen, kann das bestätigen: »Das ist auf jeden Fall so. Das Problem gibt es aber auch im Sommer, gerade dann, wenn die Leute im Urlaub sind. Auch über die Feiertage sind die Menschen viel unterwegs, das Spenden wird - wenn auch nicht bewusst - nach hinten geschoben.« Krankheiten oder Unfälle machen jedoch keine Pause, auch nicht während der Feiertage.

Aus diesem Grund appelliert auch der Pressesprecher des DRK-Blutspendedienstes Baden-Württemberg/Hessen an die Bevölkerung: »Eine Blutspende ist für Patienten und Unfallopfer ein wertvolles Geschenk. Machen Sie mit ihrer Spende jetzt ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk. Es ist nie zu spät für die erste Blutspende.« Als Dankeschön für die gute Tat erhalten Blutspender bis 17. Januar auf allen mobilen Blutspendeterminen in Baden-Württemberg eine exklusive Tasse im DRK-Design. Die kann man sich im Kreis Reutlingen beispielsweise gleich beim nächsten Termin am 3. Januar in Hohenstein sichern. Wer teilnehmen möchte, sollte seinen persönlichen Piks-Zeitraum vorab online reservieren. (GEA)