KREIS REUTLINGEN. Eigentlich ein wirklich schönes Angebot: Beim Bürgerempfang des Landkreises konnten alle Besucher dem Ministerpräsidenten ihre Fragen stellen. Direkter und ungefilterter Kontakt zum Landesvater - eine Möglichkeit, die man nicht oft bekommt. Windkraft, Stadtkreisgründung, kommunale Finanzen und die Löcher in den Stadtkassen, marode Schulen, Migration, ÖPNV ... Es gibt wirklich viele griffige Themen, zu denen man Kretschmann eine Frage hätte stellen können. Ein paar Besucher taten das durchaus auch - und der Ministerpräsident gab, wenn auch manchmal etwas zu ausführlich, eine Antwort.
Doch andere nutzten die Möglichkeit, die ihnen in Metzingen geboten wurde, eher für einen Monolog, dem der Rest der Halle wohl oder übel lauschen musste. Da wurde dann mit dem Cum-Ex-Skandal abgerechnet, da wurde Steuerhinterziehung angeprangert, oder Bürokratie-Irsinn am Beispiel eine örtlichen Baustelle. Themen, die entweder nicht in die Zuständigkeit des Landes (oder des Ministerpräsidenten) fallen. Oder für deren Beantwortung er Stunden benötigt hätte.
Es ist egoistisch, ein tolles Angebot wie eine Bürgerfragestunde für einen Monolog zu benuten. Am Donnerstagabend wurde auf diese Weise anderen Bürgern die Chance genommen, ebenfalls zu Wort zu kommen. Landrat Fiedler versuchte es mit Humor zu retten und wandte sich an den Ministerpräsidenten: »Sie müssen nun eben jede Woche einmal kommen.« Aber bitte nur, wenn sich die Fragesteller dann auch wirklich auf Fragen beschränken. Und zwar auf solche, die man in einem solchen Format auch beantworten kann.