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Aktuell Bundestagswahl

Diese Resultate stechen im Wahlkreis Reutlingen heraus

Zwischen Freude und Zitterpartie: Wen die Menschen im Wahlkreis Reutlingen in den neuen Bundestag gewählt haben und welche Ergebnisse besonders herausstechen.

Partystimmung bei den Linken: Schon am frühen Wahlabend ist schnell klar, dass Anne Zerr (stehend, Mitte) realistische Chancen a
Partystimmung bei den Linken: Schon am frühen Wahlabend ist schnell klar, dass Anne Zerr (stehend, Mitte) realistische Chancen auf den Einzug in den Bundestag hat. Foto: Stephan Zenke
Partystimmung bei den Linken: Schon am frühen Wahlabend ist schnell klar, dass Anne Zerr (stehend, Mitte) realistische Chancen auf den Einzug in den Bundestag hat.
Foto: Stephan Zenke

KREIS REUTLINGEN. CDU-Mann Michael Donth hat auch bei dieser Bundestagswahl wieder das Direktmandat im Wahlkreis Reutlingen gewonnen. Der gebürtige Römersteiner, dem seine Social-Media-Präsenz den Spitznamen Selfie-Michi eingebracht hat, hat 38,5 Prozent der Erststimmen auf sich vereint. Damit hat er sein Ergebnis von der letzten Wahl 2021 verbessert (32,6 Prozent) - und sich deutlich an die Spitze der Kandidaten gesetzt. Donths Einzug ins Parlament gilt als gesichert, auch wenn man das aufgrund des neuen Wahlrechts am Abend noch nicht final verkünden konnte.

Die Schwarzen stellen im sehr konservativen Wahlkreis 289 seit dem Jahr 1953 ununterbrochen den Direktkandidaten, der frühere Römersteiner Bürgermeister Donth hat zum vierten Mal den Einzug in den Bundestag geschafft. Die Römersteiner sind ihrem Ex-Schultes offenbar auch nach wie vor treu verbunden: Dort hat er nämlich 55,2 Prozent der Erststimmen gewonnen. Auch jeder zweite Einwohner seiner Geburtsgemeinde Grafenberg hat Donth seine Erststimme gegeben.

Gut gelaunt nach den ersten Hochrechnungen: AfD-Kandidat Rudolf Grams (links) und Kreissprecher Herbert Gah.
Gut gelaunt nach den ersten Hochrechnungen: AfD-Kandidat Rudolf Grams (links) und Kreissprecher Herbert Gah. Foto: Stephan Zenke
Gut gelaunt nach den ersten Hochrechnungen: AfD-Kandidat Rudolf Grams (links) und Kreissprecher Herbert Gah.
Foto: Stephan Zenke

Am nächsten kam Donth der AfD-Kandidat Rudolf Grams. Auch das war - wenn man sich den Bundestrend anschaut - erwartbar. Er holte im Wahlkreis 19,8 Prozent der Erststimmen, damit also 9,8 Prozentpunkte mehr als Hansjörg Schrade, der 2021 AfD-Kandidat gewesen war. Dass er nicht in den Bundestag einziehen wird, war aber schon vor der Wahl recht klar. Grams war nicht über die Landesliste abgesichert, und dass er Donth das Direktmandat abnimmt, wäre - trotz AfD-Rückenwind - ein politisches Wunder gewesen. Eine AfD-Hochburg ist Pfronstetten: Dort haben mehr als 30 Prozent ihre Erst- und/oder Zweitstimme an die Blauen gegeben. Doch auch in einem anderen Bereich war Pfronstetten rekordverdächtig: 91,1 Prozent der Wahlberechtigten gingen zur Urne. Wenn man sich die Briefwahlergebnisse in verschiedenen Wahlkreis-Gemeinden anschaut, fällt auf: Briefwähler haben etwas seltener bis stellenweise sogar deutlich seltener AfD gewählt.

Der SPD-Kandidat und ehemalige Reutlinger Gemeinderat Sebastian Weigle bekam 13,7 Prozent der Erststimmen. Da er auf Platz 30 der SPD-Landesliste gesetzt war, hätte er aber nur über den Gewinn des Direktmandats eine Chance gehabt, in den Bundestag einzuziehen. Und die verpasste er deutlich.

Jaron Immer verfolgt gemeinsam mit Beate Müller-Gemmeke (vier Perioden Abgeordnete des Wahlkreises) die ersten Hochrechnungen.
Jaron Immer verfolgt gemeinsam mit Beate Müller-Gemmeke (vier Perioden Abgeordnete des Wahlkreises) die ersten Hochrechnungen. Foto: Frank Pieth
Jaron Immer verfolgt gemeinsam mit Beate Müller-Gemmeke (vier Perioden Abgeordnete des Wahlkreises) die ersten Hochrechnungen.
Foto: Frank Pieth

Etwas besser waren vor der Wahl die Voraussetzungen für den jüngsten Kandidaten, den Grünen Jaron Immer. Dass er im konservativen Wahlkreis Reutlingen kein Direktmandat gewinnt, dürfte ihm klar gewesen sein. Mit Landeslistenplatz 17 hätte er aber kleine Chancen auf den Einzug in den Bundestag gehabt - wenn seine Partei deutlich mehr als 15 Prozent geholt hätte und wenn weder FDP, noch BSW oder Linke die 5-Prozent-Hürde gerissen hätten. Doch beides hat nicht geklappt, Immer holte 12,7 Prozent der Erststimmen.

Der 19-Jährige konnte vor allem in Reutlingen punkten, aber beispielsweise auch in Pliezhausen, das recht ambivalent gewählt hat. Zum einen gab's dort eine große rechts-konservative Mehrheit. Aber auch fast 15 Prozent für Immer.

Party-Stimmung bei den Linken: Was zum Jahresbeginn noch kaum jemand für realistisch gehalten hat, ist wohl passiert. Anne Zerr hat aller Wahrscheinlichkeit nach - und dank Listenplatz 5 - gerade so den Einzug in den Bundestag geschafft. Sowohl bei den Erstimmen (5,6 Prozent) als auch bei den Zweitstimmen (6,1 Prozent) lag die Linke im Wahlkreis deutlich unter dem Bundesergebnis - aber über dem Ergebnis der letzten Wahl 2021. Jettica Tatti - Zerrs Vorgängerin bei den Linken und nun BSW-Landesfrontfrau - erlebte am Sonntagabend einen Wahlkrimi. Allerdings nicht vor Ort in Reutlingen, sondern in Berlin. Ihr Einzug ins Parlament hängt davon ab, ob das BSW die 5-Prozent-Hürde reißt. Um 23.45 Uhr lag es bei 4,9 Prozent. Doch selbst wenn Tatti einzieht, wird sie Reutlingen und die Region nicht wie früher in Berlin vertreten. Sie ist keine Direktkandidatin des Wahlkreises.

Ziemlich sicher ist zum Redaktionsschluss dagegen: FDP-Mann Pascal Kober konnte sein Bundestagsmandat nicht halten. Auch wenn er bei den Erststimmen (5,6 Prozent) über dem Bundesergebnis seiner Partei lag, ist's an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. Hätte die FDP diese übersprungen, wäre Kober auf Landeslistenplatz 4 sicher in den Bundestag eingezogen. (GEA)