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Aktuell Karneval

Die Stuttgarter Stadtprinzessin kommt aus Reutlingen

Sarah Ligas führt als Prinzessin »Sarah Maria I.« die 1. Stuttgarter Karnevalsgesellschaft »Möbelwagen« an - eine Ehre für die Reutlingerin, die mit einem besonderen Talent der 37-Jährigen zu tun hat.

"Einmal Prinzessin sein, das wär's doch!", dachte sich Sarah Ligas, als die Anfrage der Stuttgarter Karnevalsgesellschaft "Möbel
»Einmal Prinzessin sein, das wär's doch!«, dachte sich Sarah Ligas, als die Anfrage der Stuttgarter Karnevalsgesellschaft »Möbelwagen« einging, ob sie in dieser Saison deren Stadtprinzessin sein möchte. Foto: Frank Pieth
»Einmal Prinzessin sein, das wär's doch!«, dachte sich Sarah Ligas, als die Anfrage der Stuttgarter Karnevalsgesellschaft »Möbelwagen« einging, ob sie in dieser Saison deren Stadtprinzessin sein möchte.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Was klingt wie der Mädchentraum schlechthin, ist für Sarah Ligas Realität: Sie ist Prinzessin! Dieses Jahr feiert sie im reich verzierten bodenlangen Samtkleid mit Reifrock, Umhang, Diadem und goldfarbenem Kelch samt eingraviertem Namen Geburtstag, »bei einer sehr großen Feier«, wie die 37-Jährige strahlend verkündet. Am 15. Februar, wenn die brünette Reutlingerin ihr 38. Lebensjahr vollendet, wird die Versammlungshalle in Degerloch gerammelt voll sein. Und sie im Mittelpunkt stehen - so viel steht fest.

Denn dort beginnt an jenem Samstag um 19.11 Uhr »Die spektakuläre Karnevalsshow« der Stuttgarter Faschingsgesellschaft »Möbelwagen«. Bei dieser »etwas anderen Prunksitzung« sind Menschen mit Namen wie »der Party-Graf«, Elfriede Schäufele, Schmittinger und Link Michel zu Gast - und die gelernte Heilerziehungspflegerin gehört zu den Gastgebern. Sarah Ligas steht während der aktuellen Karnevalskampagne als Prinzessin »Sarah Maria I. zu Stutengarten« an der Spitze dieser 1. Stuttgarter Narrenvereinigung.

Am 6. Januar war die feierliche Inthronisation durch den Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper im Alten Feuerwehrhaus Stuttgart-Häslach. Dabei wurde auch die Reutlingerin in ihr Amt eingeführt, »das höchste im württembergischen Karneval«. Als älteste Stuttgarter Karnevalsgesellschaft stellen die 1897 gegründeten »Möbler« traditionell das Stadtprinzenpaar. Der Name geht laut Vereinschronik auf die »Fahrt einer fröhlichen Gruppe« in einem zweckentfremdeten Möbelwagen durch Stuttgart zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie erneut die Erste, die 1946 wieder »zum Spaß und zur Freude der Bürger an die Öffentlichkeit« trat. Heute sei deren Kampagne »ein Riesending« berichtet Sarah Ligas, »die Ausmaße waren mir zunächst nicht klar«, weshalb sie kurz vor diesem ersten Termin kaum schlafen konnte.

Besonderheit des »Möbler«-Prinzenpaars

Wie Sarah Maria I. stammt auch der Prinz an ihrer Seite nicht aus der Landeshauptstadt. Jörg II. kommt aus Pforzheim und ist dort stellvertretender OB. Auf der Bühne zeigt er während der fünften Jahreszeit »Charme und eine ordentliche Prise Humor«, loben Karnevalisten. Seine Prinzessin steche als »temperamentvolle, halb italienische Frohnatur« hervor. »Mein Auftrag ist: gut aussehen«, scherzt Sarah Ligas. Tatsächlich wurden die beiden aber aus einem anderen Grund ausgewählt: »Die Stuttgarter legen Wert darauf, dass das Stadtprinzenpaar singen kann. Die Karnevalsgesellschaft Möbelwagen möchte ein gutes Programm abliefern«, erklärt sie.

Das aktuelle Stadtprinzenpaar der Karnevalsgesellschaft Möbelwagen : Prinz Jörg II. und Prinzessin Sarah Maria I. zu Stutengarte
Das aktuelle Stadtprinzenpaar der Karnevalsgesellschaft Möbelwagen : Prinz Jörg II. und Prinzessin Sarah Maria I. zu Stutengarten bei ihrer Inthronisation. Foto: Privat
Das aktuelle Stadtprinzenpaar der Karnevalsgesellschaft Möbelwagen : Prinz Jörg II. und Prinzessin Sarah Maria I. zu Stutengarten bei ihrer Inthronisation.
Foto: Privat

Sarah Ligas' Einsatz bei den landesweit angesehenen Karnevalisten geht auf einen Unglücksfall zurück, der ihr ganzes Leben verändert hat. Nach einem schweren Mountainbike-Unfall mit Beckenbruch im Alter von 30 Jahren konnte die in Engstingen aufgewachsene Frau ihren Beruf in der Pflege nicht mehr ausüben. »Lange stehen oder sitzen wurde durch die Schmerzen als Spätfolge unmöglich. Aber ich hab' entschieden, das Beste draus zu machen«, erzählt die verheiratete Mutter einer vierjährigen Tochter und drei erwachsener Kinder. So begann die - wie Helene Fischer - 1,58 Meter kleine Frau, die von der schwäbischen Mutter das Kochtalent und vom sizilianischen Vater die Musikalität geerbt hat, zuvor jedoch nur im Kirchenchor sang, als Hochzeitssängerin aufzutreten. Daraus ist nun eine zweite Laufbahn geworden, als Schlagersängerin.

Aus der Heilerziehungspflegerin wird »Sarah Maria«

Erst hat sie mit ihren ehemaligen Nachbarn Andreas Klink und Peer Vincent elektronische Musik gemacht. Zusammen traten sie als Band One Minute Age etwa bei der Reutlinger Kulturnacht auf. Während der Corona-Zeit schrieb sie eigene Lieder: Deutsch-Pop und Schlager. Nach einer ersten Veröffentlichung über Internet-Streamingdienste im März 2024 wurde der Entdecker von Kerstin Ott (»Die immer lacht«) auf die Reutlingerin aufmerksam.

Sarah Ligas aus Reutlingen ist durch Auftritte als Schlagersängerin zur Stuttgarter Stadtprinzessin geworden.
Sarah Ligas aus Reutlingen ist durch Auftritte als Schlagersängerin zur Stuttgarter Stadtprinzessin geworden. Foto: Frank Pieth
Sarah Ligas aus Reutlingen ist durch Auftritte als Schlagersängerin zur Stuttgarter Stadtprinzessin geworden.
Foto: Frank Pieth

Und nach Auftritten im goldenen Kleid im Marmorsaal des Wiener Hotels »Sacher« und auf Rosi Schipflingers Sonnbergalm bei Kitzbühel, wo sie auf den Vater des einstigen Stuttgarter Stadtprinzen DJ Robin (»Layla«) traf, luden sie die Möbler ein, ihren Traum zu verwirklichen: »Einmal im Leben Prinzessin sein!« Unter diesem Motto - und Hashtag - lässt sie als »sarah_maria_official« jetzt ihre derzeit 7.745 Follower auf dem Social-Media-Portal Instagram an ihrem Faschingstreiben teilhaben. Ligas' Beiträge dort sind humorvoll und selbstironisch.

Auch bei ihren letztlich wohl an die 40 Karnevalsauftritten ist ihr am wichtigsten, »ganz viel Freude zu verbreiten«. Wobei sie »auch echt Aufgaben« hat und diese »sehr ernst« nimmt: »Ich darf nix vergessen.« Bücher beschriften, Autogramme schreiben, Orden entgegennehmen, Kinder einbinden - und immer wieder in 15- bis 20-minütigen Showeinlagen auf Faschingsbällen Party machen und Stimmung verbreiten: Neben Evergreens - »Böhmischer Traum«, »Marmor, Stein und Eisen bricht«, »Tage wie diese« -, die sie und Prinz Jörg II. da covern, singen die Besucher auch Sarah Marias eigene Lieder schon mit, wie ihr Mann stolz anmerkt.

Die bislang zwei veröffentlichten Songs »Ich komm' mit dir« und »Ich tu's mit dir« sind textlich doppeldeutig und musikalisch eingängig. »Das mag der Schlager gern«, sagt Sarah Ligas. Wichtig sei, dass die Leute »Spaß und Freude dran haben«. Das gilt auch für die 37-Jährige: »Ich mache, was mir am meisten Spaß macht.«

Sarah Ligas im Dirndl mit dem Vater von DJ Robin, Maik Leutner, in Kitzbühel.
Sarah Ligas im Dirndl mit dem Vater von DJ Robin, Maik Leutner, in Kitzbühel. Foto: Privat
Sarah Ligas im Dirndl mit dem Vater von DJ Robin, Maik Leutner, in Kitzbühel.
Foto: Privat

In ihrer jüngsten Rolle als landesweit beachtete närrische Würdenträgerin genießt sie »alle Vorzüge, die man sich vorstellen kann«, sagt sie mit mädchenhaftem Schalk: gesponserter BMW mit ihrem Namen auf der Motorhaube, Chauffeur, Verpflegung. Wenn nötig, werden auch Übernachtungen gezahlt. »Ich habe bislang wirklich noch keinen Cent ausgegeben«, beteuert die Frau, die ihr Vater schon als Kind »Principessa« rief. Ihr Prinzessinnenkostüm mit Krönchen und Kelch darf sie allerdings nicht behalten. Das Gewand, das der Vereinsschneider im November angepasst hat, wird jedes Jahr an die nächste Stadtprinzessin weitervererbt. Den Verdienstausfall durchs Ehrenamt kann die hauptberufliche Sängerin verkraften: Schließlich steigert sich dadurch ihr Bekanntheitsgrad. Überhaupt: »Ich geh' positiv rein und nehm' alles mit«, sagt Sarah Ligas. (GEA)