REUTLINGEN. Vor den Toren der Stadt arbeiten die beiden jungen Pächter des städtischen Hofgutes Alteburg zielstrebig an der Zukunft des Anwesens, das wohlgemerkt nichts mit der Gutsgaststätte Alteburg zu tun hat. Seitdem das Duo Martin Kuttler und Johannes Braun seine Pläne gemeinsam mit Fabian Schäufele vom Amt für Wirtschaftsförderung im November des vergangenen Jahres vorstellen konnte, hat sich so einiges getan. Offiziell sind sie seit Jahresbeginn die Neuen. Wie sehr die beiden schon angekommen sind, zeigt ein Besuch gemeinsam mit ihnen im Stall.
Da macht keine Kuh erschrocken Muh. Zufrieden käuen die Rinder ihr Futter wieder, denn sie haben mit den beiden Landwirten bereits Freundschaft geschlossen. Das Milchvieh will zweimal täglich gemolken werden. Dazu erwarten und bekommen sieben Kälbchen intensive Betreuung - sie können von den Reutlingern ebenso besucht werden, wie der Hofladen zur Selbstbedienung inklusive Milchautomat lockt. Schritt für Schritt soll hier ein zukunftsfähiger Mischbetrieb nach Bioland-Richtlinien entstehen. Kuttler und Braun wissen, was sie tun.
Johannes Braun hat Agrarwirtschaft studiert, arbeitet schon über ein Jahrzehnt in Kusterdingen-Wankheim als Betriebsleiter im elterlichen Milchviehbetrieb. Martin Kuttler aus Gomaringen-Stockach leitet den elterlichen Nebenerwerbsbetrieb seit 2017. Es handelt sich beiderseits um Biolandbetriebe. Arbeitsstart an der Alteburg ist, erzählt Kuttler, »zwischen 6 Uhr und 6.30 Uhr«. Es gebe eine Menge zu tun. »Wo man hinschaut, ist hier ein bisschen Baustelle«, sagen beide lächelnd. Vieles reparieren sie, »damit's ein wenig geschickter wird«. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Reutlingen läuft offenkundig bestens.
Übergangsverträge geschlossen
»Wir haben miteinander Übergangsverträge für das nächste halbe Jahr geschlossen«, beschreibt Fabian Schäufele als stellvertretender Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung die Rechtslage. Der langfristige Erbbaurechtsvertrag - gekoppelt mit einem Pachtvertrag für die Flächen - solle im Laufe des Jahres unterzeichnet werden. Bevor diese Verträge mit einer Laufzeit von zunächst 30 Jahren unterschriftsreif sind, müsse als wichtigster Punkt der Neubau des Milchviehstalles in trockenen Tüchern sein.
Neubau des Milchviehstalles
Der Laufstall mit außenliegendem Laufhof für etwa 120 Kühe soll direkt gegenüber vom Wohnhaus auf der grünen Wiese entstehen - damit der direkte Zugang zur Weide so einfach wie möglich ist. Die neuen Pächter wollen für die geplante Milchproduktion von etwa 850.000 Litern Bio-Milch jährlich ein automatisches Melksystem mit zwei Robotern einbauen lassen. Das gesamte Vorhaben ist zentral für die Entwicklung und Wirtschaftlichkeit des Hofgutes, benötigt noch eine baurechtliche Genehmigung. Dazu feilen Kuttler und Braun an der Finanzierung. Ist hinter allen offenen Fragen ein Haken, können die wesentlichen Verträge abgeschlossen werden. Sowohl die neuen Pächter als auch Schäufele machen keinesfalls den Eindruck, daran zu zweifeln.
Die mobilen Hühnerställe gibt es schon, sie stehen nur noch nicht bei der Alteburg. »Sie warten auf ihren Umzug«, erklärt Kuttler. Später einmal sollen sich in den Stallungen 1.500 Legehennen wohlfühlen, und reichlich Eier legen. Dazu kommen Ackerbau und Gemüseanbau - alles ökologisch, versteht sich. Im beheizten Gewächshaus streben schon die ersten frischen Salatsetzlinge nach oben. Apropos Heizung: Die Biogasanlage ist ein weiteres Standbein, versorgt Hof und Gutsgasthof mit Wärme. Für die Zukunft ist die Erweiterung und Modernisierung des Hofladens angedacht. Viel Arbeit für die neuen Pächter. Wenn erst die Familien mit umgezogen sind, dürfte es so richtig lebendig auf dem Hof werden. Bereits jetzt fragen ihn seine Kinder, erzählt Johannes Braun, »Papa, darf ich mit auf die Alteburg?« (GEA)