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»Die Kugel Eis müsste vier Euro kosten - auch in Reutlingen«

Die Preise steigen überall, auch für eine Kugel Eis, auch in Reutlingen. Doch während in Tübingen oder Stuttgart die Marke von zwei Euro schon geknackt ist, halten sich die Eiscafés in der Achalmstadt zurück. Wieso und wie lange noch?

Einladender kann Eis fast nicht sein, wie in dieser Kühltheke eines Eiscafés in Reutlingen.
Einladender kann Eis fast nicht präsentiert werden, wie in dieser Kühltheke eines Eiscafés in Reutlingen. Foto: Ralf Rittgeroth
Einladender kann Eis fast nicht präsentiert werden, wie in dieser Kühltheke eines Eiscafés in Reutlingen.
Foto: Ralf Rittgeroth

REUTLINGEN. Die Freude in den Reutlinger Eiscafés über das zuletzt doch etwas sonnigere und wärmere Wetter ist bei den Betreibern da. Alle, die der GEA befragt hat, sagen übereinstimmend: »Sonne ist der Treiber für das Eisgeschäft. Keine Sonne, kein nennenswerter Eisverkauf«, sagt auch Janin Reichert, die das Eiscafé Centro direkt auf dem Reutlinger Marktplatz betreibt. 

Doch da ist noch etwas anderes: Das beschäftigt die Eiscafé-Szene in Reutlingen und der gesamten Region offenbar noch viel mehr als sonniges oder weniger freundliches Wetter: Die Preise. Alle ohne Ausnahme haben ihre Preise für eine Kugel Eis angehoben. Zwischen 1,50 und 2 Euro kostet im Schnitt die Kugel Vanille oder Schokolade in Reutlingen und damit liegt die Stadt noch vergleichsweise im unteren Preisniveau. Schon in der Nachbarstadt Tübingen orientieren sich die Eiscafés eher an der Zwei-Euro-Marke. In der Landeshauptstadt Stuttgart liegen sie auch schon darüber. Den Vogel schießt aber das Eiscafé Amorino im nahen Metzingen ab: Die Kunden blättern am Hugo-Boss-Platz in der Outletcity 4,20 Euro für eine Portion Eis in der Waffel hin.

Preistreiber Milchprodukte und Zucker

Das weiß auch Vanessa Miraval, die das gleichnamige Eiscafé an die Reutlinger Nicolaikirche leitet. Sie scheint ein wenig neidisch nach Metzingen zu blicken, als sie sagt: »Mein Steuerberater hat mir gesagt: Eigentlich müsste auch bei mir die Kugel Eis vier Euro kosten, um eine gescheite Kalkulation hinzubekommen.« Dann beginnt sie vorzurechnen: »Alle Preise sind für uns Eishersteller gestiegen, und für die wichtigsten Zutaten von Eis sind sie regelrecht durch die Decke gegangen: Beispiel Zucker, da hat die Steigerung mal eben satte 100 Prozent betragen.« Nahezu 100 Prozent Preissteigerungen habe es ebenso für Milch oder Eiswaffeln gegeben. Auch die Sahnepreise hätten deutlich angezogen. 

Vanessa Miraval in ihrem Eiscafé an der Reutlinger Nicolaikirche. Sie sagt: »Eigentlich müsste die Kugel Eis vier Euro kosten, um eine korrekte Kalkulation zu erreichen.« Das habe ihr Steuerberater ihr so erklärt. Foto: Ralf Rittgeroth
Vanessa Miraval in ihrem Eiscafé an der Reutlinger Nicolaikirche. Sie sagt: »Eigentlich müsste die Kugel Eis vier Euro kosten, um eine korrekte Kalkulation zu erreichen.« Das habe ihr Steuerberater ihr so erklärt.
Foto: Ralf Rittgeroth

Das jüngste Verbot von Einweg-Plastikbesteck in der gesamten EU, sei eine Art Preissteigerung durch die Hintertür, von der die Kunden nichts mitbekämen. »Die Plastiklöffelchen haben wir durch Produkte aus Pappe ersetzt, genauso die Strohhalme und die sind auch in etwa doppelt so teuer wie die alten Varianten aus Kunststoff«, rechnet Miraval vor. Trotzdem sei die Preissteigerung in ihrem Betrieb von 1,40 auf 1,50 Euro weit unter dem geblieben, was notwendig sei.

Das muss auch Paola Colli zugeben, die zusammen mit ihrem Mann Alessandro la Gamma und ihrer Tochter Giulia das Eiscafé Soravia am Lindenbrunnen betreibt. Im Soravia kostet die Kugel genauso viel wie im Miraval: »Die 1,50 Euro sind eine schwierige Kalkulation. Die Preise für die Zutaten sind weiterhin nicht stabil«, so Colli Sie ergänzt die Liste der Kostenbelastungen für Eiscafés noch um die Energiekosten: »Kühltheken und Eismaschinen sind Stromfresser, und jeder weiß, wie sich die Strompreise seit der Energiekrise entwickelt haben.« Die Preise für frisches Obst, was ja auch in vielen Eissorten verarbeitet würde, seien spürbar angestiegen, so Colli. Über die 1,50 Euro zu gehen, scheut sie offenbar. Genauso wie Vanessa Miraval, die sagt: »Dazu ist der Konkurrenzdruck in Reutlingen zu groß.«

Alessandro la Gamma und seine Tochter Giulia vor ihrem Eiscafé Soravia am Reutlinger Lindenplatz.
Alessandro la Gamma und seine Tochter Giulia vor ihrem Eiscafé Soravia am Reutlinger Lindenplatz. Foto: Ralf Rittgeroth
Alessandro la Gamma und seine Tochter Giulia vor ihrem Eiscafé Soravia am Reutlinger Lindenplatz.
Foto: Ralf Rittgeroth

Janin Reichert verlangt in ihrem Eiscafé am Marktplatz mittlerweile 1,70 Euro für die Kugel Eis und weiß, dass auch sie damit immer noch günstigen Bereich liegt: »Schauen sie mal in andere Großstädte wie beispielsweise Heidelberg. Da sind sie schon bei 2,80 Euro.« Sie sagt, ohne die Preiserhöhung sei es nicht mehr gegangen. Auch sie nennt Milchprodukte und Energiekosten als Preistreiber. Keine der drei Eiscafé-Inhaberinnen berichtet auf Nachfrage von Beschwerden ihrer Kunden über die teureren Eiskugeln. »Unsere Gäste beschweren sich eher darüber, dass bei uns erst ab 5 Euro mit Karte bezahlt werden kann.« 

Janin Reichert betreibt das Eiscafé Centro direkt auf dem Reutlinger Marktplatz.
Janin Reichert betreibt das Eiscafé Centro direkt auf dem Reutlinger Marktplatz. Foto: Ralf Rittgeroth
Janin Reichert betreibt das Eiscafé Centro direkt auf dem Reutlinger Marktplatz.
Foto: Ralf Rittgeroth

Doch alle scheinen ihr Metier zu lieben. Alle gehen in die wärmere Jahreszeit mit neuen Eiskreationen. Janin Reichert hat bald Zitrone-Basilikum in ihrer Eistheke, Familie Colli hat erstmals am Reutlinger Aktionstag »Fit in den Frühling« erfolgreich Apfel-Sellerie und Brombeere-Rote Beete verkauft. Diese Sorten sollen bald wieder im Angebot sein, genauso wie Kiwi-Spinat.

Vanessa Miraval bietet demnächst zuckerfreies Nutella-Eis oder Pistazien-Eis in der veganen Version an: »Schmecken beide super«, sagt sie mit einem Lachen. Janin Reichert kündigt für Café Centro auf dem Marktplatz die Sorten. Vanille-Basilikum und Limette an.

Und alle hoffen weiter auf die Sonne: »Das Wetter im Frühling war ja eher durchwachsen und deswegen hoffen wir, dass die Sonne jetzt weiter durchstartet«, so Paola Colli. Doch das scheint ebenso ungewiss, wie die Entwicklung der Eispreise. (GEA)