KREIS REUTLINGEN. Offizieller Sonnenuntergang war gestern um 21.10 Uhr, für die beiden Volksparteien CDU und SPD begann die Sonne im Landkreis Reutlingen bereits zwei Stunden früher zu sinken. Als Gomadingen als erste Kreisgemeinde die Ergebnisse der Europawahl ins Landratsamt schickte, war klar, dass sich der Bundestrend auf Kreisebene fortsetzen würde. Am stärksten dazugewonnen haben die Grünen, die bei 22,5 Prozent der Stimmen landen. Am meisten verloren haben die Christdemokraten, die bei 30,4 Prozent liegen und die Sozialdemokraten (12,7 Prozent). Erfreulich ist im Landkreis Reutlingen die hohe Wahlbeteiligung von 61,8 Prozent. Vor fünf Jahren ging nur jeder Zweite wählen.
Die Grünen hatten als einzige Partei gestern Abend zur Wahlparty eingeladen, wohl in Erwartung des fulminanten Ergebnisses. Bereits kurz nach Schließung der Wahllokale zerbrach Grünen-Stadtrat Holger Bergmann in der »Zentrale« ein Glas – Scherben brachten in diesem Fall Glück. Seine Partei erzielte in den Kreisgemeinden durchgängig gute Ergebnisse von mehr als 15 Prozent – auch in den klassischen Hochburgen der Christdemokraten.
Besonders stark waren die Grünen mit 25,2 Prozent in der Stadt Reutlingen, wo sie vor fünf Jahren noch mit 15,7 Prozent feierten. Damit fahren sie in Reutlingen ihr zweitbestes Ergebnis ein, nur getoppt von der Grünen-Hochburg Wannweil mit 27,1 Prozent, wo sie nochmals um zehn Prozentpunkte zulegen konnten. In Metzingen und Pfullingen liegen die Grünen ebenfalls über 24 Prozent.
CDU und SPD im freien Fall
Die CDU bleibt mit 30,8 Prozent stärkste Kraft im Landkreis und liegt noch über dem Ergebnis des Bundes, verliert aber dennoch auf der ganzen Linie: 2014 erzielten die Christdemokraten im Landkreis noch 40 Prozent. Nicht mal in ihren Hochburgen konnten sie alle Wähler halten: In Zwiefalten etwa, wo sie bisher mit 61,8 Prozent die absolute Mehrheit verbuchten, rutschten sie unter die 50-Prozent-Marke. Ähnlich in der Gemeinde Pfronstetten, wo sie von 66,9 auf 47,7 Prozent sanken, oder in Hayingen, wo sich die CDU im freien Fall von 61,6 auf 41 Prozent befindet.
Freier Fall auch bei der SPD: Von 21,6 auf nunmehr 12,7 Prozent und damit deutlich unter Bundesniveau. Die Sozialdemokraten sind nach den Grünen nur noch dritte politische Kraft im Kreis. Noch die besten Werte erzielten sie mit 15,5 Prozent in Reutlingen – ein Wert, der allerdings neun Prozent unter dem von vor fünf Jahren liegt. Selbst in Bad Urach, wo die SPD bisher mit über 25 Prozent ihr bestes Ergebnis einfuhr, landen die Genossen gerade mal bei 13,6 Prozent. Am wenigsten konnten sie die Wähler in Pfronstetten begeistern, wo sie gerade mal 3,8 Prozent erzielten.
Erholt haben sich die Freidemokraten. Während sie vor fünf Jahren auf 4,6 Prozent abgestürzt waren, melden sie sich nun mit 9,8 Prozent zurück, konnten ihr Ergebnis also fast verdoppeln. Hochburg der FDP ist Münsingen mit 23,9 Prozent, was dem Landtagsabgeordneten Andreas Glück zu verdanken ist, der ins Parlament einzieht, wie gestern bei Redaktionsschluss bereits feststand.
Ein wenig überraschendes Schlussergebnis verbucht die Alternative für Deutschland: Mit 10,7 Prozent konnte sie sich zwar geringfügig verbessern und landet fast genau auf Bundesniveau, die gesteckten Ziele vor der Wahl erfüllten sich allerdings nicht. Auch hier war wiederum Pfronstetten mit 17 Prozent AfD-Wählern Ausreißer nach oben, ansonsten hält sich die AfD in allen Gemeinden bei rund zehn Prozent.
Immerhin 2,5 Prozent wählten die Freien Wähler. Nicht viel zu holen gab es für die Linken. Auch ihre Wünsche erfüllten sich mit drei Prozent nicht (2014 waren es zwei Prozent). Gar nichts zu holen gab es für extreme Rechte wie NPD (0,1 Prozent) oder III. Weg (0,0 Prozent) und extreme Linke wie MLPD (0,0 Prozent). (GEA)