REUTLINGEN/REGION. »Die Auswirkungen waren ab Bekanntgabe der Insolvenz natürlich deutlich spürbar«, erklärt Kerstin Angerbauer vom Reisehaus in der Reutlinger Lindenstraße zu den Folgen der Pleite des Reiseveranstalters FTI. Konkret? »Das Telefon hat dauergeklingelt!« Tatsächlich sei die Nachricht in ihrem Reisebüro zeitgleich mit der Pressemitteilung eingegangen. »Damit waren wir natürlich sofort mit Rückfragen der Kunden konfrontiert.«
Der aktuelle Stand in dem Reisebüro, das Pauschalreisen, Bausteine individuell zusammengestellter touristischer Angebote und einen eigenen Firmenreisedienst anbietet: »Wir haben einige Buchungen«, erklärt die Geschäftsführerin, rund 50 bis zum Ende des Jahres. Prozentual gesehen sei das nicht viel, »aber natürlich sehr aufwendig in der momentanen Situation, wo sich praktisch stündlich alles ändern kann«. Zum Glück verzeichnet sie nur wenige Kunden, die aktuell unterwegs sind. »Hier stehen wir im Kontakt und das läuft im Moment auch alles.« Einen dramatischen Fall gebe es unter ihrer Kundschaft zum Glück nicht. Generell gelte: »Es kann jeden treffen, FTI hatte ein sehr großes Portfolio und damit natürlich auch alle möglichen Zielgebiete und Reisearten im Programm.«
Pauschalreisen werden erstattet
Diejenigen, die ihre Reise schon bald antreten sollten, versuchen Angerbauer, ihre Co-Geschäftsführerin, die drei Reiseberaterinnen und die Auszubildende nun bei anderen Veranstaltern einzubuchen. »Die Sorge der Kunden ist natürlich einmal das Geld, welches schon bezahlt wurde«, führt sie aus. Bei allen über sie gebuchten Pauschalreisen greife der Deutsche Reisesicherungsfond (DRSF). Das heißt: Diese Gelder werden erstattet. Die nächste Sorge laute: »Wie geht es mit dem bereits gebuchten Urlaub weiter, findet er statt oder muss neu gebucht werden?!« Diesbezüglich arbeite der Insolvenzverwalter wohl »mit Hochdruck an Lösungen, zusammen mit anderen Reiseveranstaltern«. Im Reisehaus informiere man die Kunden »persönlich über diese aktuellen Entwicklungen, um dann die passende, individuelle Lösung für unsere Kunden zu finden«.
Gleiches gilt fürs ADAC Reisebüro in Reutlingen, wo seit Anfang der Woche ebenfalls entsprechende Anfragen eingehen. Kämen Pauschalreisen nicht zustande, sorge der DRSF dafür, dass geleistete Zahlungen erstattet werden, lobt Geschäftsstellenleiterin Julia Weinmann. »Das ist einer der großen Vorteile einer Pauschalreise, dass man bei Schwierigkeiten, die in der Verantwortung des Veranstalters liegen, gut abgesichert ist.« Die Hauptaufgabe ihrer Mitarbeiter sei aktuell, »die Kunden zu informieren und ihnen ein sicheres Gefühl zu geben«, erklärt die ADAC-Reiseexpertin. Viele betroffene Kunden suchten nun Alternativen. Immerhin: »Andere Reiseveranstalter locken aktuell mit attraktiven Angeboten und guten Konditionen. Die Lust auf Reisen und Urlaub ist nach unserer Erfahrung weiterhin groß.«
Probleme vorhergesehen
Julian Engel traf die Nachricht nicht unerwartet: »Dass die finanzielle Situation der FTI Group schwierig war, war in der Branche schon seit längerem bekannt«, erklärt der Juniorchef des Reisebüros Engel, das Niederlassungen in der Reutlinger Katharinenstraße, in Bad Urach und Münsingen hat. »Schon um die Jahreswende sollte FTI an Mitbewerber, unter anderem an Dertour verkauft werden. Diese Verhandlungen wurden aber immer von Seiten der Kaufinteressenten wieder abgebrochen«, schildert er. »Spätestens seit diesem Zeitpunkt haben wir Reisen der FTI Group und ihren Tochtergesellschaften nur noch auf ausdrücklichen Wunsch der jeweiligen Kunden verkauft.«
Auch als Ende April bekannt geworden sei, dass ein amerikanischer Investor bei FTI einsteige, habe das Team die Haltung diesbezüglich nicht geändert. »Da das Closing noch nicht abgeschlossen war«. Insofern habe die Insolvenz-Meldung vom vergangenen Montag das Team um Inhaberin Roswitha Engel »nicht komplett unvorbereitet« getroffen. Und somit habe man nur wenige betroffenen Kunden. Die würden »selbstverständlich vollumfänglich betreut«. Sofern einzelne Reisen über FTI nicht stattfinden können, seien schon »für alle betroffene Gäste aktuell mit den Kunden abgestimmte Reisen als Ersatz reserviert« worden. (GEA)