REUTLINGEN-OHMENHAUSEN. Lange hat’s gedauert, jetzt ist es endlich geschafft: Das »BüMo« Ohmenhausen geht am 11. November das erste Mal auf Fahrt, das Buchungstelefon ist schon freigeschaltet. »Wir sind mega-stolz«, sagt Ohmenhausens Bezirksbürgermeisterin Andrea Fähnle und meint mit »wir« den Förderverein, der das bemerkenswerte Projekt gestemmt hat. Mit jeder Menge Benefiz-Aktionen, mit Unterstützung von zig Spendern, mit viel Kleinarbeit und mit enormem Engagement gelang es den rührigen Mitgliedern, ein nagelneues Auto anzuschaffen und eine clevere, auf Ohmenhausen zugeschnittene Logistik auszutüfteln »Das ist ein tolles und extrem sinnvolles Angebot«, sagt Eberhard Hohloch vom Planungsteam - weil Bürger ehrenamtlich Bürger fahren, die nicht mehr mobil sind, und ihnen so das Leben leichter machen.
Topografisch »eine Katastrophe«
2019 wurde Andrea Fähnle Bezirksbürgermeisterin von Ohmenhausen. Und bekam schnell mit, dass viele Ältere Probleme haben, in ihrem weit auseinandergezogenen Heimatort mit seinen Berg- und Tallagen von A nach B zu kommen. »Topografisch ist Ohmenhausen eine Katastrophe.« Ohne Auto auf den ziemlich ab vom Schuss gelegenen Friedhof zu kommen oder zum einzigen Supermarkt - schier unmöglich für Menschen, die nicht (mehr) Auto fahren oder auf den Rollator angewiesen sind. Die Ortsvorsteherin erkannte den Bedarf. Und nicht nur sie. »In Ohmenhausen«, so Fähnle, »gibt es viele Herzensmenschen. Es war ein Leichtes, sie für das Projekt Bürgermobil zu gewinnen.«
Schwierige Umsetzung
Gar nicht leicht war es dagegen, die Idee umzusetzen. Schnell war klar, dass es ohne »e.V« nicht funktionieren würde. Also wurde 2019 der Förderverein Ohmenhausen gegründet, den andere örtliche Vereine unterstützten. »Das Motto ist: Gemeinsam bewegen wir mehr«, so die Bezirksbürgermeisterin, die auch Vereinsvorsitzende ist. Anfangs ging es darum, Kapital anzusammeln. Mit Events wie dem Adventskranz-Verkauf, eigenen Aktionen bei örtlichen Festen, der Akquirierung von Spenden. Corona bremste den Elan, doch das Fördervereins-Team ließ sich nicht unterkriegen. »Wir haben unter extrem erschwerten Bedingungen durchgehalten«, berichtet Andrea Fähnle.
Neben der Finanzierung bereiteten bürokratische Hürden Kopfzerbrechen. Denn als Verein einen Neuwagen versichern oder zuzulassen ist, so Fähnle, alles andere als einfach. »Da kamen Schwierigkeiten auf uns zu, die wir nicht hatten abschätzen können.« Der Förderverein informierte sich zwar bei anderen Bürgerbus-Projekten, doch eine Blaupause gab es nicht. Es existieren viele solcher Modelle, aber »alle machen ihr individuelles, an den örtlichen Gegebenheiten orientiertes Ding«.
Das Planungsteam kniete sich rein in die unbekannte Materie, löste nicht nur die bürokratischen Probleme, sondern arbeitete auch eine ausgefeilte Logistik mit eigener Telefonanlage aus. Gut, dass IT-Crack Reiner Krause mit im Boot ist. »Ohne seine Expertise wäre das alles technisch nicht machbar gewesen«, meint Eberhard Hohloch. Und auch Andrea Fähnle ist voll des Lobes für die Macher. »Das sind tolle Menschen. Sie sehen das Gute an dem Projekt und tragen es im Kopf und im Herzen.« Das Ergebnis der geballten Bemühungen kann sich sehen lassen. Ein nigelnagelneuer Fünfsitzer mit Heckklappe steht bereit, ein ehrenamtliches Fahrer- und Logistikteam, ein Telefondienst. Sogar ein Logo gibt es für Ohmenhausens neue Errungenschaft: Die Hutzelbirne aus dem Ortswappen in einer knackig-fröhlichen Version und auf Rädern ziert neben den Sponsorenlogos das Bürgermobil.
Noch nicht im Vollbetrieb
In dieser Woche startet das »BüMo«, aber noch nicht im Vollbetrieb, sondern nur an zwei Tagen in der Woche. Montags und mittwochs ist das Buchungstelefon unter der Rufnummer 07121/1 597 000 von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 17 Uhr geschaltet. Ebenfalls montags und mittwochs ist der Fahrdienst aktiv, jeweils von 8 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. »Wir machen alles zum ersten Mal, deshalb wollen wir klein anfangen und Erfahrung sammeln«, sagt Andrea Fähnle. Sollte sich herausstellen, dass mehr Ohmenhäuser als gedacht auf das kostenlose Angebot abfahren, kann es ausgeweitet werden. Wobei im Ehrenamtsteam noch Luft nach oben ist, sowohl im Fahrdienst als auch Telefondienst ist Verstärkung willkommen.
Bis ins Ringelbachgebiet
Das »BüMo« steuert Ziele in Ohmenhausen an, fährt aber auch in die Nachbargemeinden Gomaringen, Mähringen, Betzingen und außerdem ins Ringelbachgebiet mit seinen Einkaufszentren. Ohmenhausen hat zwar gute Busverbindungen. »Aber für die, die es sich nicht zutrauen, ist das neue Angebot ein Segen«, sagt Fähnle. Ob zum Arzttermin, zum Einkaufen, zu Freunden oder zur Familie, zu örtlichen Veranstaltungen, zu Behörden: Für Bürgerinnen und Bürger, die dauerhaft oder vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, werden durch die Mitfahrgelegenheit Wege wieder machbar. Und ganz bequem: Sie werden Zuhause abgeholt, wer sich beim Ein- und Aussteigen schwer tut, bekommt Hilfe. Und natürlich ist Platz für den Rollator. Das Angebot ist gratis, basiert aber auf Spendenbasis - wer etwas zahlen kann oder möchte, unterstützt damit andere und das ganze Projekt. Denn um die Kosten decken zu können, ist der Förderverein auch weiterhin auf finanzielle Unterstützung angewiesen. (GEA)