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Aktuell Classic Night

Classic Night: Brilliantes Fest mit Stargästen

REUTLINGEN. Die größte Frage am Samstagabend im Kreuzeiche-Stadion war nicht die, ob die Musiker ihre Stücke perfekt beherrschten. Oder ob die Technik reibungslos funktioniert, das Feuerwerk genau im richtigen Sekundenbruchteil starten würde. Das alles klappte perfekt, die wichtigste Frage aber lautete: Hält das Wetter? Heftige Regenschauer, Gewitter gar waren angesagt.

Foto: Markus Niethammer
Foto: Markus Niethammer
Immer mal wieder richteten also die rund 2 000 Besucher ihre besorgten Blicke nach oben - allerdings nur so lange, bis Dirigent Martin Künstner auf der Bühne den Taktstock zückte und die beiden Chöre der Betzinger Sängerschaft sowie der Philharmonia Chor Reutlingen gemeinsam mit der Württembergischen Philharmonie bombastisch zu einer unglaublichen Klanggewalt anhoben. »Rule Britannia« lautete das erste Stück, das die Musiker auf der Bühne zelebrierten.

Passend dazu brachten die beiden Moderatoren des Abends, Wolfgang Alber und Andreas Vogt, einen erstaunlichen Stargast mit auf die Bühne: Die Queen persönlich gab sich die Ehre. Wenn auch »nur« als Pappkameradin. Dabei sei es, so Vogt, für Britannien doch eigentlich Zeit, »Ade« zu sagen. »Time to say good bye.« Der Brexit ließ grüßen. Durfte es dabei verwundern, dass sich Queen Elizabeth scheinbar in die Tiefe stürzen wollte? »Stürmische Zeiten«, resümierte Alber.

Faszinierende Klangperfektion

Extrem bemerkenswert an diesem Abend: die beiden Solistinnen, Diana Haller, eine brillante Mezzosopranistin in blauem Kleid mit heftig in der Abendsonne blinkendem Oberteil, sowie Larissal Ciulei, ganz in Schwarz gekleidet. Beide bewiesen bei ihren Auftritten eine bemerkenswerte Kraft in ihren Stimmen, genauso wie eine faszinierende Klangperfektion. Problemlos schienen sie mit ihrem Gesang das Stadion füllen zu können und begeisterten das Publikum ein ums andere Mal.

Leicht und beschwingt

Apropos Begeisterung: Mit ebenfalls unglaublicher Leichtigkeit schaffte es der dritte Stargast Norbert Nagel nach, so Vogt, einem »Stil- und Stimmungswechsel«, die Zuhörer - nein, nicht nach seiner Pfeife tanzen zu lassen. Stattdessen entzückte er das Publikum mit seiner Klarinette und der »Kubanischen Barocknacht«. Wobei auch die Philharmonie und die Chöre eindrücklich bewiesen, dass sie nicht »nur klassisch« können, sondern auch leicht und beschwingt. Und Nagel setzte dem Ganzen noch die Krone auf, trieb das Publikum allein mit seiner Stimme und »Schubidubududa« zu Begeisterungsstürmen.

Noch ein Stilwechsel: Hannes Nedele, das 14-jährige Wunderkind, das keines mehr ist, aber immer noch aus Wannweil kommt und den jungen Tarzan beim Musical in Stuttgart gesungen hat. Im Kreuzeiche-Stadion zeigte er, dass er nicht nur gut bei Stimme ist, sondern auch jede Menge Entertainer-Talent besitzt.

Weitere Besonderheiten an diesem außergewöhnlichen Abend? Die Chöre wie auch die Philharmonie bestätigten gewohnt souverän und brillant, dass sie alle Stilrichtungen beherrschen. Nicht nur Klassik, Kubanisch, Musical, sondern auch Griechisch und extrem melancholisch zusammen mit Norbert Nagel bei »The Windmills Of Your Mind«. Und: Martin Künstner dirigierte wieder extrem leidenschaftlich mit vollem Körpereinsatz.

Einzug mit Fackeln

Ungewöhnlich bei der 16. Ausgabe der Reutlinger »Classic Night«, bei der auch der GEA wieder als Sponsor auftrat, war ein »Fackellauf«: Der Musikverein Mössingen lief mit Fackel-Begleitung ins nächtliche Stadion ein und wagte zusammen mit der Philharmonie ein ungewöhnliches Experiment. Gemeinsam intonierten sie »Dal cielo a noi chi viene« und stellten damit unter Beweis, dass Klassik und Volksmusik sich nicht beißen müssen.

Zum Schluss dann nach fast vier Stunden das »finale furioso«, die Kombination aus »Bolero« und Feuerwerk: Die Experten fürs Brenzlige aus Ehningen demonstrierten im Takt zu Ravels Klassiker die Perfektion der brillanten Pyrotechnik. Mit staunend offenen Mündern feierte das Publikum diesen Schlusspunkt unter einer grandiosen klassischen Nacht. Fazit: Was für ein Glück, diesen Abend im Stadion genießen zu dürfen. Und, nicht ganz unwichtig: Was für ein Glück, dass der Regen erst zehn Minuten nach Ende der »Classic Night« mit Macht vom Himmel fiel. (GEA) Seite 8