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Aktuell Auszeichnung

Bundesverdienstkreuz für Reutlinger Architekten Wolfgang Riehle

Guido Wolf (links) überreicht Wolfgang Riehle die Auszeichnung. Mit Wolfgang Riehle freut sich Ehefrau Ursel.  FOTO: PM
Guido Wolf (links) überreicht Wolfgang Riehle die Auszeichnung. Mit Wolfgang Riehle freut sich Ehefrau Ursel. Foto: Max Kovalenko
Guido Wolf (links) überreicht Wolfgang Riehle die Auszeichnung. Mit Wolfgang Riehle freut sich Ehefrau Ursel.
Foto: Max Kovalenko

REUTLINGEN/STUTTGART. Im Haus der Architekten in Stuttgart wurde dem Reutlinger Architekten Wolfgang Riehle das Bundesverdienstkreuz verliehen. Er interpretiere die Rolle des Architekten, Stadtplaners und Freiberuflers im Sinne eines wahren Citoyen, sagte Präsident Markus Müller über Riehle in seiner Begrüßung. Ideen, für die die Architektenkammer heute gelobt werde, seien seine gewesen, wie zum Beispiel die Internationale Bauausstellung (IBA) in Stuttgart. Und auf Betreiben von Wolfgang Riehle habe die Bundesarchitektenkammer als einzige nationale Architektenkammer eine Vertretung bei der Europäischen Kommission in Brüssel eingerichtet.

Mit den von ihm geplanten Gebäuden habe Wolfgang Riehle, der auch Ehrenpräsident der Architektenkammer Baden-Württemberg ist, nicht nur die Umgebung gestaltet und der Gesellschaft Bauten gestellt, er habe auch an der Gesellschaft gebaut, sagt Guido Wolf, Landes-Minister der Justiz und für Europa, in seiner Würdigung. Neben seiner großen beruflichen Belastung habe sich Riehle vielfältig ehrenamtlich engagiert und damit einen großen Baustein zur Gesellschaft beigetragen.

Durch diese Aufbauarbeit an einer funktionierenden Gesellschaft habe Riehle sich quasi selbst ausgezeichnet in einem höheren, beispielgebenden Sinn. »So gesehen zeichnen wir heute nur äußerlich nach, was jeder sehen muss, der auf Sie und Ihr Leben sieht. Sie haben sich um unsere Gesellschaft, um unser Miteinander mehr als verdient gemacht,« sagte Wolf. Das Bundesverdienstkreuz am Bande, das Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Wolfgang Riehle verliehen hat, sei Menschen vorbehalten, die Großes für das Gemeinwohl geleistet haben.

»Sie haben sich um unsere Gesellschaft mehr als verdient gemacht«

In seiner Laudatio blickte Guido Wolf auf die Lebensphilosophie des Geehrten. Im Gegensatz zum Vater, der als Architekt sein Büro autoritär geführt habe, kristallisierte sich bei seinem Sohn der Teamgedanke früh als Grundsatz heraus, der sich wie ein roter Faden durch sein Leben ziehen sollte. Neben Industriebauten, Sportstätten, Shoppingimmobilien gehören auch öffentliche Bauten zu seinem Portfolio. Wolf erinnerte sich, wie er seinerzeit als Landtagspräsident Wolfgang Riehle als Vorsitzenden der Jury für die Sanierung des Landtagsgebäudes sowie den Neubau eines Besucherzentrums erlebte. Mit seiner großen Kunst habe er die Preisgerichte mit 40, 50 Mitgliedern zu einstimmigen Voten geführt. Wolf würdigte dies als Ausdruck seiner besonderen Gabe und es erkläre, warum Riehle ein viel gefragter Preisrichter sei.

Immer sei es dem gebürtigen Reutlinger um eine wohlbegründete Architektur gegangen, »die zuhört und sich in den Kontext einfügt«. Und die sich aus ihrer Funktion heraus den Menschen widmet und den Anforderungen vor Ort stellt – und nicht das Ego des Architekten in Stein haue. In wenigen groben Strichen zeichnete der Laudator das ehrenamtliche Engagement Riehles nach: Von 1990 bis 2014 habe er seinen Sachverstand in den Dienst der Architektenkammer gestellt und sei durch seine Wahl 1998 zum Präsidenten zur Stimme des Berufsstandes im Südwesten geworden. Dass er bei seinen Wiederwahlen im Amt ohne Gegenstimme bestätigt wurde, zeige, so Guido Wolf, dass der Grad der Zufriedenheit mit ihm schwindelerregende Höhen erreicht haben muss.

Ein Grund habe dabei sicher wieder in seinem am Team orientierten Führungsstil und seiner Fähigkeit, gegensätzliche Positionen zusammenzuführen gelegen. Dabei habe er auch vorausschauend immer die richtigen inhaltlichen Akzente gesetzt. Mit der von ihm gegründeten Stiftung präventive Jugendhilfe in Tübingen kümmere er sich um die jüngere Generation. Sein Einsatz für die Jugend habe ihn selbst jung gehalten. Wolfgang Riehle sei überzeugter Europäer und ein Muster für gelebtes Europäertum, freute sich der Europaminister. Europa müsse gelebt und nicht bekannt werden: »Wir brauchen Europäer der Tat, und nicht der Worte.« Auch hier zähle der Teamgedanke, denn in Europa gehe es nicht um Uniformität, sondern um Authentizität. Es bedürfe der responsiven Architektur, die sich dem »Geist des Ortes« anpasst.

»Wir brauchen Europäer der Tat und nicht der Worte«

Dazu gehöre, dass man Kulturdenkmäler erhalte und den architektonischen Charakter einer Region bewahre. So wie Wolfgang Riehle dies als Mitglied des Kuratoriums der Denkmalstiftung Baden-Württemberg tue. Dazu gehöre aber auch, dass man mit der Umwelt, in die die Architektur eingreife, durch sie aber auch positiv gestaltet werde, schonend umgehe. Nachhaltigkeit und nachhaltiges Bauen beschäftige Riehle daher in vielfältiger Weise und zeige erneut, dass er in seinem Schaffen auf das Zusammenschaffen Wert lege.

Der Gedanke der Achtsamkeit gegenüber dem Bestehenden ziehe sich wie ein roter Faden durch sein ganzes Wirken – sei es im Beruf, im Ehrenamt, in der Architektur oder eben in Europa, stellte der Laudator abschließend fest. »Wenn im Sinne des Eingangszitats gilt, dass ohne Architektur die menschliche Gesellschaft nicht denkbar wäre, dann muss erst recht gelten, dass unsere menschliche Gesellschaft nicht ohne soziale Architekten möglich wäre, wie Sie einer sind.« Dafür und für sein beeindruckendes Lebenswerk gratulierte ihm Wolf und steckte ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande an das Revers.

Der Geehrte zeigte sich tief bewegt über so viel Lob und Anerkennung. Er bekleide so viele Ehrenämter, weil er die Kraft habe (»oder schwäbisch: die Kuddel«), mehrere Bälle in der Luft zu halten. Weil er schon immer Lust auf ein vielseitiges Leben und vielerlei Interessen gehabt habe. Weil er überzeugt sei, dass Kreativität nicht nur eine Anlage, sondern auch der Output von vielfältigen Eindrücken und Erlebnissen aus den unterschiedlichen Lebensbereichen sei. Und schließlich, weil der Staat nicht alles leisten könne und »unser Gemeinwesen nicht alles nach oben delegieren« sollte. In viele Ehrenämter sei er so »reingerutscht«. Er sei es gewohnt und könne – dank Unterstützung – mit Belastung umgehen, fühle sich durch Pflichten und Verantwortung nicht beschwert, sondern empfinde diese als Bereicherung.

Es seien die ungezählten Glücksmomente, die den persönlichen Einsatz bei Weitem aufwiegen und die bei ihm zu heiterer Gelassenheit geführt hätten. Als Christ, Gründungsstifter und Stiftungsrat einer ökumenischen Stiftung habe ein Kreuz für ihn eine ganz besondere Bedeutung und er verhehle nicht, dass dieses Zeichen Dankbarkeit und Demut bei ihm auslöse. Das Bundesverdienstkreuz zu tragen, sei ihm eine Ehre. (eg)