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Bundesbauministerin Geywitz fordert in Reutlingen mehr Sozialwohnungen

Bundesbauministerin Klara Geywitz informiert sich bei der Reutlinger AWO über das Oasen-Projekt, das Obdachlosen eine Heimat bietet.

Sie freuten sich vor einer der Reutlinger Oasen über den Besuch der SPD-Bundesbauministerin Klara Gewyitz (Zweite von links), Ro
Sie freuten sich vor einer der Reutlinger Oasen über den Besuch der SPD-Bundesbauministerin Klara Gewyitz (Zweite von links), Ronja Nothofer-Hahn (rechts), Ulrich Högel, Sebastian Weigle und Helmut Treutlein (links). Foto: Norbert Leister
Sie freuten sich vor einer der Reutlinger Oasen über den Besuch der SPD-Bundesbauministerin Klara Gewyitz (Zweite von links), Ronja Nothofer-Hahn (rechts), Ulrich Högel, Sebastian Weigle und Helmut Treutlein (links).
Foto: Norbert Leister

REUTLINGEN. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat sich in Reutlingen über das vielfältige Angebot der Arbeiterwohlfahrt informiert. Zusammen mit dem SPD-Bundestagskandidaten Sebastian Weigle besuchte die Ministerin auch eine der Reutlinger Oasen. Diese Oasen waren einst von Pfarrer Klaus Kuntz mit dem Arbeitskreis Obdachlose zusammen mit der AWO und der GWG aus der Taufe gehoben worden, um wohnsitzlosen Menschen in Reutlingen eine Bleibe zu verschaffen. Entstanden sind kleine Wohnungen, die - heute passt das zum Konzept »housing first« - den Menschen mehr als nur ein Dach über dem Kopf bieten. 32 Oasen existieren inzwischen in Reutlingen. Sie sind zu einer Heimat für vorher wohnungslose Menschen geworden.

»In Finnland hat ‚housing first‘ mittlerweile Gesetzesrang«, erklärte Bauministerin Gewyitz. Das Konzept sieht vor, dass Wohnungslose nicht erst monatelang in Therapie und Entwöhnung müssten, sondern als erste Hilfsmaßnahme eine eigene Wohnung erhalten. Eigentlich aber sei der Soziale Wohnungsbau Ländersache. Der Bund habe für diese Zwecke aber erstmals 3,5 Milliarden Euro an die Länder verteilt.

»Der Wohnungsmarkt regelt eben nicht alles von selbst«

Die Entwicklung beim Sozialen Wohnungsbau sei dramatisch, so Geywitz: »Es gab mal drei Millionen Sozialwohnungen, heute sind es noch eine Million«, sagte die in Potsdam geborene Bauministerin. »Man kann deutlich erkennen, dass der Wohnungsmarkt eben nicht alles von selbst regelt.« Wohnungslose würden vielerorts kaum eine Wohnung finden, die AWO Reutlingen sei da vorbildlich, weil sie für Wohnraum sorge, indem sie mehr als 100 Wohnungen für ihre Klientel angemietet hat, betonte Geschäftsführer Ulrich Högel.

Weigle hatte schnell mehrere Punkte erkannt, bei denen die Ministerin weiterhelfen konnte: »Klara Geywitz hat uns geraten, für den Sanierungsbedarf der Oasen Förderprogramme von Bund oder Land abzurufen«, blickte der AWO-Vorsitzende zurück. Ähnlich könnte eventuell auch die Notunterkunft der AWO profitieren, die laut Ulrich Högel »alles andere als barrierefrei ist. Die Situation dort ist mehr als grenzwertig«.

»Es kann nicht sein, dass Frauen zusammen mit Männern untergebracht werden«

Geywitz berichtete von ähnlichen Erfahrungen in ihrem eigenen Heimat-Bundesland Brandenburg: »Es sind Ersatzunterkünfte geschaffen worden, und erst da hat man gesehen, dass in den bisherigen Sozialwohnungen seit vielen Jahrzehnten gar nichts gemacht wurde.« Die Bundesbauministerin fordert einheitliche fachliche Standards für die Unterbringung von Wohnungslosen: »Da muss sich unbedingt was tun, es kann doch nicht sein, dass Frauen zusammen mit Männern in Unterkünften untergebracht werden«, so Klara Geywitz.

Viel zu oft sei das in Kommunen noch üblich, »es gibt immer wieder Frauen, die lieber draußen schlafen, als in solchen Unterkünften zusammen mit Männern«. Högel stimmte sofort zu: In Reutlingen gebe es zwar getrennte Räumlichkeiten, aber mancherorts »sind die Unterbringungen wirklich desolat«. Außerdem würden dringend Stabilisierungsmöglichkeiten für Familien und Kinder gebraucht, betonte Weigle. »Wir brauchen eine starke Lobby für das Thema der Wohnungslosen«, pflichtete Helmut Treutlein, SPD-Fraktionsvorsitzender des Reutlinger Gemeinderats, bei.

Klar sei, dass weitere Wohnungen dringend auch für Wohnungslose gebraucht würden, waren sich alle Anwesenden einig. »Neubauten sind genauso wichtig wie die Sanierung von bestehenden Wohnungen«, sagte Klara Geywitz. »Zumal die Mietverträge in den Oasen bei uns nicht an Betreuung gekoppelt ist«, sagte Uli Högel. Das bedeute, dass die Bewohner auch nach Ende einer sozialpädagogischen Betreuung nicht aus den Wohnungen ausziehen müssen. »Sie können also dort weiter wohnen, quasi bis zu ihrem Lebensende«, erläuterte Högel. (GEA)