REUTLINGEN. »Wenn der Akku mal brennt, dann kriegen wir das Feuer auch nicht mehr so schnell aus.« Reutlingens Feuerwehrkommandant Stefan Hermann findet klare Worte, wenn er - gerade wieder aus aktuellem Anlass - über in Brand geratene E-Autos spricht. Stromer brennen nicht häufiger als Verbrenner. Da sei »Auto Auto«, sagt Hermann. »E-Autos sind da meiner Erfahrung nach wirklich keiner erhöhten Gefahr ausgesetzt.« Doch wenn das E-Auto mitsamt Akku mal brennt, dann gebe es erhebliche Unterschiede zum herkömmlichen Verbrenner.
Feuerwehrleute kommen nämlich nur schwer an die Akkus ran, da diese meist unter dem E-Autos verbaut sind. Brennen diese, kann die Reaktion nicht mehr unterbrochen werden. »Wir brauchen dann einfach deutlich mehr Wasser, um zu kühlen. Und mehr Zeit.«
Löscharbeiten können viele Stunden dauern
Während ein Verbrenner-Fahrzeugbrand im Freien innerhalb von Minuten gelöscht sei, könne es viele Stunden oder sogar einen ganzen Tag dauern, bis ein brennendes E-Auto wieder unter Kontrolle ist. Christian Schäfer, Leiter der Abteilung Mobilität und Technik beim ADAC Württemberg, erklärt: Für einen Verbrenner braucht die Feuerwehr durchschnittlich 3.000 Liter Wasser. Für einen Stromer bis zu 10.000 Liter. Zur Einordnung dieser immensen Menge: Auf dem größten Tanklöschfahrzeig der Reutlinger Feuerwehr seien 4.000 Liter im Tank, sagt Hermann. Zum Löschen brauche man also mehrere Fahrzeuge oder eine Versorgung aus dem öffentlichen Wassernetz.
Steht das brennende E-Auto in einer (Tief-)Garage, gilt es, schnellstmöglich ein weiteres Problem zu lösen. Das Auto muss, wenn irgendwie möglich, ins Freie gebracht werden. Extrem hohe Temperaturen über viele Stunden hinweg können gefährlich für die Statik eines Gebäudes werden, sagt Kommandant Hermann. »Mittlerweile sind schon Roboter auf dem Markt, mit denen man das brennende E-Auto rausziehen kann. Da wird wirklich viel entwickelt.« In Reutlingen sei ein solcher Roboter noch nicht im Einsatz. Auch eine Möglichkeit: Man könne das brennende Wrack per Seilwinde aus der Garage ziehen.
Die Metzinger Feuerwehr besitze zudem ein Lösch-Unterstützungsfahrzeug, schildert Hermann. Ein kleines Kettenfahrzeug, das ferngesteuert in die Garage fahren, das Auto kühlen und für eine gute Entlüftung sorgen kann. Zuletzt war dieses Fahrzeug beim Großbrand in einer Lagerhalle in Walddorfhäslach im Einsatz.
Andere Konstruktion möglich?
Der GEA hat beim Verband der Automobilindustrie nachgefragt, inwieweit es möglich wäre, die E-Autos so zu konstruieren, dass sie einfacher zu löschen wären.
Hier die Antwort des VDA: Die Brandbekämpfung ist eine der zentralen Aufgaben der Feuerwehr und ihrer dafür ausgebildeten Kräfte. Elektrofahrzeuge stellten keine besondere Gefahr dar, das Brandrisiko bei einem E-Auto sei nicht höher als bei einem Verbrenner. Grundsätzlich unterscheide sich die Brandbekämpfung bei Fahrzeugbränden mit Beteiligung von Lithium-Ionen-Akkus nicht wesentlich von Bränden bei konventionell angetriebenen Fahrzeugen, die Löschdauer und der Löschmittelbedarf seien aber in der Regel höher.
Die besondere Handhabung und Einsatztaktik ist von den Feuerwehreinsatzkräften entsprechend erarbeitet worden. Als Basis hierfür dienen die von den Herstellern in gemeinsamer Arbeit, unter anderem mit den Feuerwehren, dem ADAC und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, erstellten Rettungsdatenblättern sowie insbesondere die Hinweise für die Brandbekämpfung von Lithium-Ionen-Akkus bei Fahrzeugbränden. (GEA)
Im Freien ist die Sache dann ein bisschen einfacher zu handhaben. Mittlerweile gibt es Geräte, die Feuerwehrleute unters brennende E-Auto schieben können. Diese Lanzen können zum einen von unten effektiv mit Löschwasser kühlen. Zum anderen können sie mittlerweile sogar ein Loch in den Akku bohren, »dann kann dieser von innen geflutet werden«, erklärt Hermann. Nicht unnütz aus Sicht des Kommandanten. »Aber doch ein wenig konträr zu den Sicherheitsbestimmungen der Hersteller. Die sagen nämlich, dass man defekte Akkus nicht anrühren sollte.«
Den E-Smart in den Container gehievt
2017 hatte in Reutlingen ein E-Smart gebrannt. Die Feuerwehr - damals noch deutlich unerfahrener mit dieser Art von Bränden - hatte das Feuer nicht endgültig gelöscht bekommen. Und den Smart am Ende in einen riesigen Wasser-Container gehievt, wo er endgültig abkühlen konnte. Im Nachgang hatte die damalige Feuerwehr-Führungsriege um Kommandant Harald Herrmann und Stellvertreter Adrian Röhrle gemeinsam mit Diplom-Ingenieur Jürgen Kunkelmann vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eine erste Löschlanze entwickelt, die zum Kühlen unters Auto geschoben werden kann.

Apropos Wasser-Container: Da Feuerwehrleute nun wirklich nicht zu jedem brennenden Auto prophylaktisch mit einem solchen Utensil anrücken können, hat sich auch hier einiges getan. »Auf dem Markt gibt es mittlerweile eine Variante mit einer Plane«, sagt Hermann. Auf diese müsse man das brennende E-Auto rollen. Dann werde sie wie ein Sack zugezogen und mit Wasser geflutet. »Wenn das Auto keine Gefahr darstellt, kann man es auch einfach kontrolliert abbrennen lassen«, so der Kommandant.
Auch E-Bikes ein Problem
»Wir haben also Strategien«, so das Fazit des 42-Jährigen. »Es entsteht durch E-Autos eine neue Gefahr. Die Feuerwehr kann damit umgehen, aber es ist nicht so trivial, wie wir es bisher gewohnt waren.« Dass ein E-Auto brennt, komme aber nicht allzu häufig vor, beruhigt er, »vielleicht einmal im Jahr«.
Hermann nutzt das Gespräch, um auf eine aus seiner Sicht weitaus weniger beachtete Gefahrenquelle hinzuweisen. »Alle reden immer übers E-Auto, aber niemand übers E-Bike.« Die strombetriebenen Räder würden oft im Hausflur abgestellt, »und wenn das brennt, dann ist das Problem nicht in der Garage - sondern mitten im Fluchtweg der Menschen«. Er appelliert an Besitzer, ihre Gefährte besonnen abzustellen. Ähnlich sei die Lage übrigens bei den Speichern von Photovoltaik-Anlagen. Brände seien auch in diesem Bereich selten. Aber wenn es mal so weit kommt, sei es weitaus besser, wenn sich der Speicher außerhalb des Hauses oder in einem abgetrennten Raum befindet. (GEA)


