REUTLINGEN . Die Höhe des Besuchsgeld bleibt ein Dauerthema, das es immer wieder auf die Tagesordnung des Verwaltungs-, Kultur- und Sozialausschusses (VKSA) und des Gemeinderats schafft. Diesmal war es die SPD, die einen Antrag stellte, die Gebühren um ein Viertel zu senken.
Im Frühjahr 2024 machte eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft publik, dass Reutlingen Spitzenreiter in Sachen Kindergarten- und Kitagebühren ist. Der Gemeinderat beschloss daraufhin zunächst einmal, die jährliche Erhöhung der Gebühren für die Jahre 2024 und 2025 auszusetzen, zudem wurde ein neues Gebührenmodell erarbeitet, das ab Oktober dieses Jahres greifen soll.
"Das macht auch den Standort Reutlingen
im Vergleich zu anderen Kommunen nicht attraktiv"
Doch vielen Eltern geht dies nicht weit genug. Noch immer liege die finanzielle Belastung weit über der in vergleichbaren Gemeinden, so das Argument, vor allem für Familien, deren Jahresnettoeinkommen 70.000 Euro übersteigt. Derzeit bezahlen diese bis zu 604 Euro pro Monat, ab Oktober 501 Euro. Die Proteste, vor allem der sogenannten Besserverdiener, nahmen zu - und blieben nicht ungehört bei den Parteien.
Ob grün, rot oder schwarz: Fast alle Gemeinderats-Fraktionen haben sich Gedanken gemacht, wie Reutlingen in puncto Gebühren familienfreundlicher werden kann - und das Ergebnis ihrer Überlegungen mündete dann meist in einen Antrag. Den Auftakt im Antrag-Reigen machte bereits im Oktober die CDU: »Die überaus hohen Belastungen der Eltern müssen reduziert werden«, so die Forderung. Denn dies habe auch negative Folgen für die Stadt: Die übergroße Belastung der Eltern »macht auch den Standort Reutlingen im Vergleich zu anderen Kommunen nicht attraktiv.« Einen Monat später folgte ein interfraktioneller Antrag von Grünen, FWV, SPD, Linken/Parte und FDP, in dem die Fraktionen vor allem wissen wollten, wie sich eventuelle Absenkungen auf den Haushalt auswirken und wie sich die Verteilung der Einkommensstufen gestaltet. Anfang März stellte dann die WiR-Fraktion einen Antrag, der einen einheitlichen Beitrag ohne soziale Staffelung vorsah - dieser wurde abgelehnt.
"In Familien geht es finanziell eng zu,
Kinder kosten einen Haufen Geld"
In der jüngsten Sitzung stellte nun die SPD einen eigenen Antrag, nachdem sie im Vormonat darum gebeten hatte, einen weiteren interfraktionellen Antrag zurückzustellen. Der aktuelle Vorstoß der Sozialdemokraten sieht vor, dass das Besuchsgeld generell um 25 Prozent gekürzt wird. »Wir müssen dringend etwas tun«, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Helmut Treutlein in der Sitzung. Mit der stetigen Erhöhung sei man an jedem Maß vorbeigegangen, was auch zu eklatanten Differenzen im Vergleich mit Nachbarkommunen geführt hat. Auslöser sei das »Haushalts-Schicksal« gewesen, »wir waren unter Zwang«. Doch es gebe keine Akzeptanz der Eltern mehr, dass sie für die klammen Stadtkassen herangezogen werden - so ein gern angeführtes Argument der Eltern. In Familien gehe es finanziell ohnehin eng zu, »Kinder kosten einen Haufen Geld«, so Treutlein. Mit einer Absenkung um 25 Prozent würde Reutlingen etwa das Niveau der Nachbarstädte Tübingen oder Metzingen erreichen.
Die Verwaltung hat bereits mehrere mögliche »Reduzierungs-Varianten« durchgerechnet, eine prozentuale Absenkung mit Beibehaltung der Einkommensstufen sei einfach und unbürokratisch machbar, erklärte Karin Glück, stellvertretende Amtsleiterin des Sozialamtes. Am System an sich wollen die meisten Fraktionen auch festhalten. »Unsere Sozialstaffelung ist gut, die kann sich sehen lassen«, betonte Treutlein.
"Wir hegen durchaus Sympathien
für diesen Vorschlag"
Allerdings hat diese Absenkung um ein Viertel der Gebühren einen ziemlichen Haken: Für die Stadt Reutlingen würde das Mindereinnahmen in Höhe von 1,8 Millionen Euro bedeuten. Wie man dieses Minus ausgleichen wolle, »darauf können wir keine Antwort geben«, räumte Treutlein ein. Dennoch zeigte sich zumindest die Freie Wähler Vereinigung (FWV) angetan von dem Antrag. »Wir hegen durchaus Sympathien für diesen Vorschlag«, sagte Kurt Gugel. Auch von der WiR-Fraktion haben Elternvertreter bereits signalisiert bekommen, dass sie den Vorschlag mittragen könnten.
Verwaltungsbürgermeister Robert Hahn mahnte dennoch, den Antrag mit einem »Deckungsvorschlag zu versehen«. Einen Betrag von fast zwei Millionen Euro könne man nicht beschließen, indem man aus der Hüfte schieße. »Wir müssen das Thema in toto in den nächsten Haushaltsplan einpflegen«, so Hahn. Allerdings stehe der unter einem enormen Konsolidierungsdruck. Dieser könne sich angesichts der Weltlage noch erhöhen, »bei dem ganzen Kladderadatsch, den der Trump veranstaltet«, sagte Hahn.
Der CDU schwebt übrigens eine Absenkung der Gebühren um 10 Prozent vor, sowie eine Berechnung nach dem Bruttoeinkommen. »Wir haben uns viele Gedanken gemacht um das Thema«, erklärte Gemeinderätin Anna Mylona, allerdings wolle man den CDU-Antrag mit in die Haushaltsberatungen nehmen. Die Not der Eltern ist also erkannt, aber eine Umsetzung wird weiter auf sich warten lassen. (GEA)
Weiterer Antrag: Anhebungen aussetzen
Bereits für die Jahre 2024 und 2025 hat der Gemeinderat beschlossen, das Besuchsgeld nicht weiter anzuheben. Dieses Aussetzen einer Gebührenerhöhung soll auch 2026 beibehalten werden - so ein weiterer Antrag der SPD.
Da die Stadt in den Vorjahren immer der Empfehlung einer Anhebung nach dem Landesrichtsatz gefolgt sei, sei man erst in diese Situation gekommen, blickte Verwaltungsbürgermeister Rebert Hahn zurück. Daher wertet Hahn diesen Antrag als wichtig und einen »Riesengewinn«, andernfalls würden die Gebühren im kommenden Jahr erneut um 7 Prozent steigen. »Es wäre schon viel gewonnen, wenn wir nicht erhöhen«, so Hahn. (awe)