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Besuch beim Rommelsbacher Chor »No Limit«

Seit starken zehn Jahren leitet Sarah Betzitza den Chor »No Limit« im Rommelsbacher Sängerkranz. Dafür wurde ihr unlängst ein Konzertabend gewidmet. GEA-Besuch bei einer offenen Übungsstunde.

Sarah Betzitza ist seit starken zehn Jahren Chorleiterin der Gruppe »No Limit« im Rommelsbacher Sängerkranz.
Sarah Betzitza ist seit starken zehn Jahren Chorleiterin der Gruppe »No Limit« im Rommelsbacher Sängerkranz. Foto: Steffen Schanz
Sarah Betzitza ist seit starken zehn Jahren Chorleiterin der Gruppe »No Limit« im Rommelsbacher Sängerkranz.
Foto: Steffen Schanz

REUTLINGEN-ROMMELSBACH. Li-le-la-lo-lu. Brrrr. La, la, la, Brrr. Ssssss. Schluchzer. Seufzer. Die Töne und Laute, die an diesem Übungsabend im Vereinszimmer des Rommelsbacher Sängerkranzes zur buchstäblichen Einstimmung angeschlagen werden, kratzen ein wenig in den Gehörgängen. Nicht alle. Aber manche eben schon. Doch das soll so sein. Denn das ist notwendig, wenn es darum geht, die Stimmbänder fürs Gesangsstündle behutsam in Schwingung zu versetzen und sich aufs Intonieren und verständliche Artikulieren von Popsongs, Schlagern oder Gospels vorzubereiten.

Sogar die Körperhaltung – das ist unübersehbar – singt mit. Nicht stocksteif sollen die Teilnehmer dastehen; und ihre Schulterpartie auf keinen Fall verkrampfen. Weshalb zunächst ein paar gymnastische Lockerungsübungen fällig werden, ehe sich Sarah Betzitza an den Flügel setzt und eine bunt zusammengewürfelte Truppe dazu ermuntert, das erste tatsächliche Lied zu Gehör zu bringen.

Dreißig Sängerinnen und Sänger haben sich um die Chorleiterin geschart. Darunter solche, die der »No Limit«-Gruppe des Sängerkranzes angehören, darunter aber auch andere, die sich einfach mal musikalisch und gänzlich unverbindlich ausprobieren möchten. Was deshalb möglich ist, weil heute ein »Offenes Singen« auf dem Programm des traditionsreichen Rommelsbacher Vereins steht. Hierbei handelt es sich um ein neues Format, das erstmals im Februar dieses Jahres an den Start ging und sich sofort einiger Beliebtheit erfreute.

»Ursprünglich wollte ich Musik studieren«

»Wir hoffen, dass sich das ›Offene Singen‹ etablieren und weitere Leute zum Mitmachen anregen wird«, sagt Sarah Betzitza, die bei den »No Limits« seit starken zehn Jahren den Takt vorgibt. Für dieses Engagement wurde die inzwischen 35-Jährige unlängst mit einem Jubiläumskonzert geehrt. Ein anrührend-schöner Abend, so die Mutter zweier Kleinkinder, sei es gewesen – »mein persönliches Highlight« innerhalb einer Dekade Laienchor-Leitung, die indes jede Menge weiterer Sternstündle hervorgebracht hat. Zumal es für Sarah Betzitza stets einem Glücksmoment gleichkommt, wenn sich »ihr« Chor zum stimmigen Klangkörper vereint und mit etwas Übungsfleiß Konzertfähigkeit erlangt.

Wobei es, wie die Chorleiterin betont, bei den »No Limits« weniger auf Perfektion ankommt, als auf schiere Sangesfreude. »Spaß«, so Betzitza, »soll das Singen in erster Linie machen« – ohne den Druck, ein einstudiertes Repertoire zwingend zur Bühnenreife bringen zu müssen. Denn die stellt sich irgendwann von selbst ein. Mal etwas später, mal etwas früher. Je nachdem, wie anspruchsvoll die Stücke sind, die in entspannter Atmosphäre erarbeitet werden. Freilich nicht beim »Offenen Singen«, sondern im Rahmen der regulären Übungsabende des sogenannten Jungen Chores mit dem Namenszusatz »No Limit«.

»Das Singen soll in erster Linie Spaß machen«

Junger Chor? Hm. Optisch erscheint die aus zwei Drittel Frauen und einem Drittel Männer bestehende Combo eher »mittelalterlich«. Ein Schein, der keineswegs trügt und Sarah Betzitza zum Lachen bringt. »Der Titel bezieht sich nicht auf die Sängerinnen und Sänger, sondern auf die Chorliteratur«, erklärt sie mit Hinweis darauf, dass die zwischen 20 und 65 Lenze zählende Stammformation weniger Bachkantaten oder Kunstlieder anstimmt, als vielmehr Klassiker der Pop-Geschichte oder andere Ohrwürmer.

Ob Udo Jürgens, Klaus Lage, Peter Maffay oder Freddie Mercury – gesungen wird, was gefällt. Und wenn das Gefällige vom Komponisten nicht für Chöre vorgesehen war, dann kann es schon mal vorkommen, dass Betzitza das Notenmaterial arrangiert. Was nahelegt, dass die Frau am Flügel über profunde musikalische Kenntnisse verfügt.

Tatsächlich, verrät sie, »wollte ich ursprünglich Musik studieren«. Doch daraus wurde nichts: weil die damals frischgebackene Abiturientin – sie wurde in eine sangesfreudige Familie hineingeboren – die Aufnahmeprüfung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart nicht auf Anhieb bestand. »Mir ist in diesem Moment klar geworden, dass es mit enormem Aufwand verbunden gewesen wäre, die Anforderungen zu erfüllen. Das wollte ich nicht. Ich wollte mir den Spaß an der Musik bewahren.«

Lust auf popularmusikalischen Chorgesang?

Von ABBA bis zum Zottelmarsch: Wer gerne singt oder es zumindest mal ausprobieren möchte, ist beim Jungen Chor »No Limit« im Rommelsbacher Sängerkranz richtig. Unter der Leitung von Sarah Betzitza sind es überwiegend popularmusikalische Stücke, die angestimmt werden. Geübt wird – jenseits der Schulferien – immer mittwochs von 19 bis 20.30 Uhr im Vereinszimmer des Rommelsbacher Sängerkranzes im Untergeschoss der örtlichen Turn- und Festhalle (Tannheimer Straße 9). Anmeldung ist nicht erforderlich. (ekü)
www.saengerkranz-rommelsbach.de

Deshalb griff Plan B. Anstatt ihr Klavierspiel zu professionalisieren und sich mit Tonsatz, Dirigat und derlei Fächern mehr zu befassen, studierte Sarah Betzitza Theologie, Latein und Griechisch auf gymnasiales Lehramt. Heute verdient sie ihre Brötchen an einer Grundschule: weil es nach dem Examen an den Abiturienten-Schmieden »keinen Bedarf für meine Fächer gab« – warum auch immer.

Unglücklich hat die 35-Jährige diese zwangsläufige Umorientierung nicht gemacht. Im Gegenteil. »Ich unterrichte Kinder gerne.« Ebenso gerne wie die Mitglieder von »No Limit«, die in Betzitza eine Chefin gefunden haben, die zwar kein Musikhochschul-Diplom mitbringt, wohl aber einen C-Musiker-Abschluss mit Schwerpunkt Popularmusik. Was sie überdies mitbringt? Ein gerüttelt Maß an Motivationstalent.

»Ich wollte mir den Spaß an der Musik bewahren«

Betont niederschwellig gestaltet Sarah Betzitza ihre Übungsstunden. Weder verlangt sie von den Sängerinnen und Sängern Notenkenntnisse, noch ehrgeiziges Training. Und die Behauptung »Ich kann nicht singen«, lässt sie schlichtweg nicht gelten. Zumal ihr noch niemals ein Fall begegnet ist, auf den dieses absolute »Nicht-Können« zugetroffen hätte.

Wie jedes Instrument, so Sarah Betzitza sinngemäß, müsse auch die menschliche Stimme gepflegt werden. Höhere und tiefere Lagen zu erreichen, sei – vom individuellen Tonumfang einmal abgesehen – weniger eine Frage des Könnens, als eine solche des Praktizierens. Oder anders ausgedrückt: Nur wer (idealerweise unter fachkundiger Anleitung) singt, wird irgendwann gut oder zumindest besser singen können.

Und wer nach Lektüre dieses Artikels Lust darauf bekommen hat, sein bisheriges Dasein als Wohnzimmer- oder Badewannen-Solist aufzugeben und seine Stimmbänder zusammen mit anderen Musikfreunden in Schwingung zu versetzen, der ist beim Jungen Chor »No Limit« im Rommelsbacher Sängerkranz sehr willkommen. Sogar ohne Anmeldung. Einfach dazustoßen und in den Gesang mit einstimmen! (GEA)