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Bald wieder Leben im Reutlinger Breuninger?

Die Biosphären-Manufakturenhalle soll am Reutlinger Marktplatz in der zweiten Jahreshälfte öffnen. Die Breuninger-Immobilie ist weiter der Favorit. Doch es gibt noch viele Fragezeichen.

Ende November hat sich der Stuttgarter Modekonzern Breuninger aus der Innenstadt von Reutlingen zurückgezogen.  Seitdem steht die Immobilie am Marktplatz leer. Foto: Frank Pieth
Ende November hat sich der Stuttgarter Modekonzern Breuninger aus der Innenstadt von Reutlingen zurückgezogen.  Seitdem steht die Immobilie am Marktplatz leer.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Abgeklebte Scheiben an einer Vorzeige-Immobilie am Marktplatz: Das ist es etwas, was in Zeiten des Strukturwandels der Innenstädte keiner haben will. Und so erfreut sich das, was sich hinter den Kulissen der Reutlinger Breuninger-Immobilie tut, großen Interesses.

Zieht tatsächlich in der zweiten Jahreshälfte die »Reutlinger Biosphären-Manufaktur« ein, wie es auf der Website der Bürgergenossenschaft heißt, die das Projekt betreibt? Breuninger gibt sich bedeckt. »Wir prüfen derzeit sämtliche Nutzungsoptionen unserer Reutlinger Immobilie. Dafür sind wir im engen und sehr konstruktiven Austausch mit der Stadt sowie den weiteren relevanten Stakeholdern«, heißt es in Stuttgart bei der Pressestelle des Unternehmens als kurze Antwort auf einen umfassenden Fragenkatalog. Man verspricht Information, »sobald eine finale Konzeption zur weiteren Nutzung der Immobilie vorliegt«.

Schwieriger Markt

Als gesichert darf betrachtet werden, dass das Haus derzeit der favorisierte Standort der Bürgergenossenschaft für die Manufakturenhalle ist. Doch wie weit sind die Verhandlungen gediehen? Wie soll die Miete der großen Hauses in 1-A-Lage gestemmt werden? Wer finanziert Umbau- und Ertüchtigungsarbeiten? Und: Will Breuninger die Immobilie überhaupt behalten? Ist vielleicht nur eine Zwischenlösung möglich? Die Eigentümerfamilien planen, wie letzten Herbst überraschend bekannt wurde, den Verkauf von Handel und Immobilienbesitz. Doch ist der Markt für solche Immobilien derzeit schwierig.

Zu Details der Verhandlungen in Sachen Reutlingen möchte sich Reiner App, der Vorsitzende der »Köpfe für Reutlingen« und Mitinitiator der Bürgergenossenschaft, nicht äußern. Er betont, dass man keine Zwischenlösung suche. Die Manufaktur-Betriebe, die einziehen sollen, seien an langfristigen Mietverträgen interessiert. Müssten sie doch zunächst investieren, etwa in Equipment wie Öfen oder Kühlgeräte, um das nötige Umfeld für ihre Waren und Herstellungsvorführungen zu schaffen.

Gut 580 Genossen

Derweil wird offensichtlich bereits an Konkreterem gefeilt. Reiner App bestätigt, dass der Reutlinger Architekt Jochen Schmid (Büro Hartmaier+Partner) mit im Boot ist. Die Reutlinger Beratungsunternehmen RWT arbeite an einem Business-Plan, die Kanzlei Völker & Partner entwickle Mietverträge. Die bereits gegründete Betriebsgesellschaft – mehrheitlich aus der Bürgergenossenschaft bestehend – werde Hauptmieter der Immobilie. Das auch auf der Website der Genossenschaft publizierte Ziel »Eröffnung im zweiten Halbjahr 2025«, wird von App bekräftigt.

Dass Externe diese Zuversicht nicht unbedingt teilen, legt die Entwicklung der – weiter in Gründung begriffenen – Bürgergenossenschaft nahe. Nach einem guten Start stagniert das Interesse an den Genossenschaftsanteilen: 4.000 sind als Zielpunkt ausgerufen. Aktuell liegt die Zahl bei 582.

Dass die Hängepartie um den Standort keine gute Werbung fürs Projekt ist, weiß auch Reiner App. Zugleich müssen auch die Betriebe, die in die Halle einziehen wollen, um dort ihr Handwerk vorzuführen und Waren anzubieten, bei Laune gehalten werden. Wie viele in dieser eher von Investitionszurückhaltung geprägten Zeit noch bei der Stange sind, auch das will Reiner App nicht verraten.

Ursprünglich war von sechs Manufakturen die Rede. Das war allerdings zu Zeiten, als der Standort Metzgerstraße 59 als gesetzt galt. In seiner Schwörtagsrede im Juli hatte Oberbürgermeister Thomas Keck das Interesse der »potenziellen beteiligten Akteure« als »derart überwältigend« bezeichnet , dass er sich frage, »ob die gewählte Örtlichkeit überhaupt ausreichen wird, um es abzubilden«.

Platz gäbe es nun mit der Breuninger -Immobilie genug: Dem Vernehmen nach drei Etagen soll das Manufakturenkonzept bespielen. Laut Reiner App will man dort ein »abgestimmtes Angebot an Waren und Erlebnis bieten, das sich gut ergänzt«. Das Konzept verschiedene Anbieter unter einem Dach zu vereinen, sieht er als zielführend an – fürs Projekt und die Innenstadtbelebung generell. Studien zeigten, dass »Malls zulegen«.

Macher versprechen »wegweisendes« Konzept

Man wolle ein »Biosphären-Erlebnis-Zentrum« kreieren. Virtual-Reality-Show, Kinderspielplatz, ein Garten: Neben Manufakturen, in denen Handwerkskunst präsentiert und regionale Produkte zum Verkauf angeboten werden, sind weitere Anziehungspunkte geplant. Auch Kultur soll Platz finden. Die Württembergische Philharmonie habe bereits Interesse bekundet. App verspricht ein »wegweisendes Konzept«. Das soll im ersten Halbjahr 2025 zunächst einmal soft starten – mit »Pop-up-Manufakturen« im Breuninger-Ensemble.

Noch bis Ende August kann die Genossenschaft derweil den namensgebenden Standort in der Metzgerstraße 59 nutzen, die auf der Homepage der Genossen, in ihrem Werbematerial und auch auf der städtischen Website weiterhin als Manufaktur-Location (die »M 59«) beworben wird. Was irritiert. »Augen zu und durch«, sagt App, der hier keine Zwischenlösung, sondern den Abschluss der Breuninger-Verhandlungen abwarten möchte. Die Umstellung der Website sei »in Vorbereitung«.

Visualisierungen  der Idee Manufakturenhalle gibt es aktuell nur für die Location  Metzgerstraße 59.
Visualisierungen der Idee Manufakturenhalle gibt es aktuell nur für die Location Metzgerstraße 59. Foto: Genusspaten
Visualisierungen der Idee Manufakturenhalle gibt es aktuell nur für die Location Metzgerstraße 59.
Foto: Genusspaten

In die Metzgerstraße 59 sind derweil auch das Kulturnetzwerk aus seinem Interim in der Wilhelmstraße und die Café-Bar »Welt-Raum« vom Weibermarkt umgezogen. Doch endet für diesen Standort Ende August der ZIZ-Förderzeitraum und damit auch die aus dem Bundesprogramm geförderte Mietübernahme.

Ist die Metzgerstraße 59 danach als verfügbare Location passé? Die Stadtverwaltung gibt dazu keine klare Auskunft: »Das ist zunächst Entscheidung des Vermieters«, heißt es auf Nachfrage. Bleibt zu hoffen, dass die Biosphären-Manufaktur, die ja ein Kernstück der Biosphären-Stadt Reutlingen werden soll, nicht wieder heimatlos wird. Schon die Suche nach der Location Metzgerstraße hatte sich ja beträchtlich hingezogen.

Was passiert mit dem Konzept Biosphärenstraße Metzgerstraße?

Und: Ehrenamt in Ehren, aber kann die – in Gründung befindliche – Genossenschaft ein Projekt stemmen, das ja nun ganz andere Dimensionen anzunehmen scheint? Aus dem städtischen Finanz- und Wirtschaftsressort heißt es auf Nachfrage schriftlich: Aus Sicht der Stadtverwaltung sei mit derzeit 582 Genossen »ein erster vielversprechender Schritt gelungen«. Das Projekt bietet aus Sicht der Stadtverwaltung auch »genügend Potential, dass die Genossenschaft weiter wächst«.

Ob mit dem potenziellen neuen Standort auch die Idee der Metzgerstraße als »Biosphärenstraße« ausgedient hat? Die Verwaltung scheint an diesem Konzept nicht zu hängen. Dies sei »eine Idee des Vereins ›Köpfe für Reutlingen‹«. Und weiter heißt es: Parallel zu den Planungen der Biosphären-Manufaktur durch die Genossenschaft laufen vonseiten der Stadtverwaltung im Zuge des ZiZ-Förderprogramms Planungen zur Etablierung des Themas Biosphäre in der Innenstadt. Auf welchen Bereich sich dies beziehen wird, könne derzeit allerdings noch nicht gesagt werden. (GEA)