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Aus für Farb-Tattoos? Was Tätowierer aus Reutlingen sagen

Farb-Tattoos droht das Aus: Die Europäische Chemiekalienagentur (ECHA) empfiehlt ein Verbot der Farbpigmente »Blue15 (74160)« und »Green7 (74260)«. Was würde das für die Szene bedeuten? Wir haben uns in Reutlinger Studios umgehört.

Tätowierer befürchten Einbußen: Wenn blaue und grüne Pigmente verboten werden, fallen 70 Prozent aller Farb-Tattoos weg. Foto: dpa
Tätowierer befürchten Einbußen: Wenn blaue und grüne Pigmente verboten werden, fallen 70 Prozent aller Farb-Tattoos weg.
Foto: dpa

REUTLINGEN. Es wird im Netz wieder kontrovers über ein nahendes, europaweites Gesetz diskutiert: Blaue und grüne Farbpigmente sollen bald nicht mehr erlaubt sein, wenn es nach der Europäischen Chemiekalienagentur geht. Tätowierer Manuel Entrich vom Studio »Pow Wow« in der Reutlinger Kaiserstraße hat eine klare Meinung zum geplanten Verbot: »Das basiert auf keiner Grundlage und wäre fatal für uns.« Ein Verbot würde nämlich nicht nur dazu führen, dass es bald keine blauen und grünen Tattoos mehr gibt. Da Blau und Grün zu den Grundfarben gehören, wären auch viele Farbmischungen nicht mehr möglich - »uns würden fast 70 Prozent aller Farben wegfallen«, so Entrich. »Das ist, als ob man im Wasserfarbkasten plötzlich die wichtigsten Farben streicht.« Im »Pow Wow« werde zwar rund 80 Prozent des Umsatzes mit schwarzen Tattoos gemacht. Laut Entrich ist das aber eine Spezifität des Schwabenlandes: »Hier trauen sich die Leute nicht so viel Farbe zu.« In anderen Bundesländern sei der Anteil der Farb-Tattoos am Umsatz eines Studios höher, sagt er.

Hintergrund der Debatte: Besagte Blau- und Grünpigmente sind in der EU-Kosmetikverordnung für Haarfarben mittlerweile verboten. Tattoo-Farben werden ebenfalls zu Kosmetika gezählt - deswegen soll auch hier ein Verbot kommen. Das ist falscher Aktionismus, findet Tätowierer Entrich: »Wären die Pigmente wirklich giftig, wären sie doch schon längst verboten.«

Auch Kai Schlegel vom Tattoostudio »Mad Hat« in der Reutlinger Karlstraße findet kein gutes Wort an dem geplanten Verbot: »Das ist lächerlich«, sagt er. Was er außerdem zu bedenken gibt: Wenn die Faben Blau und Grün in der EU verboten werden, bestehe die Gefahr, dass sich viele Studios die besagten Farben eben aus Nicht-EU-Ländern besorgen. »Und das ist ja noch gefährlicher - da weiß man ja gar nicht mehr, was in den Farben drin ist.« 

Am Mittwoch, 15. Januar, startete der Tätowierer Jörn Elsenbruch eine Online-Petition mit dem Namen »#tattoofarbenretten - 2020«. Wenn diese Petition 50 000 Unterzeichner findet, wird im Bundestag über das Thema beraten - und diese Zahl hatte sie schon innerhalb von weniger als einem Tag erreicht. Mittlerweile, rund 48 Stunden nach dem Start der Petition, haben beinahe 100 000 Menschen unterzeichnet - und sie läuft noch bis zum 15. Februar. Die Forderung der Petition: »Der Bundestag möge beschließen, das Vorhaben der ECHA (...) für die Herstellung von Tätowiermitteln zu verbieten, zu verhindern oder abzulehnen.« Auch die Reutlinger Tätowierer, mit denen der GEA gesprochen hat, haben die Petition unterschrieben. Etwas Gutes habe die ganze Debatte immerhin, sagt Kai Schlegel vom »Mad Hat«: »Man sieht, wie die Szene jetzt zusammenhält.« (GEA)