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Aus dem Reutlinger »Nepomuk« wird »l'okapi«

Neubeginn statt »Nepomuk 2.0«: Zumindest der beliebte Biergarten beim franz.K in Reutlingen wird zunächst interimsmäßig weitergeführt. Die neue Pächterin stellt sich und ihr Konzept vor.

So sieht's aktuell aus im Biergarten beim franz.K in Reutlingen: Vergilbte Lampions, die noch in einigen Zweigen hängen, sollen weg. Foto: Claudia Reicherter
So sieht's aktuell aus im Biergarten beim franz.K in Reutlingen: Vergilbte Lampions, die noch in einigen Zweigen hängen, sollen weg.
Foto: Claudia Reicherter

REUTLINGEN. Ende vergangenen Jahres war klar: Nach 40 Jahren muss das »Nepomuk«, das 1993 vom Café an der Ecke Burg- und Urbanstraße ins ehemalige Foyer Cinema der französischen Garnison in Reutlingen umgezogen war, schließen. Anfang Dezember 2024 hatte das selbstverwaltete soziokulturelle Zentrum mit Restaurant, Spielecke, Biergarten und legendären Tanzveranstaltungen Insolvenz angemeldet. Am 31. Dezember war das »Nep« Geschichte. Darauf folgt jetzt die erfreuliche Nachricht: Es gibt eine Nachfolge. Zumindest der beliebte Biergarten Unter den Linden wird zunächst interimsmäßig weitergeführt.

»Wir fragten uns, was macht ein soziokulturelles Zentrum aus?«, erklärt Sarah Petrasch, eine von zwei Geschäftsführerinnen des 2008 im selben Gebäude nebenan aus dem Foyer U3 hervorgegangenen Kulturzentrums franz.K, dessen Trägerverein heute Hauptpächter des städtischen Gebäudes ist. Neben Veranstaltungen zeichne sich das als »Ort der Begegnung« aus. Dafür stand nicht zuletzt »der wunderbare Biergarten«. Der sollte so schnell wie möglich wieder belebt werden. So kam es, dass nur »knapp vier Monate nach dem Verlust des Nepomuk schon etwas Neues in Aussicht stand«. Co-franz.K-Chefin Claudia Heldt erzählt, wie sie mit verschiedenen Bewerbern für dieses städtische Schmuckstück sprach. Von denen wollten viele allerdings die Innen- und Außengastronomie nur zusammen übernehmen. Dabei war für diese Saison explizit ausschließlich der Biergarten ausgeschrieben, denn die Küche im Innern muss erst saniert werden.

»Ich hab' mir zugetraut, die Bewirtung eigenverantwortlich alleine aufzuziehen«

Deshalb hat Vanessa Simon den Zuschlag erhalten, die sagt, »ich hab' mir zugetraut, das eigenverantwortlich alleine aufzuziehen«. Strahlend stellen Sarah Petrasch und Claudia Heldt nun die neue Inhaberin und Betreiberin des Biergartens vor. Die gelernte Hotelfachfrau hat sich in BWL und als »Personalerin« weitergebildet und war »viel im Veranstaltungsmanagement tätig«, wie die 40-Jährige selbst erklärt. Manchen Reutlingern mag sie übers Baff - Bildung, Aktion, Feste, Freizeit - der Bruderhaus-Diakonie und Lebenshilfe im Kaffeehäusle, wo sie in der Erwachsenenbildung und Kulturarbeit tätig war, bekannt sein. »Dadurch hab' ich mir ein schönes Netzwerk aufbauen können.«

Die Nepomuk-Nachfolge zumindest für den Biergarten steht fest: Vanessa Simon (Mitte) ist für diese Saison die Pächterin.  Sarah
Die Nepomuk-Nachfolge zumindest für den Biergarten steht fest: Vanessa Simon (Mitte) ist für diese Saison die Pächterin. Sarah Petrasch (links) und Claudia Heldt vom Kulturzentrum franz.K freuen sich mit ihr über den Neubeginn. Foto: Steffen Schanz
Die Nepomuk-Nachfolge zumindest für den Biergarten steht fest: Vanessa Simon (Mitte) ist für diese Saison die Pächterin. Sarah Petrasch (links) und Claudia Heldt vom Kulturzentrum franz.K freuen sich mit ihr über den Neubeginn.
Foto: Steffen Schanz

»Wir sind hocherfreut und gespannt, was sich daraus entwickelt«, sagt Sarah Petrasch. Sie sieht in der Zusammenarbeit mit Vanessa Simon »einen fantastischen Gewinn«. Die richte derzeit gezielt kein »Nepomuk 2.0« ein. Alle drei Frauen sehen darin vielmehr einen Neubeginn. Zum Fototermin ist die aus Bruchsal stammende und aktuell in Tübingen lebende Pächterin am letzten Apriltag des Jahres schnell aus den »Baustellenklamotten« rausgeschlüpft. Denn in dem beliebten Biergarten mit seinen sieben stattlichen Ahorn- und Lindenbäumen ist noch allerhand zu tun, wenn der am Samstag, 10. Mai, wie geplant als »l'okapi« ins Eröffnungswochenende starten soll.

»Das Kochen auf viereinhalb mal zweieinhalb Metern wird eine Herausforderung«

So sind die Biertische und Bierbänke jetzt statt Blau in einem eleganten Grau - offiziell heißt die Farbe "Mineralbraun" - gestrichen. Vergilbte Lampions, die noch in einigen Zweigen hängen, sollen weg. Dafür kommt im Laufe des Mittwochvormittags ein Neuzugang an: "Juhu, meine Küche kommt!", jubelt die frischgebackene Biergarteninhaberin, bevor sie den gemieteten Food-Truck aus dem hessischen Limburg mit Petrasch, Heldt und weiteren Helfern in Millimeterarbeit durchs Tor und über den Schotterweg manövriert. Seinen Platz für diese Saison soll der schließlich neben dem Bürocontainer an der Rückseite des Gebäudes finden. Der ebenfalls grau lackierte Anhänger mit ausklappbarer Seite bietet zusätzlich zur Theke, die gerade runderneuert wird, alles, was ihr zukünftiger Küchenchef zur Arbeit braucht: Eis- und Kühlschränke, Wasseranschluss, Warmhalteflächen, Herd und Grill. Gewiss sei aber auch: »Das Kochen auf viereinhalb mal zweieinhalb Metern wird eine Herausforderung«, sagt die 40-Jährige.

Millimeter- und Zusammenarbeit: Vanessa Simon (links hinten) schützt die Botanik, während Claudia Heldt den Fahrer des Food  Tru
Millimeter- und Zusammenarbeit: Vanessa Simon (links hinten) schützt die Botanik, während Claudia Heldt den Fahrer des Food Truck, der künftigen Außenküche im ehemaligen Nepomuk-Biergarten, einweist. Foto: Claudia Reicherter
Millimeter- und Zusammenarbeit: Vanessa Simon (links hinten) schützt die Botanik, während Claudia Heldt den Fahrer des Food Truck, der künftigen Außenküche im ehemaligen Nepomuk-Biergarten, einweist.
Foto: Claudia Reicherter

Neben frisch gezapftem Bier und anderen Getränken will sie in dieser Saison Snacks, aber auch vollwertige Gerichte anbieten. »Eine kleine Speisekarte getreu dem Motto: übersichtliche Auswahl, viel Abwechslung.« Eventuell komme zur Food-Truck-Ausstattung noch ein Dampfgarer dazu, sagt Vanessa Simon.

»Egal, ob man gestreift oder gepunktet ist, alle sind hier willkommen«

Manches steht noch nicht fest, wird sich erst zeigen und entwickeln. So soll die gut 400 Quadratmeter große Gartenwirtschaft mit ihren Schotterflächen und Beeten unter schattenspendendem Grün zunächst Platz für etwa 80 bis 100 Gäste bieten. Das ist je nach Andrang aber ausbaufähig - auf bis zu 140 Sitz- und Stehtischplätze. Vorgesehen seien »verschiedene Aufenthaltsbereiche«: eine Familienecke mit Kinderspielen, eine Leseecke und ein »Bereich mit Tischkicker und gemütlichen Sitzgelegenheiten«. Frisch angekommen sind diese Woche schon vier neue große Sonnenschirme. Und dort, wo am hinteren Eck im Moment noch ein »Werkstatt-Zelt« steht, soll »eine regenfeste Alternative« geschaffen werden.

Dahinter steht ein Holzpferd, das uns zur Namensgebung führt: Das Okapi ist ein lustig wirkendes Huftier, braun mit weißen Beinen, Streifen und wippenden Schlappohren. Eine Art Zebragiraffe, die vorrangig in kongolesischen Regenwäldern lebt. Das "l" mit Apostroph in "l'okapi" soll an die Geschichte des Areals als ehemaliger französischer Militärtreffpunkt erinnern. Den einzelnen Buchstaben im Tiernamen gesellt Vanessa Simon die Eigenschaftswörter offen, kreativ, alternativ, persönlich und individuell hinzu. Ergo: »Egal, ob man gestreift oder gepunktet ist, alle sind hier willkommen«, sagt sie.

Mit fünf Festangestellten und Aushilfen - insgesamt wohl etwa zehn »alten und neuen Gesichtern« - will die Pächterin das »l'okapi« ihrem Vertrag entsprechend als saisonale Gartenwirtschaft bis Ende Oktober 2025 führen. »Gibt es keine Probleme, wird stillschweigend verlängert. Dazu besteht die Option, sich im September zusammenzusetzen, um über 2026 zu sprechen«, sagt Claudia Heldt, die im franz.K für Personal und Hausmanagement zuständig ist. »Wir können nicht absehen, wie das mit der Renovierung läuft«, erklärt Sarah Petrasch. Doch die Stadt habe »wirklich Interesse, dass letztlich innen und außen wieder eröffnet wird«. Und Vanessa Simon möchte sich nach dieser Saison ohnehin auch auf die Vollgastro bewerben. Zunächst hofft sie aber auf vielfältige Gäste und viel Sonne in diesem Sommer - regnen dürfe es gern zwischen 1 und 8 Uhr früh. (GEA)

Öffnungszeiten

Öffnen möchte die neue Betreiberin den Biergarten »l'okapi«, Unter den Linden 23, von 10. Mai bis Ende Oktober jeweils mittwochs bis sonntags in der Kernzeit zwischen 16 und 23 Uhr. Je nach Wetter oder Gästeaufkommen können diese Öffnungszeiten variieren. Infos gibt es auf der Internetseite. (dia)