REUTLINGEN. Die Verzweiflung ist groß: »Wir können nicht mehr - sind personell am Limit und haben ein massives Platzproblem. Die vorhandenen Igelboxen sind alle belegt«, schreibt das Tierheim Reutlingen auf Instagram. »Jetzt ist Igelhochsaison«, sagt Sabine Mayer von der Kleintierstation.
Derzeit werden in der Station 20 Igel untergebracht. »15 davon sind krank«, sagt sie. Sie haben vorwiegend eitrige Stacheln. Milben befallen sie und verursachen Entzündungen. Die Behandlung sei in solchen Fällen langwierig. »Außerdem sind viele verwurmt.« Diese Tiere müssen täglich gewogen werden, damit sie eine entsprechende Entwurmungskur bekommen.
Dann gibt es noch die Kleinen, die aufgrund des Insektensterbens kein Futter finden und somit unterernährt sind, während andere durch Mähroboter verletzt wurden. Ehrenamtliche versuchen, sie alle rund um die Uhr aufzupäppeln. Hinzu kommt die Reinigung der Boxen und Näpfe, die auch viel Zeit abverlangt. Wie Heidi Renner, die Leiterin des Tierheims, verrät, melden sich hin und wieder Freiwillige, die bereit seien, Igel bei sich aufzunehmen. Wenn sie hören, wie intensiv man sich um die Tierchen kümmern müsse, merken sie, dass sie so etwas nicht übernehmen können. Die Möglichkeit, das Tierheim bei seiner Arbeit zu unterstützen, gibt es trotzdem. »Wer Igeln helfen möchte, kann auf der Homepage unsere Wunschliste für Kleintiere finden und Futter sowie Zubehör spenden«, sagt Mayer.
Das Tierheim hat seit Jahrzehnten ein Gütle in der Kleingartenanlage Wackersbronn von der Stadt gepachtet. »Dort haben wir früher Katzen ausgewildert«, sagt Renner. Die Überlegung, auf der Anlage schwache Igel auszuwildern, habe es bisher nicht gegeben. »Das wäre gar nicht möglich, so schwach und krank wie sie sind.« Auch gebe es nicht ausreichend Personal für so ein Vorhaben.
Gärten naturfreundlicher gestalten
Im Oktober 2024 wurde der Igel von der Weltnaturschutzunion (IUCN) als »potenziell gefährdet« in die Rote Liste aufgenommen, was ihn erstmals als bedrohte Art kennzeichnet. Um zu verhindern, dass immer mehr Igel in Gefahr sind, appelliert Mayer an die Gartenbesitzer: »Benutzt keine Mähroboter und gestaltet eure Gärten naturfreundlicher.« Ein weiterer Tipp: »ein Igelhaus besorgen. Dort hochwertiges Katzenfutter für Igel bereitstellen.« Flüssigkeit ist für die stacheligen Lebewesen ebenso wichtig. Der Metzinger Ortsverein des NABU betont auf seiner Homepage: »Igel haben Durst. Bitte stellen Sie Wasserschalen raus.«
Außer dem Tierschutzverein Reutlingen setzt sich noch die Igelschutz-Interessengemeinschaft Reutlingen für die kleinen Tierchen ein. Aber auch dieser Verein braucht dringend Unterstützung. "Wir suchen ganz dringend Ehrenamtliche und brauchen Spenden", sagt Mitglied Melanie Bauer aus Riederich. Sie kümmert sich um Notfälle. "Neulich, als es nachts sehr kalt gewesen ist, habe ich zahlreiche Anrufe bekommen. Der Kälteeinbruch setzt vielen Igel zu. Mit Zufütterung schaffen es manche zu überleben, andere nicht. Es ist eine Gratwanderung." Bauer weist auf Anzeichen hin, die signalisieren, dass ein Igel gefährdet ist: "Sobald er tagaktiv wird, hustet, schlitzförmige Augen hat, von Maden befallen oder total apathisch ist, braucht er Hilfe. Hat er einen Buckel, den sogenannten Hungerknick, ist er meistens untergewichtig. (GEA)
Kontakte bei Notfällen
Wer einen schwachen Igel findet, kann sich bei der Igelstation Riederich, bei Melanie Bauer unter 01608212358 melden. Auf Instagram ist Bauer unter Igelstation.Riederich zu ereichen. Igelkundige Tierärzte in Reutlingen sind laut NABU folgende: Dr. Alexander Hüttig, Telefon : 07121 - 1451350 und Dr. Leonie Lumpp, Telefon 07121 -1451010. (ifi)

