REUTLINGEN/TÜBINGEN. Jetzt ist sie also tatsächlich in der Region Neckar-Alb angekommen und fühlt sich hier offensichtlich heimisch. Denn die asiatische Hornisse (Vespa Velutina) hat die ersten Nester gebaut und sich entsprechend vermehrt. Das besorgt vor allem die hiesigen Imker und sie haben sich bereits an den Wildtierbeauftragten des Landkreises Reutlingen, Rupert Rosenstock, gewendet: »Die wissen, die asiatische Hornisse ist gefährlich für ihre Bienenvölker«, sagt Rosenstock im Gespräch mit dem GEA. »Honigbienen und ihre Brut stehen ganz klar auf dem Speiseplan der asiatischen Hornisse«, weiß er. Die aus Asien eingeschleppten, räuberischen Insekten dringen gerne in Bienenstöcke ein und fressen die dort lebenden Tiere. Ganze Bienenvölker können so vernichtet werden.
In Südeuropa, besonders in Frankreich, hat in den vergangenen Jahren wiederholt ein massives Bienensterben gegeben. Imkerverbände dort berichten von der Vernichtung von bis zu 80 Prozent der Bienenstöcke, mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Honigproduktion.
Bienenstöcke umbauen, um asiatische Hornissen abzuwehren
Dass es in der Region Neckar-Alb auch derart schlimm für die Bienenvölker kommen könnte, glaubt Rolf Frey, Bienen- und Hornissen-Experte beim Naturschutzbund Nabu, Ortsgruppe Reutlingen, nicht: »Ich rechne damit, dass die Ausbreitung der asiatischen Hornisse bei uns zu einem Schwund von etwa zehn Prozent bei unseren Bienenvölkern zur Folge haben könnte«, sagt er. Eine Aussicht, die hiesige Imker alles andere als beruhigen dürfte.
Für sie hat Frey Tipps, um die Tiere in ihren Bienenstöcken zu schützen: »Es kann helfen, die Einfluglöcher bei den Körben auf maximal sechs Millimeter Höhe zu verkleinern. Dann können die Hornissen nicht eindringen.« Und Rupert Rosenstock empfiehlt spezielle Gitter, die Imker bereits in größerem Umfang in Südeuropa vor und um ihre Bienenstöcke installieren, damit die invasiven Hornissen die Bienenvölker nicht angreifen können. Ganz schutzlos wären die Honigbienen in der Region damit nicht.
Honigbienen, Schmetterlinge, Fliegen, Käfer und Spinnen stehen auf ihrem Speiseplan
Mittlerweile sind solche Gitter-Konstruktionen auch hierzulande erhältlich. Im Internet vermarkten Anbieter verschiedene Modelle, auch solche zum selber bauen. Sie kosten zwischen 20 und 50 Euro. Auch Konstruktionen, die vor die Fluglöcher montiert werden können, um diese zu verkleinern und so für die invasiven Hornissen unzugänglich zu machen, sind im Angebot.
Doch nicht nur für Honigbienen stellen die Neuankömmlinge aus Asien eine Bedrohung war. Laut Experten von Nabu und der Naturschutzorganisation BUND, fressen die Hornissen gerne Schmetterlinge, aber auch Wespen, Fliegen, Käfer bis hin zu Spinnen stehen auf ihrem Speiseplan. Wie groß die Gefahr für die heimischen Tiere ist, lässt sich nach Expertenmeinung noch nicht klar abschätzen. Der Deutsche Imkerbund warnte erst kürzlich: »Unter den 50 Arten, die am häufigsten von den Asiatischen Hornissen gefangen wurden, befanden sich 43 Arten, die als Bestäuber auftreten, darunter auch Hummeln und Wildbienen.«
Für Menschen nicht gefährlicher als Wespen
Für den Menschen ist die asiatische Hornisse nicht gefährlicher als ihre europäischen Artgenossen. Sie sind laut Rolf Frey gegenüber Menschen nicht auffällig angriffslustig. Gefährlicher werde es allerdings, wenn man ihnen zu nahe kommt oder gar ihren Nestern. »Dann greifen sie an«, so Frey. Der Stich sei nicht wesentlich schmerzhafter oder giftiger als der einer Wespe oder Biene.
Die Landesanstalt für Bienenkunde an der Uni Hohenheim hat einen ganzen Katalog an Empfehlungen, wie man über das ganze Jahr hinweg der asiatischen Hornisse begegnen sollte und sie bekämpfen kann. Der »Kalender der Handlungsempfehlungen« beginnt mit dem Monat März und endet mit dem Oktober. Denn im März suchen sich, laut den Hohenheimer Bienenkundlern, die Königinnen einen geschützten Ort, um mit dem Bau eines neuen Nestes zu beginnen. Bereits ab 12 Grad Celsius werden sie demnach aktiv.
Kurse zur professionellen Entfernung der Nester
Alle Experten und Imkervereine raten in diesem Zusammenhang davon ab, in Eigeninitiative zu versuchen, Nester der asiatischen Hornisse selbst zu entfernen. Die Tiere hätten Stacheln von etwa sechs Millimetern Länge, dafür biete ein normaler Imkeranzug nicht ausreichend Schutz. »Es gibt mittlerweile auch Kurse, in denen Imker lernen können, wie sie solche Nester sicher entfernen können. Die dauern nicht länger als einen Tag«, weiß Roland Frey.

Doch wie sind die Insekten zu erkennen und vor allem von den europäischen Hornissen zu unterscheiden? An zwei bis drei markanten Merkmalen sind die Tiere zu erkennen: Sie sind mit etwa zweieinhalb Zentimetern etwas kleiner als die hiesigen Hornissen. Ihr Körper ist dunkelbraun bis schwarz und sie haben einen dunklen Hinterleib mit gelben Streifen. Am besten sind sie an ihren Beinen zu erkennen, die schwarz-gelb sind. Die europäische Hornisse hat braun-gelbe Beine.
Alle Experten, offiziellen Stellen, Imker und Bienenforscher gehen davon aus, dass sich die asiatische Hornisse überall im Land und auch der Region weiter ausbreiten wird und auch nicht mehr verschwinden wird. (GEA)
Wie ist die asiatische Hornisse in die Region gekommen?
Die Insektenart ist wahrscheinlich über Schiffe aus dem chinesischen Raum nach Europa eingeschleppt worden und breitet sich seit etwa 20 Jahren immer weiter aus. In der Region sind mittlerweile Nester unter anderem in Mössingen-Öschingen und zwischen Belsen und Bodelshausen entdeckt worden. Einzelne Tiere wurden bei Lichtenstein-Honau, in Mössingen-Talheim, in Tübingen und vor allem in Bad Urach nachgewiesen. Weitere Funde in der Region sind auf einer interaktiven Karte der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) eingezeichnet. Weil die asiatische Hornisse zu den invasiven Arten gehört sind die Tiere und ihre Nester meldepflichtig. Die Landesanstalt für Umwelt (LUBW) hat deshalb eine Meldeseite im Internet eingerichtet. Im Klartext: Alle, die eine asiatische Hornisse sehen oder sogar ein Nest, sollen dies auf dieser Seite eintragen, am besten noch mit Foto. Auf jeden Fall sollte bei der Entdeckung eines Nestes auch die untere Naturschutzbehörde informiert werden. Die ist beim jeweiligen Landratsamt angesiedelt. Dort gibt es weiterführende Hilfe.