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Angeklagter löst Alarm am Amtsgericht Reutlingen aus

Ein Feueralarm sorgte am Reutlinger Amtsgericht für Aufregung – ausgelöst von einem Angeklagten während einer Verhandlung. Welche Konsequenzen dem Übeltäter jetzt drohen.

Fünf Löschfahrzeuge der Feuerwehr rückten zum Amtsgericht Reutlingen an, machten sich aber schnell wieder auf den Rückweg.
Fünf Löschfahrzeuge der Feuerwehr rückten zum Amtsgericht Reutlingen an, machten sich aber schnell wieder auf den Rückweg. Foto: Denis Raiser
Fünf Löschfahrzeuge der Feuerwehr rückten zum Amtsgericht Reutlingen an, machten sich aber schnell wieder auf den Rückweg.
Foto: Denis Raiser

REUTLINGEN. Als plötzlich eine laute Sirene ertönte, herrschte kurzzeitig Aufregung im Reutlinger Amtsgericht. Alle Anwesenden verließen das Gebäude in der Gartenstraße. Nur wenige Minuten später trafen am Dienstagvormittag fünf Löschfahrzeuge der Feuerwehr ein – die Einsatzkräfte blieben jedoch ruhig sitzen. Denn schnell gab es für sie Entwarnung: Es brennt nicht. Den kuriosen Grund für den Fehlalarm nannte Richterin Insa Föhn auf eine GEA-Anfrage: Ein Angeklagter hatte den Feueralarm in einer ihrer Verhandlungen ausgelöst.

Der 20-Jährige war zu einer Verhandlung wegen Diebstahls und Sachbeschädigung geladen. Ihm wurde vorgeworfen, in der Müller Galerie Socken und »andere Kleinigkeiten« gestohlen zu haben, sagt Föhn. »Nichts, weswegen man ein großes Fass aufmacht.« Während einer Verhandlungspause wurde das gesamte Gebäude plötzlich durch den Alarm aufgeschreckt – offensichtlich hatte der Angeklagte die Pause genutzt, um den Alarmknopf am Haupteingang zu drücken.

Mutwilliges Auslösen eines Feueralarms ist strafbar

Ob er die kurze Aufregung zur Flucht nutzen wollte? »Aus welchem Grund er das getan hat, weiß ich nicht«, sagt die Richterin. »Das Motiv ist unklar – vielleicht war es ein Scherz, vielleicht wollte er einfach eine längere Pause.« Föhn geht allerdings nicht von einer gezielten Störaktion aus: »Er war mit der Situation überfordert. Er konnte gar nicht erfassen, was er da ausgelöst hat – und welche Konsequenzen das hat.«

Der Missbrauch von Notrufen ist im Strafgesetzbuch klar geregelt und kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe geahndet werden. Wer mutwillig einen Feueralarm auslöst, muss in der Regel auch die Einsatzkosten tragen. Auch im Reutlinger Fall »wird alles seinen üblichen Gang gehen«, so Föhn. Ob Anklage erhoben wird, liege nun bei der Staatsanwaltschaft. Allerdings zweifelt die Richterin daran, dass der Angeklagte in der Lage wäre, die Einsatzkosten zu tragen.

Der 20-Jährige ist bereits »gerichts- und psychiatriebekannt«, sagt Föhn. Er leidet an einer psychischen Erkrankung und stand schon mehrfach wegen ähnlicher Delikte vor Gericht. Hat ihm sein Fehlalarm-Fehlverhalten im Verfahren geschadet? »Für den Prozess spielte der Vorfall keine Rolle«, erklärt die Richterin. Eine längere Pause hat es ihm jedenfalls nicht gebracht – nach rund 15 Minuten wurde die Verhandlung bereits fortgesetzt.

Angeklagter muss ins Gefängnis

Am Ende Verhandlung wurde der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Strafmildernd wirkte sich aus, dass er als »vermindert schuldfähig« eingestuft wurde, so die Richterin. Ihm fehlt es laut Föhn an »Einsichts- und Steuerungsfähigkeit« – er könne das Unrecht seiner Taten nicht erkennen. Diese mangelnde Fähigkeit zeigte sich offenbar auch beim Auslösen des Feueralarms.

»Ich habe so etwas noch nie erlebt«, sagt Föhn, die seit 2013 als Richterin tätig ist. »Die meisten Angeklagten benehmen sich ordentlich und sind froh, wenn alles vorbei ist.« Diesen Verhandlungstag werden sie und ihre Kollegen nicht so schnell vergessen: »Nach der kurzen Aufregung können wir inzwischen alle darüber schmunzeln.« (GEA)