Logo
Aktuell Nahversorgung

Nach neuerlicher Achterbahnfahrt: Reichenecker Dorfladen plant Werbeoffensive

Auf und nieder gehen die Bilanzen in Reichenecks Dorfladen immer wieder. So mau wie es während der ersten Jahreshälfte 2024 lief, sah's jedoch nie zuvor aus. Zwar hat sich der kleine Nahversorger inzwischen wieder berappelt, in Sicherheit wiegen wollen sich seine genossenschaftlich organisierten Betreiber deshalb aber noch lange nicht. Was das Dorfladen-Team plant.

In der ersten Jahreshälfte 2024 ging es mit den Umsätzen in Reichenecks Dorfladen bergab. inzwischen hat sich der kleine Lebensm
In der ersten Jahreshälfte 2024 ging es mit den Umsätzen in Reichenecks Dorfladen bergab. inzwischen hat sich der kleine Lebensmittler wieder berappelt. Damit das auch so bleibt, denkt man über besondere Aktionswochen nach. Foto: Wolfgang Geisel
In der ersten Jahreshälfte 2024 ging es mit den Umsätzen in Reichenecks Dorfladen bergab. inzwischen hat sich der kleine Lebensmittler wieder berappelt. Damit das auch so bleibt, denkt man über besondere Aktionswochen nach.
Foto: Wolfgang Geisel

REUTLINGEN-REICHENECK. Bald zehn Jahre ist Reichenecks Dorfladen inzwischen alt – und hat während dieser ersten Dekade manch’ Achterbahnfahrt erlebt. Denn immer wieder ging es mit den Umsätzen rauf und runter. Zuweilen steil, mitunter sanft, aber glücklicherweise nie dauerhaft in den Keller: weil es den ehrenamtlichen Betreibern des genossenschaftlich getragenen Nahversorgers ein ums andere Mal gelungen ist, das Ruder rumzureißen. Sodass am Ende eines jeden Geschäftsjahres entweder eine schwarze Null oder sogar ein kleines Plus erwirtschaftet werden konnte.

»Bis Juni vergangenen Jahres mussten wir einen signifikanten Umsatzeinbruch feststellen«

Heuer freilich hat der im Rathausparterre untergebrachte Lebensmittler die Kurve nicht ganz so elegant genommen. Was, wie Willi Igel erklärt, einem schwachen Start geschuldet war, dem noch schwächere sechs Monate folgen sollten. »Bis Juni vergangenen Jahres«, so der Genossenschaftler, »mussten wir einen signifikanten Umsatzeinbruch von 15 Prozent feststellen.« Das sei »ein Schock« gewesen. Und zwar nicht nur für den 40-köpfigen Mitarbeiter-Pool des Dorfladens, sondern auch für Teile der Stamm- und Gelegenheitskundschaft. Als diese nämlich von den Negativ-Entwicklungen Wind bekam, konnte sie’s kaum fassen. War man im Flecken doch selbstverständlich davon ausgegangen, dass alles rund läuft.

Reichenecks Dorfladen erlebt derzeit wieder einen leichten Aufschwung. Das freut die ehrenamtliche Kassiererin Annika Maier eben
Reichenecks Dorfladen erlebt derzeit wieder einen leichten Aufschwung. Das freut die ehrenamtliche Kassiererin Annika Maier ebenso wie die übrigen Betreiber des kleinen Nahversorgers. Foto: Frank Pieth
Reichenecks Dorfladen erlebt derzeit wieder einen leichten Aufschwung. Das freut die ehrenamtliche Kassiererin Annika Maier ebenso wie die übrigen Betreiber des kleinen Nahversorgers.
Foto: Frank Pieth

Nun, es war ein heilsamer Schreck, der den Reicheneckern da in die Glieder gefahren ist und sie über ihr eigenes Konsumverhalten ins Grübeln gebracht hat: Nicht wenige kamen nämlich zu der Einsicht, dass sie das Lädle schon seit geraumer Zeit nur noch von außen wahrgenommen hatten ... und zogen daraus tätige Konsequenzen. Seither sind sie wieder häufiger einkaufend im Flecken unterwegs - zum Besten des zwar kleinen, aber dennoch verblüffend gut sortierten Genossenschafts-Geschäfts, das sich dank auffrischenden Rückenwinds berappelt hat. Unterm Strich fiel die Bilanz 2024 zwar ein bissle schlechter aus als in den Vorjahren, aber eben doch deutlich besser, als befürchtet - glimpflich, mit einem kleinen Minus.

»Wir müssen mehr klappern, stärker die Werbetrommel rühren und lauter werden«

Mithin kann es weiter gehen. Jedoch nicht wie gehabt. »Wir müssen mehr klappern, stärker die Werbetrommel rühren, lauter werden«, haben Willi Igel und die übrigen Genossen beschlossen. Vorausgegangen ist diesem Vorhaben eine Ladennutzungs-Erhebung: Per Fragebogen hatte sich das Dorfladen-Team im Herbst 2024 an die Reichenecker Haushalte gewandt und sie um ihre Meinung zum Status quo, um Verbesserungsvorschläge und derlei Dinge mehr gebeten. Bei gutem Rücklauf konnte so noch vor Weihnachten ein aufschlussreich-bunter Strauß verschiedenster Statements gepflückt und zerpflückt werden.

Ostern lässt im Dorfladen bereits grüßen - und Schleck geht immer.
Ostern lässt im Dorfladen bereits grüßen - und Schleck geht immer. Foto: Frank Pieth
Ostern lässt im Dorfladen bereits grüßen - und Schleck geht immer.
Foto: Frank Pieth

Erste - ernüchternde - Erkenntnis: Fast 40 Prozent der rund 900 Einwohner kaufen nie im Ländle ein. Zweite - motivierende - Erkenntnis: Mehr als die Hälfte der Bürgerschaft hat ihr Nahversorgerle auf dem Schirm und nutzt es mehr oder weniger intensiv. Dritte Erkenntnis: Mit Vollsortimentern und Discountern kann der Dorfladen zwar nicht konkurrieren, Standard-Lebensmittel wie Backwaren, Milch, Butter und Käse werden aber dennoch gerne vor Ort erworben. Sie zählen zu den Topsellern. Gefolgt von ebenfalls stark nachgefragten Wurstwaren und frischem Gemüse. Vierte Erkenntnis: Wenn all jene Grübler, die nach dem »Schock« zu Käufern wurden, am Ball bleiben, dann hat der Dorfladen reelle Chancen auf eine gedeihliche Zukunft.

»Mit Discountern können wir natürlich nicht mithalten, aber teuer sind wir trotzdem nicht«

Indes: Wie fast überall dürfte es natürlich auch hier ein bissle mehr sein. Luft nach oben, heißt es, ist hinlänglich vorhanden. Weshalb sich neben Willi Igel auch Tobias Wenz, Michael Schick und weitere Engagierte Gedanken darüber machen, wie sie eine Klientel von außerhalb, von den umliegenden Teilgemeinden, locken könnten. Etwa per Werbeschild an der Ortsdurchfahrt oder mittels Sonderaktionen, die zum Beispiel Berufspendler zum Shopping-Stopp oder Kaffeepäusle in Reicheneck animieren.

Konkret denken Igel, Schick und Wenz daran, künftig Themenwochen auszurichten. »Frankreich« könnte ein solches Motto sein - mit allerlei Spezialitäten aus der Grande Nation. Aber auch ein »Regionalmarkt« mit Leckereien und Kunsthandwerklichem aus der nächsten Nachbarschaft wäre denkbar. Und: Eine attraktivere Café-Ecke. Denn die vermissen die Reichenecker, die die vorhandene Sitznische im Dorfladen doch etwas sehr beengt finden, laut Fragebogen-Aktion ebenfalls.

Blumiges Willkommen im Eingangsbereich des Reichenecker Dorfladens.
Blumiges Willkommen im Eingangsbereich des Reichenecker Dorfladens. Foto: Frank Pieth
Blumiges Willkommen im Eingangsbereich des Reichenecker Dorfladens.
Foto: Frank Pieth

Bleibt ein letzter habhafter Kritikpunkt: die Preisgestaltung. Nicht wenige Umfrageteilnehmer empfinden ihre kleine Einkaufsquelle als zu teuer. Dabei orientiert sich das Niveau an dem großer Vollsortimenter. »Mit Discountern können wir natürlich nicht mithalten, aber wirklich hochpreisig sind die Produkte trotzdem nicht«, so Igel.

Günstiger, erläutert er, sei in sofern nicht machbar, als die Abnahmemengen zu klein sind, um Rabatte im Einkauf rausschlagen zu können. Mal ganz davon abgesehen, dass das Thema Menge fürs Nahversorgerle grundsätzlich ein kalkulatorisch schwieriges ist. Zum einen, so Igel, sind manche Produkte nur in Gebindegrößen zu haben, die für Reicheneck überdimensioniert sind, zum anderen gibt es Waren, die eine Zeit lang in der Kundengunst ganz weit oben rangieren und plötzlich - warum auch immer - zu Ladenhütern mutieren. (GEA)