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Aktuell Ehrung

Liederkranz Oferdingen wird mit der Conradin-Kreutzer-Tafel ausgezeichnet

Der älteste Verein in Oferdingen ist dieses Jahr 150. Dafür wurde der Liederkranz vom Land mit der Conradin-Kreutzer-Tafel ausgezeichnet. Das große Jubiläum muss aber bis nächstes Jahr warten. Die Vorsitzenden erklären, warum.

Beim Landes-Musik-Festival in Singen hat Kunststaatssekretär Arne Braun (links) stellvertretend für Ministerpräsident Kretschman
Beim Landes-Musik-Festival in Singen hat Kunststaatssekretär Arne Braun (links) stellvertretend für Ministerpräsident Kretschmann 14 Musikvereine mit der Conradin-Kreutzer-Tafel ausgezeichnet. Helmut Walz und Frank Stähle haben die Auszeichnung für den Liederkranz Oferdingen entgegen genommen. Auch der Präsident des schwäbischen Chorverbandes, Dr. Jörg Schmidt (rechts), freut sich. Foto: Lukas Breusch
Beim Landes-Musik-Festival in Singen hat Kunststaatssekretär Arne Braun (links) stellvertretend für Ministerpräsident Kretschmann 14 Musikvereine mit der Conradin-Kreutzer-Tafel ausgezeichnet. Helmut Walz und Frank Stähle haben die Auszeichnung für den Liederkranz Oferdingen entgegen genommen. Auch der Präsident des schwäbischen Chorverbandes, Dr. Jörg Schmidt (rechts), freut sich.
Foto: Lukas Breusch

REUTLINGEN-OFERDINGEN. Landauf, landab verstummen die Chöre: Die Mitglieder werden immer älter, die Jungen fehlen, irgendwann reicht die Anzahl der Sänger nicht mehr aus, um Konzerte zu geben. Auch der Liederkranz Oferdingen hat schon bessere Zeiten gesehen: »In den 1970er-Jahren waren wir mal 75 Sänger«, blicken der Vorsitzende Frank Stähle und Schriftführer Helmut Walz auf einstige Glanzzeiten zurück. Heute sind es noch 34, den Einbruch in den Pandemie-Zeiten (davor waren es 50 aktive Mitglieder) haben die Oferdinger Sänger, wie viele andere Vereine, noch nicht ganz weggesteckt - sie leiden mehr oder weniger unter Long Covid.

Gut aufgestellt in der Breite

Wobei sich der Liederkranz aus der Reutlinger Bezirksgemeinde noch wacker schlägt: »Wir sind in der komfortablen Lage, dass wir in der Breite gut aufgestellt sind«, betont Stähle. Der Chor hat in allen Stimmlagen Sänger - und kann daher nahezu jedes Lied der klassischen oder auch neueren Chorliteratur vortragen. Auch die Altersspanne der Sänger ist in Oferdingen außergewöhnlich breit: Der Jüngste ist 18, der Älteste 81, dank eines Chorprojektes konnten Jugendliche zum Mitsingen animiert werden - und mehrere von ihnen sind dabei geblieben, erzählt die stellvertretende Vorsitzende Anja Schürer. Auch der Kinderchor laufe gut, um die 30 Mädchen und Jungen sind regelmäßig dabei. Alles in allem also eine Entwicklung, die positiv ist und die die Mitglieder optimistisch stimmt.

Der Liederkranz des Musikvereins Oferdingen beim Konzert im vergangenen Jahr.
Der Liederkranz des Musikvereins Oferdingen beim Konzert im vergangenen Jahr. Foto: Verein
Der Liederkranz des Musikvereins Oferdingen beim Konzert im vergangenen Jahr.
Foto: Verein

Jetzt wurde der Liederkranz Oferdingen für die lange Zeit seines Bestehens mit zwölf anderen musiktreibenden Vereinen auf dem Landes-Musik-Festival in Singen mit der Conradin-Kreutzer-Tafel ausgezeichnet. Diese Ehrung erhalten Vereine, die seit mindestens 150 Jahren bestehen und die sich besonders um die Amateurmusik verdient gemacht haben.

Die Conradin-Kreutzer-Tafel

Die Auszeichnung ist eine Ehrung der Landesregierung für Vereine mit mindestens 150-jähriger Geschichte und besonderen Verdiensten um die Amateurmusik. Sie erinnert an den 1780 in Meßkirch geborenen Komponisten Conradin Kreutzer und wird seit 1998 jährlich im Rahmen des Landes-Musik-Festivals verliehen – organisiert von den elf Verbänden des Landesmusikverbands Baden-Württemberg.

In diesem Jahr stand das Festival unter dem Motto »Musik verbindet, Singen vereint«. Die Stadt Singen war in diesem Gastgeber für das größte Festival für Amateurmusik in Baden-Württemberg. Jährlich präsentieren sich Chöre, Musikvereine, Kapellen, Orchester und andere Ensembles – es ist ein Schaufenster der musikalischen Vielfalt des Landes.

»Nirgendwo in Deutschland ist diese Tradition des bürgerlichen Musizierens und Singens älter als in Baden-Württemberg«, betonte Kunststaatssekretär Arne Braun in Vertretung für Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei der Preisverleihung. Getragen werde diese Kulturarbeit seit Generationen von einer außergewöhnlichen Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement, die die Amateurmusik besonders auszeichnet. (GEA)

Doch leider muss das große Jahreskonzert des Liederkranzes in diesem Jahr ausfallen: Seit mehreren Monaten ist der Verein auf der Suche nach einem Chorleiter. Der vorherige musste aus gesundheitlichen Gründen aufhören, und einen Nachfolger zu finden, gestaltet sich schwieriger als gedacht. Bedauerlich, dass dies ausgerechnet im 150. Jahr des Bestehens so ist.

Statt einer großen Sause wie im Jahr 1975 zum 100. Geburtstag mit Umzug und Unterhaltungsabend, Festbankett und Festkonzert, greift man in diesem Jahr auf eine abgespeckte Variante zurück. Am 27. September bittet der Verein zum Familienfest in die Festhalle. »Es wird eine Feier der rein geselligen Natur«, sagt Stähle. Die größeren Feierlichkeiten mit Konzert und Festreden verschiebt der Liederkranz wohl oder übel aufs nächste Jahr.

Etwas, das nicht zum ersten Mal passiert, wenn man einen Blick in die Vereinsannalen wirft. Bereits das 50-Jährige 1925 wurde mit einem Jahr Verzögerung begangen. Grund war damals ein Mangel an Sängern, der Fortbestand des Chors war sogar akut gefährdet. Abhilfe brachten damals die Frauen: Als aus dem reinen Männerchor ein gemischter wurde, ging es wieder bergauf. Die Leistungen des Chors wurden in der Folge sogar so gut, dass 1937 eine erste Rundfunkaufnahme stattfand.

Hochs und Tiefs in der Vereinsgeschichte

»Der Verein hatte immer wieder Hochs und Tiefs«, betont Stähle - weit Schlimmeres haben die Oferdinger Sänger schon überstanden. Während der beiden Weltkriege wurden die meisten Chormitglieder eingezogen, das Vereinsleben musste damals komplett eingestellt werden. Mit dem Frieden kehrte dann irgendwann auch wieder die Lust am Singen zurück.

Diese »Sangesfreude« war es auch gewesen, die 1875 zur Vereinsgründung geführt hatte. Ein kleines Häuflein »sangesfreudiger Männer« war's, das sich damals in der Werkstatt von Schreinermeister Martin Schach traf. »Der biedere Schreinermeister«, so steht es in der Festschrift aus dem Jahr 1975, hatte Noten und Text »eines einfachen Volksliedes fein säuberlich und vergrößert« auf eine Wand an seiner Werkstatt gemalt.

Mithilfe seiner Geige brachte er den Männern den vierstimmigen Chorgesang bei - und die waren gleich so begeistert, dass »sie sich endgültig für die Gründung eines Gesangsvereines entschlossen«. Der Liederkranz ist damit übrigens der älteste Verein in Oferdingen. Aus dem Häuflein wurde alsbald eine stattliche Schar, meist Handwerker und Bauern, die mit regelmäßigen Sangesstunden begannen - abends bei Petroleumlicht in der Werkstatt.

Singen verbindet und entspannt

Vieles hat sich seitdem geändert: Frauen wurden zugelassen und ein Kinderchor wurde gegründet, Dirigenten und Vorstände wechselten, eine Festhalle mit Probenraum wurde gebaut, neben deutschem Liedgut und klassischer Chorliteratur wurden die Programme moderner und internationaler. Geblieben aber ist die Freude am Gesang: »Es ist ein tolles Hobby«, sagt Frank Stähle, »und das Instrument hat ein Sänger immer mit dabei«. Das gemeinsame Singen verbinde, habe etwas Entspannendes, aber auch der soziale Aspekt komme nicht zu kurz. »Als Sänger muss man lernen, auf die anderen zu hören«, sagt der Vereinsvorsitzende.

Momentan hat der einstige Chorleiter - Vereins-Urgestein Helmut Walz - interimsweise wieder die Chorleitung übernommen. Ein großes Konzert werde zwar nicht einstudiert, sagt er, aber zumindest ermöglicht es den Chormitgliedern, dass sie sich regelmäßig zum Singen treffen. Für größere Vorhaben hoffen sie, dass sich bald ein neuer Leiter meldet. Denn es fehle ein wenig das Ziel, auf das man hinarbeite, sagt Walz. Und das braucht es, damit das Jubiläumsfest im Jahr 2026 in gebührender Art und Weise nachgeholt werden kann. (GEA)