REUTLINGEN-BETZINGEN. Die Landschaft. Die Menschen. Die Kultur. Und vor allem die Musik. »Wir sind infiziert«, sagt Herbert Binsch, Mitglied der Betzinger Band Killaloe. Infiziert und inspiriert von ihrem Lieblings-Reiseziel Irland und von der traditionellen Musik der Insel, dem Irish Folk. Seit über 20 Jahren bringen ihn die vier Killaloe-Mitglieder mit großer Leidenschaft auf die Bühnen der Region. Jetzt wartet ein ganz besonderer Auftritt auf sie – speziell auf Herbert Binsch. Vor seinem Ruhestand war er zwei Jahrzehnte Pressesprecher des Landratsamtes. Am 16. Mai gibt’s ein Wiedersehen mit seinem Ex-Chef Thomas Reumann. Aber diesmal mit ganz anderer Rollenverteilung: Killaloe gibt in Münsingen ein Benefizkonzert für den Verein Sonnenstrahlen, dessen Vorsitzender der pensionierte frühere Landrat ist. »Wir freuen uns riesig darauf«, sagt Binschs Ehefrau Petra.
Die Ursprünge der Band liegen im Binsch’schen Gewölbekeller. Dort traf sich der Freundeskreis regelmäßig zum Dart-Spiel. Die Verlierer mussten zahlen, es kam ordentlich was in die Kasse. So viel, dass es für eine gemeinsame Reise reichte. Die sollte ins Ursprungsland des Dart gehen. »Wir dachten, es ist Irland«, erzählt Herbert Binsch. Ist es nicht, aber Irland passte für die Binschs und ihre Freunde Erhard Langeneck und Norbert Müller ganz wunderbar. Sie mieteten ein Hausboot, schipperten auf dem Shannon, besuchten abends die Pubs. Und da war’s um die Schwaben geschehen. »Fast überall wurde Irish Folk gespielt«, erinnert sich der Betzinger. Live natürlich, oft in spontanen Zusammensetzungen. Jeder ist willkommen, mitzuspielen. Auf einmal war auch Herbert Binsch, der seit seiner Jugend Gitarre spielt, mit einem geliehenen Instrument bei einer Session mit dabei. Und wie. »Es ist immer toller geworden.«
Nur vier Wochen Vorbereitung
Das war 1998. Danach ging es Jahr für Jahr nach Irland. Den Irish-Folk-Virus hatten sich allesamt eingefangen. Sie kauften Liederbücher, spielten im Gewölbekeller statt Dart die traditionelle irische Musik mit Gesang, Gitarre, Flöte, Banjo, Mandoline, Mundharmonika und später auch der traditionellen irischen Handtrommel Bodhran. Erst für den, so Binsch, »Hausgebrauch«, 2003 dann das erste Mal öffentlich. Die Premiere war allein Petra Binsch zu verdanken, der die Leiterin der Betzinger Bibliothek von den wunderbaren irischen Büchern erzählt hatte und ihrer Idee, einen irischen Abend zu veranstalten. Petra Binsch überlegte nicht lange. »Machen wir«, sagte sie forsch zu.
Gerade mal vier Wochen blieben für die Vorbereitung, alle waren furchtbar nervös. Dann der große Auftritt in der »rappelvollen« Bücherei. Die Band spielte ohne Verstärker und bei Kerzenlicht, erzählte zwischen den Musikstücken von Irland. »Es war mucksmäuschenstill«, erinnert sich Petra Binsch. Und es war, wie es später immer sein sollte. »Wenn wir anfangen, ist die Nervosität weg. Dann gibt es kein Halten mehr«, sagt Norbert Müller. Erst recht, wenn das Publikum mitgeht, was bei den irischen Tanz- und Trinkliedern nicht ausbleibt.
Open-Air-Auftritt auf Schloss Uhenfels
Der erste Auftritt und die, so Herbert Binsch, »super Stimmung«, machte dem Quartett Lust auf mehr. Weitere Konzerte folgten, eine Verstärkeranlage wurde angeschafft. »200 bis 250 Leute können wir bespielen.« Rekord war ein Open-Air-Auftritt im Schloss Uhenfels mit etwa 400 Besuchern. Damals nahm die Band sogar eine CD auf. Inzwischen mit Namen: Killaloe, dem irischen Ort, von dem aus die erste Hausboot-Reise startete.
Auf die Frage, was die Faszination der irischen Musik ausmacht, kommt ein »Vieles«. Seien es die ruhigen, gefühlvollen Balladen mit geschichtlichem Hintergrund, die Petra Binsch auch auf gälisch singt und die durchaus herzergreifend sein können, wie sie sagt. Oder die temperamentvollen Tanz-und Publieder, die sofort in die Beine gehen und zum Mitsingen animieren. Merkmal der irischen Musik ist es, erklärt sie, dass die traditionellen Lieder ganz unterschiedlich interpretiert werden. Auch von Killaloe: »Wir arrangieren die Songs auf unsere eigene Art.« Wichtig ist den Bandmitgliedern, bei den Auftritten nie den Draht zum Publikum zu verlieren. Und es soll was rüberkommen vom Irland-Spirit: Neben der Musik gibt’s bei Killaloe immer auch Geschichten von der grünen Insel, die, wie Petra Binsch findet, etwas Mystisches hat. »Wir sind Botschafter von Irland geworden«, beschreibt ihr Mann das Selbstverständnis von Killaloe.
Kneipen-Konzerte gestrichen
Kneipen-Konzerte sind inzwischen gestrichen, weil dort kaum einer zuhöre, so Binsch »Dafür sind wir uns zu schade.« Statt achtmal jährlich tritt Killaloe nur noch etwa vier Mal auf. »Wir wollen nicht reich werden und konzentrieren uns auf wenige, eigene Konzerte.« Wie das kommende am 16. Mai in der Münsinger Zehntscheuer. Dort wird die Ex-Stimme des Landratsamts auf ganz besondere Weise auf seinen Ex-Chef Reumann treffen – jetzt als Stimme von Killaloe. Mit der Band trat Herbert Binsch schon in seiner Pressesprecher-Zeit auf, »als Ausgleich«. Gelegentlich auch, wenn es im Landratsamt etwas zu feiern gab, dann aber solo oder mit seinem Behörden-Kollegen Rainer Mayer von den Lollies. »Das hat wunderbar gepasst.«
Was Landrat Reumann sicher nicht entgangen ist. Die beiden kennen sich aus der Grundschulzeit in Eningen, verloren sich danach aus den Augen und trafen sich erst im Landratsamt wieder. Binschs Band bekam Thomas Reumann zum ersten Mal bei einem Chefarzt-Abschied in der Münsinger Albklinik zu hören. »Man hat gesehen, dass es ihm gefällt«, schmunzelt der Ex-Pressesprecher. Seit beide Ruheständler sind, treffen sie sich regelmäßig. Dabei kam die Idee auf, gemeinsame Sache zu machen: ein Benefizkonzert in der Münsinger Zehntscheuer zugunsten des Vereins Sonnenstrahlen, für den sich Thomas Reumann engagiert.
Die Killaloe-Proben laufen längst. Natürlich im Gewölbekeller. Instrumente stimmen, ein Schluck Whiskey aus der Keller-Bar, um die Stimme zu ölen. Herbert Binsch und Erhard Langeneck legen leise mit ihren Gitarren los. Petra Binsch und Tochter Julika Schaupp stimmen die ersten Zeilen von »Lord oft the dance« an. Norbert Müller kommt mit seiner Handtrommel dazu. Bald singen alle, immer schneller, rhythmischer. Und schon hört und fühlt es sich an wie mitten im irischen Pub. (GEA)
Benefizkonzert für »Sonnenstrahlen«
Die Irish-Folk-Band Killaloe gibt am Freitag, 16. Mai, um 20 Uhr in der Münsinger Zehntscheuer (Zehntscheuerweg 11) ein Benefizkonzert für »Sonnenstrahlen«, dem Förderverein für Kinder und Jugendliche schwer kranker Eltern. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. (GEA)