WALDDORFHÄSLACH. Gleich nach der Wende suchte der Bürgermeister des kleinen Ortes Walddorf im Südosten Sachsens nach einer Partnergemeinde im Westen. Er wurde fündig im Kreis Reutlingen. Seit nun über 30 Jahren sind das kleine sächsische Walddorf, ein Ortsteil von Kottmar, und Walddorfhäslach freundschaftlich miteinander verbunden. In unregelmäßigen Abständen besuchen sich Delegationen aus beiden Dörfern gegenseitig. Jetzt machte sich der Musikverein aus Walddorfhäslach auf die 650 Kilometer lange Reise an die tschechische Grenze.
Anlass diesmal war das große Fest zum 30. Bier- und Traditionszug der Gemeinde Kottmar, der auf eine Art »Bierkrieg« zwischen den Orten um Kottmar herum und »den Herren von Zittau« zurückgeht. Bei dem Streit soll, wie es heißt, »so manches volle Fass zerschlagen« worden sein.
Kein Platz mehr am Straßenrand
Doch heute gibt es keinen Streit mehr, sondern in Erinnerung ein traditionelles Fest, das jedes Jahr gefeiert wird. Seit nun 30 Jahren eben. Und es war heuer viel los auf den Straßen. Genau 111 Gruppen liefen beim Festumzug mit, berichtet Judith Armbruster, Vorsitzende des Walddorfhäslacher Musikvereins. Die Straßen seien dicht gesäumt gewesen, »da gab es am Rand keinen Platz mehr«.
Rund zweieinhalb Kilometer war die Feststrecke lang. Der Walddorfhäslacher Musikverein war die Nummer 14 in dem Umzug und Judith Armbruster »war froh, dass wir so weit vorne waren«. Es herrschte »super Wetter«, sprich, es war ziemlich warm. »Das war schon fast Leistungssport«, sagt Armbruster, »ich hab selten so geschwitzt«.
Musizieren im Laufen muss geprobt werden
Der Musikverein Walddorfhäslach ist normalerweise keine Marschkapelle. Normalerweise sitzen die Musikerinnen und Musiker bei Orchester-Konzerten auf Stühlen. Deshalb musste das Musizieren beim Laufen vorher geprobt werden. Zudem sollte die Gruppe ja gut aussehen und gleichmäßig marschieren, auch wenn es um die Kurve geht.
Aber der Musikverein scheint in dieser Hinsicht sehr begabt. »Wir haben nur einmal geprobt«, erzählt Armbruster. Und: »Es hat sich gleich gut angehört und auch gut ausgesehen. Wir sind nicht aus dem Tritt gekommen.« Genauso klappte es dann bei dem Bierfestumzug.
Public Viewing im Festzelt
Der Umzug war aber nicht der einzige Programmpunkt für die gut 40 Walddorfhäslacherinnen und Walddorfhäslacher, die sich nach Kottmar auf den Weg gemacht hatten. Schon am Tag vor dem Festumzug hatte die Kapelle ihren ersten Auftritt im Festzelt.
»Die Stimmung war gut«, meint Armbruster. Die Stimmung wurde auch noch besser, weil es der Abend des EM-Spiels zwischen Deutschland und Dänemark war, dass die Deutschen ja bekanntlich gewannen. Und als zwischendrin der große Regen kam, »hat gleich eine Tanzgruppe die Pause überbrückt«. Und vor und nach dem Spiel, das alle beim Public Viewing im Festzelt anschauten, spielte noch eine Band.
Kottmar in Sachsen
Kottmar liegt im ostsächsischen Landkreis Görlitz zwischen Zittau und Löbau und hat über 7.000 Einwohner. Der Ort ist nach dem im Zentrum der Ortsteile gelegenen 583 Meter hohen Berg benannt. Zu Kottmar gehören die Dörfer Eibau mit Walddorf und Neueibau, Obercunnersdorf mit Kottmarsdorf sowie Niedercunnersdorf mit Ottenhain. Die sieben traditionsreichen Gemeinden in der Oberlausitz schlossen sich 2013 zusammen. (GEA)
»Seit dem ersten Kontakt 1991 sind viele Freundschaften zwischen Leuten aus beiden Orten entstanden«, berichtet Armbruster. Es sei »ziemlich cool, dass das so lange gehalten hat. Das ist schon etwas Besonderes«. Immer wieder kommt es zu gegenseitigen Besuchen, vor allem auch zwischen den Feuerwehren und den Musikgruppen. Judith Armbruster selbst war schon als kleines Kind im sächsischen Walddorf zu Besuch.
Es gebe inzwischen viele Leute, die sich auch außerhalb der offiziellen Kontakte immer wieder träfen, so Armbruster. Die Musikerinnen und Musiker hätten sich jedenfalls auch diesmal wieder gut aufgenommen und aufgehoben gefühlt. Die Menschen in Kottmar seien sehr gastfreundlich. Dazu zählte sie speziell den Kottmarer Bürgermeister Michael Gerke, der maßgeblich mit seinem Team das große Fest organisiert hat. Und übrigens: Der Walddorfhäslacher Musikverein war die Gruppe, die am weitesten zum dem traditionellen Fest in Kottmar angereist war. (GEA)