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Tausende in Tübingen beim Umbrisch-provenzalischen Markt und Erbe-Lauf

Spätestens am Sonntagnachmittag war auf in der Tübinger Altstadt kein Durchkommen mehr. Der umbrisch-provenzalische Markt und Erbelauf zog Tausende in die Innenstadt.

Die Besucher strömten am Sonntag in die Tübinger Altstadt
Die Besucher strömten am Sonntag in die Tübinger Altstadt Foto: Frank Pieth
Die Besucher strömten am Sonntag in die Tübinger Altstadt
Foto: Frank Pieth

Geschäfte: Die ersten zwei Tage waren schwierig. Da sind sich alle befragten Händler einig. Vor allem der Mittwoch war eine Katastrophe: Dauerregen und Kälte. Nur wenige Besucher ließen sich an den Ständen blicken. Aber dann blieb es trocken, immer wieder kam auch die Sonne heraus. »Wir haben uns auf Schlimmeres eingestellt«, sagt Erika Jantzen. »Bei uns lief es sehr gut«, sagt die Staudengärtnerin, die ein farbenprächtiges Blütenmeer an ihrem Stand am Marktplatz aufgebaut hat. »Die Menschen sind hier alle sehr nett«, so Aela Schuller, die provenzalisches Essen am Holzmarkt anbietet. Neben ihr verkauft Sylvia Gamba französische Salami. Beide sind sich einig, dass es nicht ganz so gut lief wie im vergangenen Jahr. Ähnliches berichtet auch Domittilla Corradi. Ihre Familie verkauft Nudeln und Trüffelsaucen. Auch ein paar Meter weiter beim Leder- und Schmuckstand war die Nachfrage nicht ganz so gut. Und dennoch sind die Händler begeistert, in der Unistadt zu sein. »Es ist eine wunderschöne Stadt«, sagt Inchie Bravo. Und der Markt sei immer sehr gut organisiert.

Auszeichnung: Am Sonntagmorgen hatten die Trampolinis keinen Tropfen Olivenöl mehr zu verkaufen. Alles weg. Schätzungsweise 900 Liter Öl. »Das gab es noch nie,« sagt Allesandro Trampolini. Die Familie gehört zu den Händlern der ersten Stunde auf dem umbrisch-provenzalischen Markt. Antonio Trampolini bekam am Samstag von Oberbürgermeister Boris Palmer die Uhland-Plakette verliehen. Trampolini sorge jedes Jahr dafür, dass zahlreiche Händler aus Perugia nach Tübingen kommen, so die Begründung der Stadt. So pflege er auf ganz besondere Art und Weise die städtepartnerschaftlichen Beziehungen. Viele der Kunden von Trampolini decken sich an dem Stand für ein ganzes Jahr mit Olivenöl ein, erzählt der Händler. Entsprechend groß ist die Nachfrage. Für die Familie konnte es jedenfalls nicht besser laufen: »Wir sind glücklich«, sagt Allessandro Trampolini.

Freundschaften: Der Markt ist längst schon mehr als ein reines kommerzielles Ereignis. Die italienischen und französischen Händler kommen gerne in die Unistadt. Sie haben Freundschaften geschlossen, übernachten mittlerweile privat und freuen sich jedes Jahr aufs Neue auf die Reise nach Tübingen. »Die Integration ist super«, sagt Aela Schuller. Thierry Dol verkauft seine Gürtel und Lederbänder seit 28 Jahren in der Unistadt. Einige seiner Kunden hat er schon als Kinder erlebt. Auch er hat viele Freunde mittlerweile. Dieses Jahr vermisst er aber ein bisschen die Lebensfreude auf dem Markt. Die Leichtigkeit fehle, das spezielle Flair. »Die Menschen sind weniger glücklich«, ist auch der Eindruck von Sylvia Gamba.

An den ersten beiden Tagen war die Nachfrage auf dem Markt eher verhalten. Am Wochenende lief der Verkauf dann richtig gut.
An den ersten beiden Tagen war die Nachfrage auf dem Markt eher verhalten. Am Wochenende lief der Verkauf dann richtig gut. Foto: Frank Pieth
An den ersten beiden Tagen war die Nachfrage auf dem Markt eher verhalten. Am Wochenende lief der Verkauf dann richtig gut.
Foto: Frank Pieth

Artischocken: Gärtnermeister Gerhard Kehrer hat die Artischockenblüte auf den Markt gebracht. Ganz zu Beginn hatte er 20 Stück zum Verkauf an seinem Stand. Ein Versuchsballon, der von Anfang an gut gestartet ist. Mittlerweile ist die große violette Blüte fast ein Wahrzeichen des Marktes geworden. Kunstvoll aufgetürmt verkauft sie mittlerweile nicht nur Kehrer. Die Blüten gehen weg wie die warmen Semmeln. Dabei stammen die eindrucksvollen Pflanzen weder aus Perugia, noch aus Aix-en-Provence. Kehrer bezieht sie aus Nürtingen. Sie sind sehr lange haltbar. Allerdings nur, wenn man sie nicht ins Wasser stellt, sagt der Gärtner.

Anziehungskraft: Eine Kundin kommt jedes Jahr nur wegen der Artischockenblüten auf den Markt. Ein anderer wegen des besonderen Tübinger Flairs. »Die Anziehungskraft von Tübingen ist top«, sagt der Reutlinger. Während in den ersten Tagen des Marktes sich viele Tübinger an den Ständen mit Olivenöl, Käse, Salami und Seifen eindecken, strömen die Besucher von auswärts am Samstag und Sonntag auf den Markt. Entsprechend eng wurde es, trotz der kühlen Witterung.

Mit einem Glas Wein in der Hand lässt sich der Markt besonders gut genießen.
Mit einem Glas Wein in der Hand lässt sich der Markt besonders gut genießen. Foto: Frank Pieth
Mit einem Glas Wein in der Hand lässt sich der Markt besonders gut genießen.
Foto: Frank Pieth

Linsen und Muscheln: Kälte ist für die Gastronomie auf dem Marktplatz nicht das Problem. Nur bei Regen kommen die Menschen nicht. So startete der Markt ähnlich wie bei den Händlern am Mittwoch und Donnerstag sehr verhalten. Das fehlende Geschäft wurde dann aber am Wochenende wieder aufgeholt. »Wir sind zufrieden«, zieht Mohammed Kas vom Hotel Krone ein Resümee am Sonntag. Besonderns gerne aßen die Kunden bei dem herbstlichen Wetter Kürbissuppe. Auch am Nachbarstand gingen vor allem wärmende Speisen über die Tresen. Berglinsen nach umbrischer Art sei sehr gut gelaufen, erzählt Petro Tisci vom Hotel am Schloss. Muscheln und Weißwein, das klassische Marktgericht der vergangenen Jahre, war dagegen nur wenig nachgefragt.

Die Trampolinis hatten ihr gesamtes Olivenöl schon am Samstag verkauft. Bei anderen Händlern war die Nachfrage nicht ganz so gut
Die Trampolinis hatten ihr gesamtes Olivenöl schon am Samstag verkauft. Bei anderen Händlern war die Nachfrage nicht ganz so gut Foto: Irmgard Walderich
Die Trampolinis hatten ihr gesamtes Olivenöl schon am Samstag verkauft. Bei anderen Händlern war die Nachfrage nicht ganz so gut
Foto: Irmgard Walderich

Spenden: In der Mühlstraße geben Ehrenamtliche des Arbeitskreis Leben ihr Bestes. Jeder Läufer, der durchs Spendentor läuft, spendet fünf Euro. Entsprechend kräftig feuern die Mitarbeiter die Sportler an und versuchen sie durch Gestik zu überzeugen, den Weg durchs Tor zu nehmen. Bettina Israel, Sprecherin des Arbeitskreises, kann es schlecht einschätzen, was an Spenden dabei zusammenkommt. »Wir gehen davon aus, dass es sich lohnt.« Schließlich haben sich mehr als 3.600 Läufer angemeldet. Wer durchs Tor rennt, wird elektronisch erfasst und bekommt im Anschluss eine E-Mail, mit der er an die Spende erinnert wird. Der Arbeitskreis Leben hatte für die diesjährige Sozialpartnerschaft des Erbe-Laufs den Zuschlag bekommen. Schon lange mit dabei ist dagegen die Rheuma-Ambulanz der Kinderklinik. Seit über zehn Jahren verkauft sie auf dem umbrisch-provenzalischen Markt Weingläser mit Motiven des Künstlers James Rizzi. Der Reinerlös kommt der Ambulanz zugute. Am Stand auf dem Marktplatz war allerdings die Nachfrage, ähnlich wie bei einigen Händlern, etwas zurückhaltender als im vergangenen Jahr.

Hürdenlauf: Die einen laufen, die anderen schlagen sich irgendwie durch die Tübinger Gassen. Wer am Sonntagmorgen die Tübinger Altstadt besuchen will, hat es nicht leicht. Die beiden Großereignisse blockieren die Wege. Absperrbänder markieren die Laufstrecke. Wer Durchkommen will, braucht Geduld. Die Zuschauer und Besucher haben sie in aller Regel. Es ist schließlich nur einmal im Jahr umbrisch-provenzalischer Markt und Erbelauf.

Stelzenläufer: Trommelwirbel in der Mühlstraße. Anfeuerungsrufe an der Laufstrecke. Die Stimmung ist gut. Ein besonderer Hingucker haben sich Mitglieder des Zirkus Zambaioni ausgedacht: Stelzenläufer muntern die Szenerie mit bunten Bändern und Luftballons auf. Auf seinen Stelzen ist Daniel Wrangler 2,70 Meter groß. Das Ganze soll nicht nur den Lauf auflockern, es soll auch eine Werbung für den Kinder- und Jugendzirkus sein. Der benötigt Spenden, um sein Zirkushaus zu finanzieren.

Handel: »Wir sind sehr, sehr gut gestartet«, sagt Stefan Rinderknecht, Geschäftsleiter im Modehaus Zinser, begeistert. »Wir haben alle Kassen geöffnet.« Für die Tübinger Modegeschäfte ist die herbstliche Witterung ein Glück. Die Menschen strömen am verkaufsoffenen Sonntag in die Läden, um sich für die Saison auszustatten. Das war im vergangenen Jahr noch ganz anders. Da hatte es 30 Grad Celsius, erzählt Rinderknecht. Insgesamt sei der Markt nach wie vor ein ganz großer Publikumsmagnet für die Unistadt.

Glühwein: Von lauen Spätsommernächten keine Spur. Der Tübinger Handel- und Gewerbeverein passte sich der Witterung an und schenkte am Holzmarkt kurzerhand Glühwein aus. Das Angebot kam sehr gut an, sagt Vorstandssprecher Stephan Braun. »Die Leute waren total begeistert.« Dass insgesamt die Nachfrage etwas verhaltener war als zuvor, kann Braun bestätigen. Aber insgesamt sei die Stimmung auf dem Markt sehr freundlich. Der Publikumsmagnet schwemmte wieder unzählige Besucher in die Unistadt. Es waren dieses Mal mit 77 Ständen nicht ganz so viele Händler gekommen. Das liege aber nicht am fehlenden Willen der Italiener oder Franzosen, die weite Reise auf sich zu nehmen, sagt Braun. Einige von ihnen mussten aufgrund von Personalmangel absagen, berichtet der Vorstandssprecher. (GEA)