OFTERDINGEN. »Eines der drängendsten Themen ist der Ausbau der Burghof-Schule«, betont Andreas Freudemann. Der 28-Jährige hat beispielsweise mit einer Mutter gesprochen, die sich über die Priorisierung im Rathaus wundert. »Ihre Kinder werden in Containern unterrichtet, während der Rathaus-Anbau entstanden ist.« Heike Ott stimmt ihm zu. »Die Kinder sitzen in Containern, das Rathaus hatte keine Container…« Mit Skepsis verfolgen beide, dass in Ofterdingen diskutiert wird, ob die Erweiterung wegen G9 und der unklaren Zukunft der Gemeinschaftssschule überhaupt nötig ist. »Die Schullandschaft war immer in Bewegung und wird es auch bleiben«, sagt Heike Ott. »Dann muss man eben flexibel reagieren.«
Peter Müller äußert sich vorsichtig und verweist auf die Haushaltslage. Wer sich nur auf Zuschüsse verlasse, stehe am Ende womöglich dumm da. Jürgen Armbruster findet angesichts der Dimension der Aufgabe, dass man sich die Zeit für eine gute Entscheidungsfindung nehmen muss. Martin Lutz wäre lieber früher auf die Bremse getreten: »Die acht Millionen für den Rathaus-Anbau hätten schon für ein Schulgebäude gereicht.« Wenn die Gemeinde nicht aufpasse, gerate sie in ein Schulden-Karussell. Der neue Gemeinderat soll sich in einer Klausur intensiv mit all den Fragen befassen. Das finden alle richtig.
Ähnlich wie Dußlingen, Gomaringen und Nehren - aber doch anders
Dußlingen, Gomaringen und Nehren haben ähnliche Probleme mit ihrer Schule. Doch in einem wesentlichen Punkt unterscheidet sich die Lage, findet Jürgen Armbruster. Du-Go-Ne sei um das Schulzentrum herum gelegen. Die Wege sind vergleichsweise kurz. In Ofterdingen ist der Weg für Auswärtige viel weiter. Und Martin Lutz erinnert daran, dass Bodelshausen vor etlichen Jahren schon ein Schulgebäude zu bieten hatte, Ofterdingen dann aber den Zuschlag bekam, weil es das bessere Konzept hatte.

Ofterdingens Hauptamtsleiter Alexander Schwarz kennt die Diskussion um das ins Rathaus investierte Geld. Hat aber auch Zahlen parat, die aufhorchen lassen. Eigentlich sei der Markt für Verwaltungsangestellte leer, sagt er. Nach einer stellvertretenden Kämmerin habe man beispielsweise eineinhalb Jahre lang gesucht. Für den Empfang im Rathaus hätten sich nun 74 Leute beworben. »Und rund die Hälfte hat als Grund angegeben, dass es ein schöner Arbeitsplatz ist.« Das Schulthema bereitet ihm eher aus einem anderen Grund manchmal Kopfzerbrechen. Wenn G9 zurückkehrt: Wird die Gemeinschaftsschule dann ausbluten? Werden die Lehrer in Scharen wieder aufs Gymnasium wechseln, das dann ja großen Bedarf hat? Die Burghof-Schule muss zweizügig bleiben – sonst wird sie abgewickelt. »Aktuell sind wir im Grundschulbereich zwei- bis dreizügig, und im Sekundarbereich zweizügig«, so Schwarz. Viele Kinder aus Bodelshausen besuchen die Burghof-Schule – und das ist auch wichtig für den Erhalt eben dieser Zweizügigkeit. So wichtig, dass Ofterdingen die Hälfte zum extra Schulbus beischießt, Bodelshausen bezahlt nichts.

Eines der offensichtlichen Probleme für die Ofterdinger ist die Blechlawine, die sich auf der B 27 Tag für Tag durch das Dorf schlängelt. Eine Prognose, wann die Endelbergtrasse fertig sein wird und der Verkehr vierspurig an Ofterdingen vorbei rollt statt mittendurch, mochte keiner abgeben. Jürgen Armbruster rechnet fest damit, dass das Ergebnis der Planfeststellung angefochten wird, sobald es vorliegt, und dann die Richter entscheiden müssen. Martin Schmid und Martin Lutz erinnern sich beide, dass schon die Großväter sich mit Plänen zur B 27 befasst haben. Ähnlich ist es bei Kerstin Klipp-Röcker. »Die Pläne liegen schon 55 Jahre in der Schublade«, sagt sie und betont: »Wir brauchen endlich Entlastung.«
Lieber ein Tunnel als die Endelbergtrasse?
Dass inzwischen Trassen-Gegner auf den Plan getreten sind, die ein grundsätzliches Umdenken fordern, hat man in Ofterdingen mitgekriegt. Einige messen dem nicht viel Bedeutung zu. Landwirt Lutz ist überzeugt: »Wenn man die Trasse Anfang der 2000er-Jahre gebaut hätte, hätte niemand etwas gesagt.« Inzwischen werden Themen wie Flächenversiegelung oder Insektenschwund ganz anders diskutiert. »Heute würde man nicht mehr so planen.«
Jan Goldbeck betont, dass die SPD gegen die Endelbergtrasse ist. Sie sei völlig überdimensioniert, da man nicht wisse, wie sich der Individualverkehr in den kommenden Jahren entwickle. »Wir sind für eine Tunnellösung«, sagt er. Oder für eine Änderung der Verkehrsabläufe im Ort. Stichwort Ampelschaltungen oder Tempolimit. Klar sei: »Es muss sich was tun«. In B 27-Nähe habe man beim Wahlkampf ein Gespräch »alle fünf Minuten unterbrechen«müssen, weil der Rettungsdienst auf der Bundesstraße durchs Dorf brauste. »Wir fordern, dass die Regionalstadtbahn mit Nachdruck priorisiert wird«, sagt Andreas Freudemann. Die Hoffnung der Ofterdinger: Dass mehr Menschen aus dem Zollernalbkreis auf die Schiene umsteigen und sich die tägliche Blechlawine so verringert.
Die vielen Tausend, die täglich mit dem Auto auf der B 27 durch Ofterdingen fahren, werden sich übrigens demnächst vermutlich auf ein neues Tempo-Limit einstellen müssen. Armbruster erinnert an den Lärmaktionsplan der Gemeinde. Da ist die Bundesstraße 30er-Zone. Und das müsste auch stärker überwacht werden.
Erst mit Bodelshausen abstimmen
Das Thema »Promillesträßle« bewegt aktuell die Gemüter. Es geht um den Gemeindeverbindungsweg zwischen Ofterdingen und Bodelshausen, der derzeit saniert wird und für Autos gesperrt ist. Ein Teil der Strecke ist in wirklich desolatem Zustand, wie alle mitgekriegt haben. Martin Schmid betont: »Der wird echt genutzt.« Inliner, Radler und Fußgänger waren jüngst unterwegs, als Schmid sich dort umgeschaut hat.
Peter Müller weiß: »Da steckt Konflikt-Potenzial drin.« Er hätte den Weg gern in gutem Zustand. Genutzt von Radlern sowie Landwirtschaft und Forst. »Aber kein Schleichverkehr. Da fahren Kolonnen und das ist eine Belastung.« Autos können auch die B 27 befahren. Martin Lutz schüttelt den Kopf: »Es ist ein Gemeindeverbindungsweg - wie der Name schon sagt.« Er will, dass er für Autos offen bleibt. »Aber nicht für den Schwerlastverkehr.«
Martin Schmid findet die Idee, ihn notfalls als Fahrradstraße auszuweisen, gar nicht falsch. Dann hätten die Radler zwar Vorfahrt, aber Autoverkehr wäre möglich. »Lieber mit 30 Stundenkilometern hinter Radlern herfahren als gar nicht«, sagt auch Martin Lutz. Auf eines können sich alle einigen: »Man muss es mit Bodelshausen abstimmen«, sagt Jürgen Armbruster.
Auch Neu-Bürgermeister Simon Wagner, seit 1. August im Amt, ist zum Ortstermin gekommen. Der ehemalige Lehrer ist mitten in den Sommerferien, also in einer recht ruhigen Zeit ins Amt gestartet. »Der Termin war auch gezielt gewählt«, sagt er. Gleich am ersten Tag habe er Geburtstagsbesuche im Ort absolviert. Im November geht’s dann mit dem neuen Gemeinderat, der immerhin zur Hälfte ausgetauscht wurde bei der Wahl, auf Klausurtagung. Damit alle auch in alle Themen reinfinden.
Wagner möchte erkennbar von privaten Dingen kein Aufhebens machen. Es hat sich aber im Ort herumgesprochen, dass er vor wenigen Tagen seine Verlobte Catharina Krauß geheiratet hat. Ob die vier Tage, die er in Hamburg war, schon die ganzen Flitterwochen waren, die das Paar sich genehmigt, hat er nicht verraten.
Ortsmitte aufgewertet
Einig sind sich alle, dass die Neugestaltung der Bachsatzstraße die Ortsmitte aufgewertet hat. »Ein glatter Wurf und ein Hingucker«, sagt Peter Müller. Er wundert sich aber, dass Autofahrer versuchen, sich zwischen die Poller zu schlängeln, statt die ausgewiesenen Parkplätze zu nutzen. Kerstin Klipp-Röcker hat den Eindruck, dass manche noch Nachhilfe brauchen. »Die wenigsten fahren, wie sie sollen.« Da müsse man noch mal genau hinschauen. Vor allem nach den Ferien, montags und freitags nach 12 Uhr sowie mittwochs und donnerstags kurz nach 15 Uhr.
Karin Müller verrät, dass sie nach 27 Jahren in einer Reutlinger Teilgemeinde wieder in ihren Heimatort zurückgekehrt ist, und bereut es »keine Sekunde«. Sie sagt, Ofterdingen werde oft leider völlig unterschätzt, »halt der Ort mit der Durchgangsstraße«. Dabei sei das Miteinander toll, der Blick in die Natur super, und die Kirche wunderschön. (GEA)