MÜNSINGEN. Der Frühsommer beschert reichlich kirchliche Feiertage. Christi Himmelfahrt, Pfingsten, zum Abschluss noch Fronleichnam – christliche Traditionen prägen ein neues Jahr. Das ja eigentlich mit dem Frühjahr und nicht mitten im Winter beginnen sollte. Die Feiertage sollten mehr sein als Brückenschläge ins verlängerte Wochenende, das waren sie einst auch. Wichtige Meilenstein im Kalender, die über den Gottesdienstbesuch hinaus reichten. Davon zeugen auch Vögel und Blumen, die dieser Zeit zugeordnet werden.
- Pirol – der Pfingstvogel ist wieder da
Aus dem weit enfernten Winterquartier im tropischen Afrika, vorwiegend Südafrika, zurückgekehrt macht sich ein Zugvogel mit unverwechselbarem Gesang bemerkbar. Der Pirol ist der Pfingstvogel schlechthin. Auch im Biosphärenreservat Schwäbische Alb kann man ihn gelegentlich hören, jedoch ist er ein seltener Brutvogel. Trotz seines knallgelben Federkleides ist er zwischen dem Grün im Laubdach, hoch oben in den Baumkronen, kaum zu sehen. Im Kon-trast zum Gelb an Kopf, Rücken, Brust und Bauch und dem Schwarz im Federkleid von Schwanz und Flügeln sind Schnabel und Auge rot. Die Bestände gehen zurück, der Pirol steht auf der Vorwarnliste der Roten Liste gefährdeter Brutvögel. Zu den Gefährdungsursachen zählen der Verlust naturnaher Laub- und Auwälder, der Biozideinsatz in Brut-, vor allem aber Rast- und Überwinterungsgebieten, sowie die illegale Bejagung auf den Zugwegen. In den afrikanischen Winterquartieren wirken sich zusätzlich zur direkten Verfolgung die fortschreitende Rodung tropischer Wälder, aber auch klimatische Faktoren wie zunehmende Trockenheit und Dürre negativ aus.
- Kuckuck ruft’s selten aus dem Wald
»Auf einem Baum ein Kuckuck saß«, kann bald Geschichte sein. Kuckucke sind Weitstreckenzieher, die im tropischen Afrika sogar südlich des Äquators überwintern. Ihre Flugdistanz von den Überwinterungsgebieten bis zu uns beträgt 4.000 bis 6.000 Kilometer. Deswegen kehren sie erst spät heim, zuerst sind die Kuckucksmännchen mit ihren markanten Rufen zu hören. Vorausgesetzt sie haben den strapaziösen Flug und die Gefahren durch Abschuss und Vogelfang im Mittelmeergebiet glücklich überstanden. Bis vor etwas mehr als 50 Jahren kehrten regelmäßig Kuckucke zu uns zurück, und wurden gefeiert. In Mühlbach (Kreis Heilbronn) erinnert der Brauch des »Kuckucksholen« immer am Dienstag nach Pfingsten an den Glücksbringer.
Als Brutparasiten schmuggeln diese ihre Eier in fremde Nester, zuvor wird ein Ei aus dem Fremdgelege entfernt. Kuckucke überlassen ihre Jungen den Wirtseltern, von der Grasmücken bis zu Rohrsänger im Schilf. Ihre bevorzugte Nahrung, haarige Nachtfalterraupen, werden selten, und der immense Insektenverlust führt auch zu weniger Wirtsvögeln.
- Himmelfahrtsblümchen
Ab Christi Himmelfahrt, am 40. Tag nach Ostern, blüht das im Volksmund auch als »Himmelfahrtsblümchen« oder als »Katzendaibla« bezeichnete Katzenpfötchen. Es ist ein Magerkeitszeiger und blüht von weiß über rosarot bis dunkelrot, oft in größeren Polstern. Die traubigen Blütenstände erinnern in ihrer Anordnung und Samtartigkeit an Katzenpfoten. Inzwischen sind diese schönen Pflänzchen stark gefährdet. Ursache kann mangelnde Beweidung sein, die Gebüsch begünstigt. Eine Beschattung aber verträgt das filigrane Pflänzchen überhaupt nicht. Früher war das Himmelfahrtsblümchen so häufig, dass es von der Bevölkerung am Himmelfahrtsmorgen gesammelt wurde.
Alte Leute berichten von den »Mauseierla«, den Mausöhrchen, die getrocknet und zu Kränzlein geflochten wurden. In die Stube oder vors Fenster gehängt, sollten diese vor Blitzschlag schützen. Dem Volksglauben nach sollten Wurzeln und Kraut in einem weißen Tuch auf den bloßen Leib gebunden die Träger stich- und kugelfest machen. Auch als Heilkraut gegen Bronchitis und bei Gallenproblemen wurden Katzenpfötchen einst verwendet.
- Die Pfingstnelke, ein Blumengruß
Von hohen Kalkfelsen der Schwäbischen Alb grüßen um die Pfingstfeiertage herum rosa Farbtupfen. Es sind die pinkfarbenen Blütenstände der Pfingstnelke. Diese Polsterpflanze hat sich auf gering bewachsene Felsköpfe und Felsdächer spezialisiert. Das haarfeine Wurzelwerk kann tief in Ritzen des harten Kalkgesteins eindringen und ihr an die Felsoberfläche geschmiegtes, loses Polster fest verankern.
Pfingstnelken, im Volksmund auch Felsanägela genannt, sind genügsam, was ihnen einen Standortvorteil gegenüber kräftiger wachsenden Pflanzenarten verschafft. Fels ist eine Lichtinsel, die aus dem schattigen Waldmeer herausragt und den verbliebenen Rest einstiger Naturlandschaften darstellt. Felsformationen werden von einer Vielzahl seltener, vom Aussterben bedrohter Pflanzenarten bewohnt. Inzwischen sind Pfingstnelken-Vorkommen arg dezimiert. Die aparte Feiertagsblume ist deshalb laut Roter Liste gefährdet und steht unter besonderem Schutz. Das kann auch dazu führen, dass es für bestimmte Felsareale Betretungsverbote gibt. (GEA)