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Die Metzinger Anlaufstelle ist Gold wert

Menschen mit psychischen Erkrankungen können durch sie mehr in die Gesellschaft kommen. Ausgrenzung ist out.

Nur noch Schwarzsehen und keinen Sinn mehr erkennen: Depressionen sind eine Form von psychischen Erkrankungen, die für viele  Kr
Nur noch Schwarzsehen und keinen Sinn mehr erkennen: Depressionen sind eine Form von psychischen Erkrankungen, die für viele Krankheitstage sorgen. Foto: Julian Stratenschulte
Nur noch Schwarzsehen und keinen Sinn mehr erkennen: Depressionen sind eine Form von psychischen Erkrankungen, die für viele Krankheitstage sorgen.
Foto: Julian Stratenschulte

METZINGEN. Wenn jemand ein Bein gebrochen hat, läuft er oder sie ein paar Wochen mit Gips und Krücken durch die Gegend und bekommt »gute Besserung!« gewünscht. Wenn jemand eine depressive Phase durchmacht, bekommt sie oder er oft genug »Stell dich nicht so an« oder »Lass dich nicht hängen« gesagt. Gesunde Menschen sind oft unsicher im Umgang mit Betroffenen, können mit psychischen Erkrankungen nicht gut umgehen. Die sind nach außen zwar oft weniger sichtbar als der Gips am Bein, bringen aber nicht weniger Leiden mit als der Beinbruch mit - sondern oft sogar mehr und längeranhaltendes.

Umso wichtiger ist es, dass Erkrankte ernstgenommen und von der Gesellschaft nicht ausgegrenzt, sondern in sie integriert werden. Mit ihrer psychischen Störung. Und mit dem Ziel, diese zu überwinden, denn das gelingt in vielen Fällen. Stigmatisierung hilft nicht weiter, sondern kann Menschen mit Depression oder Angst, die sich ohnehin schon zurückziehen, noch mehr an sich zweifeln lassen und in der Isolation halten. Angenommen zu werden und Teil der Gesellschaft zu sein, den Selbstwert im Austausch mit anderen zu spüren und seine Schwächen und seine Stärken zeigen zu dürfen, hilft weiter.

Deshalb sind niederschwellige psychiatrische Anlaufstellen wie die in Metzingen entstehende der GP.Rt Gold wert. Depressionen, Angst oder chronische Erschöpfung sind keine gesellschaftlichen Randerscheinungen, sondern betreffen allein in Deutschland Millionen Menschen. Tendenz steigend in einer Gesellschaft, die immer schneller wird und vom Einzelnen oft immer mehr abverlangt. Die Erkrankungen sind komplex, auch die Gene und die Sozialisation spielen große Rollen.

Insgesamt sind 8,2 Prozent, das heißt 5,3 Millionen der erwachsenen Deutschen (18-79 Jahre) im Laufe eines Jahres an einer einmaligen oder anhaltenden depressiven Störung erkrankt, hält die Stiftung Deutsche Depressionshilfe mit Stand 2016 fest. Die DAK hat 2022 mit 301 Fehltagen je 100 Versicherte einen Höchststand bei psychischen Erkrankungen verzeichnet, die Fehlzeiten wegen dieser Erkrankungen lagen um 48 Prozent über dem Niveau von vor zehn Jahren. Auch diese breite Betroffenheit ist Grund genug, offen mit psychischen Störungen und den von ihnen Betroffenen umzugehen und sie nicht mehr zu tabuisieren. Am Metzinger Kelternplatz wird das ab Oktober gelingen. (GEA)

markus.pfisterer@gea.de