BERLIN. Das Ziel ist klar definiert: Die Bundesregierung will aus Sicherheitsgründen keine chinesischen Komponenten mehr im Kernbestand der deutschen Mobilfunknetze haben. Groß ist die Sorge, dass der Staatsapparat in Peking mithilfe von Hard- und Software Deutsche bespitzeln lässt und die kritische Infrastruktur – beispielsweise Krankenhäuser, Kraftwerke oder Verkehrsleitzentralen – sabotiert. Neben anderen warnt der Verfassungsschutz seit Jahren vor gezielten Ausspähversuchen. Möglich ist das: Chinesische Unternehmen sind verpflichtet, eng mit der Regierung zusammenzuarbeiten und ihren Anweisungen zu folgen. Berlin hat schon reagiert, so sind beispielsweise im Digitalfunk von sicherheitsrelevanten Behörden und Organisationen nach Regierungsangaben »keine Komponenten chinesischer Hersteller verbaut«.
Anderseits nimmt mit der zunehmenden Nutzung von Mobilfunk und Internet die Zahl der Einfallstore ständig zu. So geht die Regierung davon aus, dass durch die in Pkw verbauten Steuergeräte ausländischer Hersteller – Mikrofone, Kameras und Sensoren beispielsweise – Daten gesammelt und »auf Servern im jeweiligen Land gespeichert werden«. Das betrifft dann beispielsweise auch Behördenfahrzeuge oder Dienstwagen von Abgeordneten.
Die Regierung hat Verträge mit den deutschen Mobilfunkbetreibern geschlossen, die sie dazu verpflichten, bis spätestens Ende 2026 keine kritischen Komponenten der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE mehr in ihren 5G-Kernnetzen einzusetzen. Außerdem sind die Mobilfunkbetreiber verpflichtet, bis Ende 2029 die kritischen Funktionen der Hersteller Huawei und ZTE durch technische Lösungen anderer Hersteller zu ersetzen.
Doch einerseits geht da noch viel Zeit ins Land. Der digitalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Reinhard Brandl, hat über eine parlamentarische Anfrage an die Regierung außerdem bestätigt bekommen, dass die Ampelregierung »nach wie vor nicht weiß, wie viele chinesische Komponenten im deutschen Mobilfunknetz verbaut sind«. Eine im März vergangenen Jahres eingeleitete Prüfung läuft immer noch, wie aus der Antwort der Regierung hervorgeht. »Wenn die Ampelregierung jedoch nicht weiß, wie viele chinesische Komponenten verbaut sind, wird sie auch nie feststellen können, wann sie ihr Ziel eines Mobilfunknetzes ohne chinesische Komponenten erreicht hat«, schlussfolgert der CSU-Politiker.
Aus der Antwort geht zudem hervor, dass Updates für chinesische Komponenten »nur im Einzelfall« überprüft werden. Bei Apps von chinesischen Herstellern schließt die Regierung nicht aus, »dass Daten chinesischer Hersteller auf Server in China und an Sicherheitsbehörden übermittelt werden.« Wenn dem aber so sei, kritisiert Brandl, »bleiben Tür und Tor für den ungehinderten Einfluss von Drittstaaten weit geöffnet.«
Kanzler Olaf Scholz bekräftige im Beisein des japanischen Ministerpräsidenten Fumio Kishida kürzlich die deutschen Anstrengungen, um »Abhängigkeiten im Bereich der Telekommunikation« reduzieren zu können. Gleichzeitig lenkte der SPD-Politiker den Blick auf eines der Hauptprobleme bei der Umsetzung. »Es ist ja im Interesse der Unternehmen und der Bürger, dass sie erstklassige Angebote haben, die durch den Veränderungsprozess, der hier vereinbart worden ist, nicht beeinträchtigt werden.« Mit anderen Worten: Ohne chinesische Technologie würde die im internationalen Vergleich ohnehin nur mittelmäßige Mobilfunkversorgung nur langsam besser werden. (GEA)