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Warum es in der Reutlinger Sparkasse um neue Arbeit ging

Die Professoren Johanna Bath und Arjan Kozica berichten in der Reutlinger Kreissparkasse über ihre Forschungen an der Reutlinger Hochschule.

Prof. Johanna Bath und Prof. Arjan Kozica berichteten am Dienstagabend in der Reutlinger Kreissparkasse über ihre Forschungsfeld
Prof. Johanna Bath und Prof. Arjan Kozica berichteten am Dienstagabend in der Reutlinger Kreissparkasse über ihre Forschungsfelder der »Neuen Arbeit«. Foto: Norbert Leister
Prof. Johanna Bath und Prof. Arjan Kozica berichteten am Dienstagabend in der Reutlinger Kreissparkasse über ihre Forschungsfelder der »Neuen Arbeit«.
Foto: Norbert Leister

REUTLINGEN. »Wir wollen mit unserer Veranstaltungsreihe die Themen der Hochschule in die Stadt bringen – und zwar verständlich«, sagte Professor Bernd Thomas als Organisator der Reihe. Am Dienstagabend dieser Woche ging es in der Reutlinger Kreissparkasse am Marktplatz um »New Work«, also um neue Arbeit. »Das Thema bewegt alle Unternehmen, aber es spaltet auch«, sagte Dennis Goldbach als Vertreter der Reutlinger Kreissparkasse einführend.

»Neue Arbeit« sei im Übrigen kein neuer Begriff, er stamme vielmehr aus den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, betonte Johanna Bath in ihrem Vortrag. Die Professorin forscht an der Reutlinger Hochschule zu den Themen des gesellschaftlichen Wandels. »Mit Kreativität, Willen und Wissen können fast alle Arbeitsbereiche deutlich attraktiver gestaltet werden«, sagte Bath. Aber: In Deutschland werde gerade eher zurückgerudert. Nach dem enormen Schub für Homeoffice während der Pandemie, würden nun angesichts der Wirtschaftskrise viele Unternehmen (ebenso wie die Politik) laut nach längeren Arbeitszeiten rufen, nach Anhebung des Rentenalters und anderem mehr.

»Unternehmen müssen attraktiver werden, sich neue Zielgruppen als Beschäftigte erschließen«

Dabei sei laut Bath eines klar: »Unternehmen müssen attraktiver werden, sich neue Zielgruppen als Beschäftigte erschließen.« Denn: Der Fachkräftemangel habe noch gar nicht richtig begonnen, »die zahlenmäßig schwächsten Jahrgänge kommen erst in rund zehn Jahren im Arbeitsmarkt an«, so die Professorin. Auffällig sei beim Blick auf die heutigen jungen Menschen, dass sie anders auf ihre Berufstätigkeit schauten als die vorhergehenden Generationen.

Die finanzielle Sicherheit liege dem heutigen Nachwuchs auch weiter am meisten am Herzen. Der Beruf müsse Spaß machen und zu einem selbstbestimmten Leben beitragen, so Bath. Eine deutlich untergeordnete Rolle spiele bei Berufsanfängern hingegen der berufliche Erfolg und Karriere. Zudem gehe die Identifikation mit dem Arbeitgeber deutlich zurück. Das Fazit der Professorin aus ihren Forschungen und dem Vortrag in der Reutlinger Kreissparkasse lautete: »Anstatt auf die Denkweisen aus der Vergangenheit zurückzufallen, müssen wir uns dem Wandel stellen.«

»Anstatt auf die Denkweisen aus der Vergangenheit zurückzufallen, müssen wir uns dem Wandel stellen«

Professor Arjan Kozica lehrt an der Reutlinger Hochschule »Organisation und Leadership«, am Dienstagabend berichtete er aus seinen Forschungen, wie etwa mit »Experimentierräumen« neue Arbeit gestaltet werden könnte. Zusammen mit seinen Studierenden und zahlreichen Unternehmen wie der AOK, der Sparkassen-Versicherung, aber auch einigen sozialen Einrichtungen forscht Kozica. »Diese Einrichtungen haben alle Voraussetzungen wie etwa Fachkräftemangel, Digitalisierung, Flexibilisierung von Arbeit wie andere Unternehmen auch.«

Bei den Forschungen gehe es darum, durch »Experimentieren« zu lernen. Etwa, wenn ein Pflegedienst in einer sozialen Einrichtung plötzlich keine Chefin, keinen Chef mehr hätte, sich die Beschäftigten selbst organisieren müssten. Mache das Sinn? Welche Erkenntnisse ergeben sich dadurch? Ist es eher befreiend, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbstbestimmter arbeiten oder zusätzliche Belastung, sodass sie gar nicht mehr zu ihrer täglichen Arbeit kommen?

»Das Team, das in dem Experimentierraum dabei war, entscheidet nach einem Jahr, ob es doch lieber wieder einen Chef haben will oder weiter selbst organisiert arbeiten will«, so Kozica. Bei den bisherigen Forschungen sei im Übrigen herausgekommen, dass durch das Experimentieren mit neuen Arbeitsformen, mit Teilzeitarbeit, Homeoffice, selbstbestimmterer Tätigkeit »auf jeden Fall Lernprozesse angestoßen werden«, so der Professor. Er endete mit einer Weisheit von Thomas von Aquin: »Für Wunder muss man beten, für Veränderungen aber arbeiten.« Der Philosoph und Theologe von Aquin lebte im 13. Jahrhundert. (GEA)