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Aktuell INTERVIEW

Vorstandsvorsitzender von Datagroup in Pliezhausen: »Wir müssen uns ständig wandeln«

Vorstandsvorsitzender Andreas Baresel erläutert die Lage und die Strategie von Datagroup in Pliezhausen

Andreas Baresel ist seit zwei Jahren Vorstandsvorsitzender des börsennotierten IT-Dienstleiters Datagroup. FOTOS: PIETH
Andreas Baresel ist seit zwei Jahren Vorstandsvorsitzender des börsennotierten IT-Dienstleiters Datagroup. FOTOS: PIETH
Andreas Baresel ist seit zwei Jahren Vorstandsvorsitzender des börsennotierten IT-Dienstleiters Datagroup. FOTOS: PIETH

PLIEZHAUSEN. Künstliche Intelligenz, Cyber-Sicherheit und Cloudtechnologien sind wichtige Zukunftsthemen für Informationstechnologie (IT)-Dienstleister wie Datagroup. Warum das so ist, erklärt Vorstandsvorsitzender Andreas Baresel, ebenso warum er bei Firmenzukäufen noch großes Potenzial sieht.

GEA: Wie ist die aktuelle Lage bei Data-group?

Andreas Baresel: Wir können überhaupt nicht klagen. Meiner Meinung nach wird in Deutschland eh zu viel gejammert. Wir haben so viele erfolgreiche Mittelständler, die auf ihren Märkten eine Superposition haben. Handlungsbedarf besteht natürlich immer, besser geht's auch immer. Datagroup hat ein gesundes Kerngeschäft. Aber wir sind in einem Markt, der extrem dynamisch ist. Wir müssen uns ständig wandeln und in Zukunftsthemen investieren. Derzeit sind das künstliche Intelligenz, Cyber-Sicherheit und Cloudtechnologien. Die Ergebnisse im ersten Geschäftsquartal 2023/2024, also von Oktober bis Dezember 2023, waren deutlich positiv, aber wegen der Investitionen halt nicht ganz so stark wie im Vorquartal. Deswegen ist die Resonanz am Kapitalmarkt etwas verhalten.

Gibt es Problemstandorte oder Problemtochterfirmen im Konzern?

Baresel: Prinzipiell nicht. Da wir jedoch auch anorganisch wachsen, kommen durch Zukäufe Firmen unterschiedlichen Ursprungs dazu. Teil unserer Gesamtentwicklung ist daher stets Transformation dessen, was wir irgendwann dazugekauft haben. Im Geschäftsjahr 2022/2023 haben wir so viele Umsätze transformiert, das heißt Umsätze abgebaut und durch neues Geschäft ersetzt, wie schon lange nicht mehr. Das sind knapp 40 Millionen Euro gewesen. Oft sind bei Zukäufen Handelsumsätze dabei, die wir als stark an Dienstleistungen orientiertes Unternehmen eher abgeben wollen.

PERSON UND KONZERN

Andreas Baresel wurde im Januar 1975 in Schwäbisch Gmünd geboren. Er ist in Fellbach-Schmiden (bei Stuttgart) und nahe Ulm aufgewachsen. Nach dem Abitur in Ulm und seiner Bundeswehrzeit in Calw hat er in Nürnberg Betriebswirtschaftslehre studiert und als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Seit 2012 arbeitet er für Datagroup, seit 2018 gehört er dem Vorstand an, seit zwei Jahren ist er Vorstandsvorsitzender. Baresel ist verheiratet und hat drei Söhne (16, 18 und 21 Jahre alt). Seinen Erstwohnsitz hat er seit über 20 Jahren in Rosenheim (Bayern). Der börsennotierte IT-Dienstleister Datagroup beschäftigt 3.500 Menschen, davon 280 am Sitz in Pliezhausen-Gniebel und 50 in Reutlingen. Im Geschäftsjahr 2022/2023, das am 30. September endete, machte Data- group einen Umsatz von 498 Millionen Euro und erzielte einen Gewinn nach Steuern von 28 Millionen Euro. (rog)

Wie haben die Kunden darauf reagiert?

Baresel: Es gibt Verträge, in denen wir gerne etwas mehr hätten, damit es sich für uns besser rechnet. Wir wollen für unsere Arbeit ein vernünftiges Geld verdienen. Bei früheren Akquisitionen läuft ein Teil des Bestandsgeschäfts aus. Es ist so, dass wir dann den Vertrag zu besseren Konditionen verlängern wollen. Manche Kunden suchen sich vor allem bei Hardware – nicht unser Kernthema – einen anderen Anbieter.

»Künstliche Intelligenz wird die IT-Branche massiv verändern«

 Sie sagen, das Unternehmen investiert in Zukunftsthemen. Was heißt das konkret?

Baresel: Künstliche Intelligenz (KI) wird die IT-Dienstleistungsbranche massiv verändern. Man kann Dienstleistungen automatisieren, die man so bisher nicht automatisieren konnte. Wir haben eine Technologie gekauft mit dem dazu passenden Team. Das dient im Endeffekt dazu, unsere IT-Serviceproduktion besser zu automatisieren. KI bietet die Möglichkeit, dass ich eine Maschine in kleinen Wissensbausteinen trainiere. Die KI kann quasi das Wissen unserer Experten nutzen, um auch unstrukturierte Probleme zu lösen. Ein neuer Bereich wird adressierbar. Wir geben unseren Experten ein Werkzeug an die Hand, mit dem sie ihre Wirkungskräfte vervielfältigen können. Dies wirkt auch dem Fachkräftemangel entgegen.

Seit wann läuft dieser Prozess?

Baresel: Seit Sommer vergangenen Jahres. Wir trainieren derzeit eine eigene Technologie. Da entsteht Wissen, das uns gehört und mit dem wir in Zukunft arbeiten können. Das Kernteam besteht aus 20 Personen in der Nähe von Frankfurt. Weitere Mitarbeitende, die damit befasst sind, sind in ganz Deutschland verteilt.

Sie stellen sich auch beim Thema Cyber-Sicherheit neu auf.

Baresel: Sicherheit ist für Kunden existenziell. Da gibt es eine Wechselbeziehung zwischen dem Vorbereitungsgrad und der Wirkung einer Attacke: Wie hart trifft es ein Unternehmen, und wie lange dauert es dann bis zum Wiederanlauf der Systeme, um wieder halbwegs arbeiten zu können? Wir haben ein Kernteam in Nürnberg und über die Fläche verteilt 230 Security-Kollegen. Das ist auch für uns als Dienstleister existenziell, um sicher Services anbieten zu können und selbst geschützt zu sein. Die Datagroup Cybersecurity GmbH adressiert das Thema ganzheitlich mit Beratung und Analysen.

Bislang war IT-Sicherheit kein Schwerpunkt von Datagroup?

Baresel: Unsere Devise war, alle IT-Services anzubieten, die ein Mittelständler für seinen IT-Grundbetrieb braucht. Security, künstliche Intelligenz und Cloudtechnologien sind wichtig geworden. Experten schätzen, diese Themen könnten künftig 75 Prozent des IT-Geschäfts ausmachen.

Was können Sie über die »Wolken«, die Cloudtechnogien von Datagroup, ausführen?

Baresel: Das ist das älteste der drei Themen. Der Bedarf der Kunden differenziert sich stärker aus. In der Zukunft wird ein Teil des Cloudeinsatzes aus branchenspezifischen Clouds kommen. Der Markt wird also bunter. Wir haben uns darauf ausgerichtet, Energie reinzustecken, um unsere Fähigkeiten hochzufahren.

Andreas Baresel (Mitte), Vorstandsvorsitzender der Datagroup SE, und Sarah Berger-Niemann, Leiterin Unternehmenskommunikation de
Andreas Baresel (Mitte), Vorstandsvorsitzender der Datagroup SE, und Sarah Berger-Niemann, Leiterin Unternehmenskommunikation des Unternehmens, im Gespräch mit GEA-Wirtschaftsredakteur Uwe Rogowski. Foto: Frank Pieth
Andreas Baresel (Mitte), Vorstandsvorsitzender der Datagroup SE, und Sarah Berger-Niemann, Leiterin Unternehmenskommunikation des Unternehmens, im Gespräch mit GEA-Wirtschaftsredakteur Uwe Rogowski.
Foto: Frank Pieth

Anorganisches Wachstum ist eine wichtige Säule Ihrer Strategie. Seit dem Börsengang im Jahr 2006 hat Data-group 33 Firmenzukäufe gemeldet. Wie schätzen Sie den Markt für weitere Übernahmen ein?

Baresel: Inzwischen sind auch andere auf die Idee gekommen, dass man aus kleineren IT-Unternehmen was Großes zusammenbauen kann. Deswegen herrscht einiges an Wettbewerb um die Unternehmen. Manche IT-Systemhäuser haben erkannt, dass die Zukunft in der Dienstleistung liegt und das Ganze unter einem großen Dach Sinn macht. Es gibt Marktbegleiter, die eher Richtung Masse konsolidieren. Wir bieten ein Portfolio, wo zugekaufte Firmen von Tag eins an ihren Kunden mehr anbieten können als sie das bisher alleine konnten. Diesen Ansatz finden nach wie vor viele Unternehmer richtig, die ihre Firma verkaufen, aber nicht sofort aussteigen wollen.

Wie sieht Ihr Zielmarkt aus?

Baresel: Wir befassen uns mit Betrieben mit 50 bis 300 Beschäftigten. Der Markt an IT-Dienstleistungshäusern in dieser Größe dürfte alleine in Deutschland im vierstelligen Bereich liegen. Das Potenzial ist also noch groß genug für zwei bis vier Übernahmen pro Geschäftsjahr.

Sind die Verhandlungen über den Kaufpreis oft schwierig?

Baresel: Es handelt sich in der Regel um Unternehmer mit Leib und Seele. Die wissen auch, wie man verhandelt. Wir achten sehr darauf, ob es von der Philosophie her passt. Wir wollen nicht viele Wochen Verhandlungsschleifen drehen. Da redet man recht schnell Tacheles.

Am Donnerstag steht die Hauptversammlung von Datagroup an Ihrem Firmensitz an. Was erwarten Sie?

Baresel: Wir machen das weiterhin als Präsenz-Hauptversammlung. 160 Aktionäre haben sich bislang angemeldet. Es gibt aus dem Kreis der Aktionäre auch Forderungen, die Hauptversammlung online abzuhalten, wie es andere börsennotierte Unternehmen machen. Auf der Tagesordnung stehen diesmal keine spektakulären Themen. Ich freue mich darauf, Hintergründe über unser Geschäft erklären zu können. Außerdem geben wir unsere Vorhersagen für wichtige Zahlen für das komplette laufende Geschäftsjahr 2023/2024 bekannt. (GEA)