BERLIN. MAN-Energy-Solutions-Chef Uwe Lauber sinnt gerade über einen neuen Namen für sein Unternehmen nach. Die neue US-Administration bringt ihn dabei kaum aus der Ruhe. Sein Urteil über Robert Habeck fällt überraschend moderat aus. GEA: Herr Lauber, beginnen wir mit einem leichten Thema. MAN Energie Solutions soll einen neuen Namen bekommen. Das hat der Vorstand beschlossen. Überraschen Sie uns: wie wird die Firma künftig heißen?
Uwe Lauber: Der neue Name wird Mitte dieses Jahres offiziell kundgegeben. Wir sind jetzt in Vorbereitung, denn so eine Namensänderung ist nicht einfach. Das heißt nicht nur, altes Logo runter in Augsburg und ein neues hoch, sondern die Namensänderung betrifft 140 Standorte weltweit. Und alle Bankkonten, E-Mail-Adressen, Visitenkarten und so weiter.
Lassen Sie mich raten. Am Ende wird es ein englischer Name und das Wörtchen »green« ist Teil davon…
Lauber: Nicht unbedingt. Aber der neue Name soll Ausdruck davon sein, dass sich das Unternehmen weiterentwickelt. Wir kommen vom Diesel und dieses Erbe ist uns wichtig. Aber heute haben wir Produkte im Angebot, die in die Energiewende und klimaneutrale Energieerzeugung einzahlen, zum Beispiel Großwärmepumpen und Anlagen zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid.
Zu den ernsten Themen dieser Zeit. Donald Trump ist wieder US-Präsident. Unmittelbar nach Amtsübernahme ist er aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten, seine Maxime lautet: Maximale Förderung von Öl und Gas. Müssen Sie jetzt die Strategie von MAN Energy Solutions ändern und das Geschäft mit der Energiewende eindampfen?
Lauber: Im Moment ist es noch zu früh, um das zu beurteilen. Natürlich hat jeder die Befürchtung, dass Trump alles wieder zurückdreht, was ich aber nicht unbedingt glaube. Das Thema Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid bei der Förderung von Flüssiggas LNG wird zum Beispiel bleiben. Die Projekte, die mit den Ölkonzernen wie Exxon, BP und anderen vereinbart sind, die werden auch realisiert. Und in diesem Geschäftsfeld sind wir unterwegs und werden zulegen. Das ergänzt unser Geschäft der Fördertechnik von Öl und Gas. Das wird nicht unbedingt wachsen, aber zumindest stabil sein. Wir sitzen mit unserer US-Tochter ja im Herzen der US-Öl- und Gasindustrie, in Houston im Bundestaat Texas.
Ihr Zukunftsgeschäft sollen aber große Wärmepumpen sein, die 50.000 Haushalte mit Wärme versorgen können. In Boston bauen Sie solch eine Anlage, die mit Flusswasser betrieben wird. Fürchten Sie nicht, dass unter Trump dieser Technologie das Ende droht?
Lauber: Nein, das tue ich nicht. Ich rechne damit, dass wir im Frühjahr die Bestellung aus Boston bekommen. Für die Energieversorger in Amerika ist es eine rein wirtschaftliche Betrachtung. Eine große Wärmepumpe zu betreiben, ist einfach energetisch und wirtschaftlich gesehen viel günstiger, als die Energie aus Gas oder Öl zu holen. Flusswasser kostet eben nichts. Unterm Strich bleibt mehr Geld und der Umwelt tue ich auch etwas Gutes, auch wenn das vielleicht nicht die Hauptmotivation ist.
Donald Trump trägt Schutzzölle für die US-Wirtschaft wie eine Monstranz vor sich her. Was heißt das für Ihr Unternehmen?
Lauber: Ich erwähnte bereits, dass wir eine Niederlassung in Texas haben. Ich muss unsere Produkte lokal anbieten können, ich muss auch lokalen Service haben. Es kann nicht sein, dass ich extra Techniker aus Augsburg einfliegen lassen muss, wenn bei unseren Kunden etwas kaputt ist. Und ich kann auch nicht bei den Wärmepumpen und CO2- Abscheidern alles aus good old Germany machen. Am Ende des Tages wird es eine Mischung sein zwischen deutschen Standorten und den lokalen Gesellschaften in Amerika. Der Kern kommt von unseren Werken in Augsburg, Oberhausen, Zürich oder Berlin, der Rest wird lokal zugekauft und die Maschine in Amerika zusammengebaut.
Sie blicken der Zollpolitik also recht gelassen entgegen.
Lauber: Ja. Und wir können auch zügig umschwenken.
Ihre Mitarbeiter in Deutschland müssen sich also keine Gedanken machen, dass »America first« ihre Stellen gefährdet?
Lauber: Im Gegenteil, wenn der Markt sich so weiterentwickelt wie bisher, ist das gut für unsere Leute hier. Ich sage mal ganz simpel und über den Daumen gepeilt: Von jedem Euro oder Dollar, den wir dort umsetzen, landen 50 Cent in unseren Hauptstandorten.
Union, FDP und AfD wollen die großzügige Förderung grüner Einzelprojekte abschaffen, wie es bislang die Politik von Wirtschaftsminister Robert Habeck war. Was hieße das für Ihr Unternehmen, wenn der Habecks Ansatz nach der Wahl nicht mehr weitergeht?
Lauber: Ich finde es ein bisschen unfair, in welcher Weise Habeck viel Kritik entgegengebracht wird. Wir haben schwächere Wirtschaftsminister gesehen. Dass der Ausbau von Windkraft und Solarenergie jetzt durchstartet, ist sein Verdienst. Richtig ist aber auch: Das Kraftwerksgesetz und das Gesetz über Abscheidung und Einlagerung von CO2 hat er nicht mehr durch das Parlament gebracht, weil die Ampel-Koalition zuvor zerbrochen ist. Das sehe ich kritisch. Bis sich eine neue Regierung findet und Arbeitstempo aufnimmt, vergehen wieder zwölf Monate. Habecks Entwürfe sind nicht hinreichend, aber sie liegen vor, dem könnten alle Parteien im Bundestag zustimmen. Noch haben sie Zeit. Es wäre wichtig für die Wirtschaft.
So eine starke Verteidigung Habecks hört man nur selten in der Wirtschaft.
Lauber: Moment. Auch Habeck hat die Unwucht der Energiewende nicht beseitigen können. Wir bekommen jetzt zwar von Frühjahr bis Herbst massig Strom von den Erneuerbaren, aber uns fehlen Speicher, um die überschüssige Energie behalten zu können. Die Transformation braucht Zeit und ich stelle infrage, ob wir wirklich bis 2045 alles auf grün umgestellt haben müssen. Die Energiewende muss ja auch bezahlbar bleiben. Wir brauchen pragmatische Zwischenschritte, das gilt auch beim Wasserstoff.
Mit dem sollen doch schon bald klimafreundlich Heizungen laufen, grüner Stahl gegossen und Flugzeuge fliegen.
Lauber: Die Wasserstoffwirtschaft wird hochlaufen und das muss auch beschleunigt werden. Das kann der Markt allein nicht leisten. Wir brauchen eine pragmatische Industriepolitik! Flugzeuge und Schiffe werden 2030 nicht mit grünem Wasserstoff fahren. Die Mengen, die allein die Industrie benötigt, werden über Jahre nicht zur Verfügung stehen. Nehmen Sie Schiffe: Als ein Schiffstreibstoff der Zukunft ist Methanol gut geeignet. Das kann aus Wasserstoff gewonnen werden. Wenn wir da rein auf grünen Wasserstoff setzen, dauert die maritime Energiewende Jahrzehnte. Alternativ können wir Methanol aus Erdgas gewinnen und müssen dann eben das CO2 abscheiden und einlagern, damit es nicht in die Atmosphäre gelangt. Ich bin auch nicht recht davon überzeugt, dass es sinnvoll ist, jetzt schon wasserstofffähige Gaskraftwerke zu bauen. Die Kraftwerke sind H2 ready. Aber wann ist der H2 ready? Diese Kraftwerke sind viel teurer, aber laufen bis mindestens 2035 ohnehin nur mit Gas, weil es den grünen Wasserstoff noch gar nicht gibt. Das alles macht die Energiewende teuer.
Sie haben vergangenes Jahr angekündigt, dass Sie keine neuen Gasturbinen mehr entwickeln wollten. Das war die Reaktion auf die Entscheidung Habecks, dass Sie die Sparte nicht nach China verkaufen dürfen. Gibt es da jetzt noch mal Überlegungen, diesen Schritt zu überdenken angesichts der neuen politischen Verhältnisse?
Lauber: Nein. Sie können da nicht einfach vor- und zurückspringen. Der Entscheid ist getroffen, hier nicht weiterzumachen. Wir investieren unser Geld in neue CO2-neutrale Produkte. (GEA)
ZUR PERSON
Uwe Lauber ist seit dem 1. Januar 2015 Vorstandsvorsitzender der MAN Energy Solutions SE, einer 100-prozentigen Tochter des VW-Konzerns. Seit Januar 2016 ist er zudem Technologievorstand. Lauber hat in Konstanz, St. Gallen und Kronstadt Ingenieurswissenschaften studiert. (GEA)