REUTLINGEN. Eine deutsche Tochterfirma des US-Elektroautobauers Tesla will mehr als 300 (von etwa 400) Beschäftigte der insolventen Maschinenbaufirma Manz und entsprechendes Anlagevermögen im Industriegebiet Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt (Mahden) übernehmen sowie die Betriebsimmobilie dort nutzen. Ein entsprechender Kaufvertrag zwischen der Tesla Automation GmbH (Prüm/Rheinland-Pfalz) und dem Insolvenzverwalter sei unterzeichnet worden, teilte Insolvenzverwalter Martin Mucha, 54, Rechtsanwalt in Stuttgart, mit. Über den Kaufpreis wurden in der Mitteilung keine Angaben gemacht. Der Erlös fließe in die Insolvenzmasse ein.
Mucha sagte, man sei froh darüber, die mit Tesla geführten Verhandlungen erfolgreich zum Abschluss gebracht zu haben, viele Arbeitsplätze zu erhalten und den Mitarbeitern somit eine berufliche Zukunft in dem wohl bekanntesten Automobilkonzern der Elektromobilität ermöglicht zu haben.
Die Tesla-Tochter hat im Jahr 2023 bei einem Umsatz von 292,5 Millionen Euro einen Gewinn nach Steuern von 16,7 Millionen Euro erzielt. Sie ist im Sondermaschinenbau tätig und beschäftigt an den bisher drei deutschen Standorten Prüm, Neuwied (beide Rheinland-Pfalz) und Neutraubling (Bayern) laut Firmenhomepage mehr als 1.350 Personen. Lothar Thommes, 53, Geschäftsführer von Tesla Automation, wird in der Pressemitteilung wie folgt zitiert: »Wir gewinnen qualifizierte Mitarbeiter mit hoher Expertise im Hightech-Maschinenbau. Der Standort Reutlingen ist eine ideale Ergänzung zur weiterhin erfolgreichen Umsetzung unserer weltweiten Automatisierungsprojekte im Tesla-Konzern.«
Transfergesellschaft
Den etwa 100 ausscheidenden Manz-Mitarbeitern, die nicht zur Tesla Automation GmbH wechseln können, wird Mucha zufolge der Übertritt in eine Transfergesellschaft angeboten – »um die sozialen Nachteile des Verlustes ihrer Arbeitsplätze bestmöglich abzufedern«.
Manz beliefert nach früheren Angaben unter anderem Kunden aus der Automobilindustrie und der Batteriefertigung mit Produktionslösungen. Erwartete Umsätze im Bereich Elektromobilität hätten sich nicht wie erwartet realisiert. Deshalb wurde kurz vor Weihnachten 2024 ein Insolvenzantrag beim Amtsgericht Stuttgart gestellt. Als Konzern hat Manz von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den für Württemberg zuständigen Gruppen-Gerichtsstand Stuttgart zu beanspruchen – und nicht den eigentlich für den Firmensitz zuständigen Gerichtsstand Tübingen. Für die Monate Dezember, Januar und Februar erhielten die Beschäftigten von der Agentur für Arbeit Insolvenzgeld.
Das Amtsgericht Stuttgart hat nun das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Manz AG wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Aus einer Bekanntmachung des Gerichts geht zudem hervor, dass der vorläufige Insolvenzverwalter Mucha zum Insolvenzverwalter bestellt wurde.
Interessenten für Tochterfirmen
Ende November hatte die Manz-Gruppe weltweit 1.179 Beschäftigte, davon 417 in Reutlingen. Die weiteren Arbeitnehmer sind bei Tochterfirmen in der Slowakei, in Italien, China, Taiwan, Indien und in den USA tätig. Diese Tochtergesellschaften und sonstige Beteiligungen der Manz AG sollen veräußert werden, heißt es nun. »Wir führen derzeit mit mehreren Interessenten aussichtsreiche Gespräche«, wird Mucha zitiert.
Im Jahr 2023 erzielte Manz einen Umsatz von 249,2 Millionen Euro und wies einen Verlust von 2,4 Millionen Euro aus. Auch in den beiden Jahren zuvor waren rote Zahlen geschrieben worden: 2022 betrug der Fehlbetrag 12,1 Millionen Euro, 2021 sogar 43,6 Millionen Euro. Nach neun Monaten des Jahres 2024 gab Manz bei einem Umsatz von 133,7 Millionen Euro ein Konzernergebnis von minus 25,4 Millionen Euro bekannt.
Das noch börsennotierte Unternehmen werde nun schrittweise abgewickelt, erläuterte Mucha. Bisherige Anteilseigner gingen voraussichtlich leer aus. Die Manz-Aktie notierte am Dienstag mit 44 (Montag: 50) Cent. Laut Firmenhomepage befinden sich 42,7 Prozent der 10,251 Millionen Manz-Aktien in Streubesitz, also in den Händen vieler Kleinaktionäre. Die Familie von Dieter Manz, 63, der das Unternehmen 1987 gegründet und 2006 an die Börse geführt hatte und bis 2017 Vorstandsvorsitzender und zuletzt Aufsichtsratsmitglied war, hält demnach 16,9 Prozent der Anteile. Eng Kee Tan, Gründer und Mehrheitsaktionär von Greatech Technology (Malaysia), steht für 18,0 Prozent der Aktien, die Shanghai Electric Germany Holding GmbH für 14,9 Prozent und die Daimler Truck AG für 7,5 Prozent. (dpa/GEA)