REUTLINGEN/OFFENBURG.. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und die Bäckerbub GmbH (Offenburg) haben sich am Montag in der zweiten Verhandlungsrunde in Offenburg auf einen neuen Haustarifvertrag geeinigt. Er gilt für die 510 Beschäftigten der 100-prozentigen Bäckerei-Tochter von Edeka Südwest an den Standorten Reutlingen (140 Beschäftigte), Mannheim und Neuenburg (nahe Freiburg). Dies teilte am Dienstag zunächst die NGG mit. Später bestätigte die Pressestelle von Edeka Südwest in Offenburg auf GEA-Nachfrage die Verhandlungsergebnisse.
Demnach steigen die Löhne und Gehälter der Beschäftigten bei einem Nullmonat rückwirkend zum 1. Mai 2025 um 3 Prozent. Das Gros der Bäckerbub-Beschäftigten verdient nun in den Tarifgruppen 1 und 2 pro Stunde 23,19 Euro und 21,35 Euro. Die Vergütungen der drei Auszubildenden erhöhen sich von September an um 50 Euro pro Monat. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags beträgt zwölf Monate bis 31. März 2026. Es ist der zweite Haustarifvertrag nach dem Rückzug von Bäckerbub aus dem Flächentarifvertrag. Der erste war Ende März 2025 nach zwölf Monaten ausgelaufen.
Bewertungen der Ergebnisse
»Dieser Abschluss bringt einen realen Lohnzuwachs für alle Beschäftigten und schützt zugleich wichtige tarifliche Errungenschaften. In Zeiten, in denen die Preise weiter steigen und viele schon jetzt jeden Cent umdrehen müssen, ist das ein gutes Ergebnis«, erklärte Alexander Münchow, Verhandlungsführer der NGG.
»Der erreichte Tarifabschluss stellt in dem derzeit schwierigen Marktumfeld einen vertretbaren Kompromiss dar. Er trägt den berechtigten Interessen unserer Mitarbeitenden ebenso Rechnung wie den unternehmerischen Erfordernissen«, teilte Christhard Deutscher, Pressesprecher von Edeka Südwest, auf Anfrage dieser Zeitung mit. Er fügte hinzu: »Mit dem neuen Tarifvertrag schaffen wir klare und verlässliche Rahmenbedingungen an den drei Standorten unserer Backbetriebe.«
Wie berichtet, hatte die NGG 6,5 Prozent mehr Geld beziehungsweise 100 Euro mehr pro Monat für Auszubildende bei einer Laufzeit von zwölf Monaten gefordert. Bäckerbub hatte in der ersten Verhandlungsrunde bei zwei Nullmonaten 1 Prozent mehr Geld von Juni 2025 an und noch 1 Prozent mehr von Juni 2026 an bei einer Laufzeit von 24 Monaten angeboten. Allerdings sollten laut NGG 80 Beschäftigte – davon 30 in Reutlingen – in eine schlechter bezahlte Lohngruppe heruntergestuft werden: von Tarifgruppe 3 (bisher 19,82 Euro, nun 20,41 Euro Stundenlohn) in Tarifgruppe 4 (bisher 17,58 Euro, nun 18,11 Euro Stundenlohn).
Dieses erste Angebot der Firma sei in der Belegschaft überhaupt nicht gut angekommen, berichtete Peter Stauche, Betriebsratsvorsitzender von Bäckerbub in Reutlingen, jüngst dem GEA. Daher sei die Bereitschaft zur Teilnahme an einem Acht-Stunden-Warnstreik am 29. April hoch gewesen. An diesem Tag sind nach früheren NGG-Angaben 34 Tonnen Backwaren in Reutlingen nicht produziert worden. Ähnliche Aktionen gab es am selben Tag in Mannheim und Neuenburg.
Rückstufung verhindert
»Die Rückstufungsforderung war absolut respektlos gegenüber der Leistung unserer Kolleginnen und Kollegen und darüber hinaus sozial untragbar. Wir haben sie verhindert. Damit bleiben bereits erkämpfte Tarifstandards unangetastet«, stellte Münchow nun fest. Die Warnstreiks an den drei Standorten hätten die Arbeitgeber-Vertreter zum Einlenken gezwungen. »Die NGG bewertet den Abschluss als wichtigen Erfolg für die Beschäftigten bei Bäckerbub und als starkes Beispiel für wirkungsvolle Tarifpolitik«, sagte Münchow.
Der Backbetrieb im Industriegebiet Reutlingen-West (Betzingen) besteht seit dem Jahr 1978. Bäckerbub hat ihn 1998 von Familie Wucherer (Kawu) übernommen. Heute werden von dort über 200 Verkaufsstellen, überwiegend »Marktbäckereien« (früher: K&U-Filialen) in Edeka-Märkten, beliefert. (GEA)