BERLIN. In den Streit um die Vergütung freiberuflicher Hebammen kommt Bewegung. »Die neue Bundesregierung wird sich das definitiv im Detail noch mal ansehen«, sagte die Gesundheits- und Pflegeexpertin der CSU, Emmi Zeulner, unserer Redaktion. Gegebenenfalls müsse der Anfang April beschlossene Vertrag über die Honorierung von Hebammen noch einmal »nachjustiert« werden. Stand jetzt sollen so genannte Beleghebammen, die freiberuflich in Krankenhäusern arbeiten, lediglich 80 Prozent der Lohnerhöhung bekommen, die andere freiberufliche Hebammen erhalten.
Seit Wochen streiten der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) und der Deutsche Hebammenverband über die Honorierung der rund 19.000 freiberuflichen Hebammen in Deutschland. Der gegen den Willen des Hebammenverbandes beschlossene Rahmenvertrag tritt zum 1. November in Kraft. Danach soll der Stundenlohn für freiberufliche Hebammen, die außerhalb von Kliniken tätig sind, von 56 auf etwa 74 Euro steigen. Beleghebammen dagegen sollen nur knapp 60 Euro erhalten. Eine Übergangsvereinbarung sieht erste Lohnerhöhungen ab dem 1. Mai vor. Der Hebammenverband hatte deutlich mehr Geld gefordert und fürchtet nun um die Qualität der Geburtshilfe. Eine Petition fordert nun, den Vertrag, der auch Abstriche bei den Nacht- und Wochenendzuschlägen vorsehe, zurückzunehmen oder ihn grundlegend zu überarbeiten.
Die Kassen werten den Vertrag hingegen als deutliche Verbesserung. »Wir freuen uns, dass Hebammen mit dem neuen Hebammenhilfevertrag eine weitere finanzielle Aufwertung ihrer Arbeit erhalten. Der neue Vertrag sieht darüber hinaus viele strukturelle Änderungen vor, die die Versorgung der Versicherten verbessert«, erklärte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Stefanie Stoff-Ahnis. Neben der höheren Vergütung soll vor allem die Eins-zu-Eins-Betreuung gestärkt werden. Betreut eine Beleghebamme durchgängig eine Frau während der Geburt, erhält sie einen finanziellen Zuschlag. Wie die GKV mitteilt, sollen außerdem zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, wenn Kliniken weitere Beleghebammen einstellen und damit eine bessere Betreuung ermöglichen.
Der DHV wiederum begrüßt zwar den Willen, die Eins-zu-Eins-Betreuung zu stärken. Allerdings sieht er in der reinen finanziellen Belohnung kein geeignetes Mittel. Vielmehr müssten zunächst die personellen und strukturellen Voraussetzungen für eine solche Betreuung sichergestellt werden. In der Realität müssten Beleghebammen oft mehrere Geburten gleichzeitig betreuen. Dafür sollen sie mit dem neuen Hebammenhilfevertrag aber nur noch mit 30 Prozent des Stundenlohns vergütet werden. Befürchtet wird eine faktische finanzielle Benachteiligung der Beleghebammen. Der Verband hatte einen Stundenlohn von 88,20 Euro gefordert, den Beleghebammen ebenfalls ausgezahlt bekommen sollen.
Ursula Jahn-Zöhrens, Präsidiumsmitglied des DHV, erklärte: »Mit diesem aus unserer Sicht absolut fatalen Ergebnis werden Beleghebammen zum wiederholten Male schlechter gestellt. Für viele Kolleginnen, die zwar in ihrem Traumjob, aber schon heute mit prekärem Auskommen arbeiten, dürfte diese Entscheidung das endgültige Berufs-Aus bedeuten.«
In Deutschland werden etwa 25 Prozent der Geburten in Kliniken von freiberuflichen Beleghebammen begleitet. In einigen Bundesländern ist das bei der Mehrzahl der Geburten der Fall. (GEA)