REUTLINGEN. In diesen Tagen häufen sich in der Autobranche die schlechten Nachrichten. Dabei stehen meist die großen Autobauer wie VW im Mittelpunkt des Interesses. Doch die Krise trifft die Autozulieferer noch viel härter, die auch viele Stellen abbauen oder Werke schließen müssen. Die Rolle der Zulieferer wird meist unterschätzt. Dabei kommen laut einer Studie des Verbands der europäischen Zulieferindustrie (CLEPA) 75 Prozent der für die Autoproduktion eingesetzten Teile von Zulieferern. In Deutschland gibt es laut FAZ mehr als 400.000 Arbeitsplätze bei den Zulieferern, so viele wie bei den Autoherstellern selbst. Ein Überblick, wie die Krise die Autozulieferer im Südwesten und in der Region Neckar-Alb trifft.
- Bosch
Bosch ist weltweit der größte Autozulieferer mit Sitz in Gerlingen bei Stuttgart und beschäftigt insgesamt 430.000 Mitarbeiter. In Deutschland sind 133.000 Menschen bei dem Stiftungsunternehmen tätig. Doch die Krise trifft auch Deutschlands größten Autozulieferer. »Bosch wird seine wirtschaftlichen Ziele nicht erreichen«, sagt Vorstandschef Stefan Hartung. Es ist fraglich, ob es bei dem angekündigten Abbau von 7.000 Stellen bleibt, davon 2.500 in der Autosparte. »Aktuell kann ich nicht ausschließen, dass wir die personellen Kapazitäten weiter anpassen müssen«, warnt Hartung. Betroffen sind vor allem deutsche Standorte. Neben der Autozuliefersparte sind das die Werkzeugsparte sowie die Hausgeräte-Tochter BSH.
Bosch hat an den deutschen Stand-orten der Mobilitätssparte zwar betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Stellen können aber über Abfindungsprogramme trotzdem abgebaut werden. Als Grund für die schlechte Lage nennt Bosch die schwache Konjunktur in Deutschland und den zögerlichen Hochlauf der Elektromobilität.
- ZF
Neben Marktführer Bosch macht die Krise auch zwei weiteren großen Autozulieferern zu schaffen. Continental und ZF in Friedrichshafen kämpfen mit den gleichen Problemen. Bei Continental mit Hauptsitz in Hannover sollen 7.200 Arbeitsplätze wegfallen, viele davon in Deutschland. Doch ZF ist neben VW der zweite große Schauplatz des Arbeitskampfes in der Branche. Das Unternehmen vom Bodensee teilte mit, die Zahl der Beschäftigten bis zum Jahr 2028 um bis zu 14.000 zu reduzieren. Aktuell sind bei dem Stiftungsunternehmen in Deutschland 54.000 Menschen beschäftigt. Zudem will der Zulieferer Werke zusammenlegen und Fabriken komplett schließen. Besonders heftig trifft es die Elektrosparte des Getriebespezialisten. Im Werk in Saarbrücken mit 10.000 Beschäftigten sollen bis zum Ende des kommenden Jahres mindestens 1.800 Stellen wegfallen. Doch es könnte noch schlimmer kommen. Die Konzernleitung machte klar, dass es im schlimmsten Fall bis zu 4.500 Stellenstreichungen geben könnte, falls sich die Auftragslage nicht bessert.
ZF will bis Mitte 2025 klären, welche Werke geschlossen werden. »Jedes deutsche Werk muss einen Gewinnbeitrag leisten, der im Schnitt um zwei Prozentpunkte steigen soll«, sagt Personalchefin Lea Corzilius. Jedes Werk müsse auf einen Gewinnbeitrag von zehn Prozent kommen, fordert sie. ZF-Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich macht das Management für die Krise mitverantwortlich: »Es ist die klassische Mc-Kinsey-Methode. Wir schneiden 20 Prozent des Personals raus, schauen was passiert, und wenn es läuft, bauen wir in Best-Cost-Ländern wieder auf.« Während ZF in Deutschland Stellen streicht, soll die Beschäftigungszahl von derzeit 169.000 weltweit weiter wachsen.
- Eissmann
Die Krise trifft auch das schwäbische Familienunternehmen Eissmann mit Sitz in Bad Urach. Es produziert Produkte für den Fahrzeuginnenraum wie Türverkleidungen, Mittelkonsolen, Instrumententafeln und Schaltgriffe. Im März dieses Jahres musste der Autozulieferer für seinen Stammsitz in Bad Urach (258 Beschäftigte), für Pirna in Sachsen (285) und Gera in Thüringen (405) sowie für zwei kleinere Tochtergesellschaften in Münsingen (10) und Nürnberg (16) Insolvenzantrag stellen. Insgesamt sind knapp 1.000 Beschäftigte davon betroffen.
- Voestalpine
Auch den Autozulieferer Voestalpine in Dettingen/Erms hat die Krise voll erwischt. Wegen der gesunkenen Nachfrage könnten 210 der 650 Arbeitsplätze abgebaut werden, teilte die Pressestelle von Voestalpine in Linz (Österreich) auf GEA-Anfrage mit. Die IG Metall gibt sich hingegen selbstbewusst und will um den Standort und die Arbeitsplätze kämpfen, sagt Kai Lamparter, Zweiter Bevollmächtigter der Industrie-Gewerkschaft (IG) Metall, Reutlingen-Tübingen. (GEA)