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Aktuell Währung

Seit 20 Jahren gibt es Euro-Bargeld

Vom »Starter-Kit« über die »Teuro«-Debatte bis zur Erkenntnis, dass Europa zusammengewachsen ist: Die kleine Geschichte einer Währung.

Euro- und D-Mark-Banknoten: In Umfragen erkennt die Mehrheit die Vorteile der europäischen Gemeinschaftswährung an.  FOTO: MAY/D
Euro- und D-Mark-Banknoten: In Umfragen erkennt die Mehrheit die Vorteile der europäischen Gemeinschaftswährung an. FOTO: MAY/DPA
Euro- und D-Mark-Banknoten: In Umfragen erkennt die Mehrheit die Vorteile der europäischen Gemeinschaftswährung an. FOTO: MAY/DPA

FRANKFURT. Endlose Warteschlangen an Supermarktkassen, Durcheinander am Bankschalter – vor der Ablösung der D-Mark durch das Euro-Bargeld am 1. Januar 2002 machten Krisenszenarien die Runde. Letztlich stemmten Zentralbanken, Geldhäuser und Handel die Währungsumstellung reibungslos. Den Ruf, ein »Teuro« zu sein, hat die europäische Gemeinschaftswährung allerdings auch 20 Jahre später nicht ganz abgeschüttelt.

Als zum Jahreswechsel 2001/2002 der Euro unters Volk gebracht wurde, war die Aufregung groß. Schon am 14. Dezember 2001 konnten in Frankreich und den Niederlanden Probetütchen mit den neuen Münzen erworben werden. Mancher Deutsche reiste sogar über die Grenze, um ein »Starter-Kit« zu ergattern. Denn erst am 17. Dezember 2001 waren die Münzmischungen im Wert von 20 D-Mark (10,23 Euro) in Deutschland zu haben.

In der Neujahrsnacht 2002 gab es das neue Bargeld in zwölf EU-Staaten. Noch als die Böller knallten, bildeten sich Schlangen an Geldautomaten. Fast 15 Milliarden Euro-Banknoten waren zum Start gedruckt, 52 Milliarden Euro-Münzen geprägt worden.

»Es ist wahrscheinlich die größte logistische Herausforderung in Friedenszeiten gewesen«, erinnert sich der damalige EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. »Rund 50 000 Menschen waren im Bankensystem beschäftigt, um diese Einführung so reibungslos wie möglich zu gestalten – und das ist gelungen.«

Zahlungsmittel in 19 Staaten

Die Ausgabe der neuen Scheine und Münzen habe »den Euro erst richtig ins Bewusstsein der Bevölkerung gebracht«, sagt Issing. »Vorher hat man in Deutschland noch mit den D-Mark-Scheinen und -Münzen bezahlt, aber die waren ja nur noch Stellvertreter für den Euro.«

Denn bereits am 1. Januar 1999 hatte für 11 der damals 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Euro-Zeitalter begonnen: Die europäische Gemeinschaftswährung, die beinahe Florin oder Ducat geheißen hätte, wurde zunächst elektronisch als Verrechnungswährung genutzt neben D-Mark, Lira, Schilling und Co. Von Beginn an dabei: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien. 2001 wurde Griechenland – trotz Bedenken von Volkswirten – als zwölftes Land in den Euro-Club aufgenommen. Heute ist die europäische Gemeinschaftswährung für gut 340 Millionen Menschen in 19 EU-Staaten offizielles Zahlungsmittel.

Im Jahr 2002 folgte auf Euphorie schnell Ernüchterung: Viele Menschen erlebten den Euro als »Teuro«. Statistiker und Ökonomen konnten noch so sehr argumentieren: Beim Einkaufen, in der Kneipe oder beim Friseur wurden Verbraucher das Gefühl nicht los, D-Mark-Preise seien im Zuge der Währungsumstellung 1:1 in Euro umgerechnet worden. Das Wortspiel wurde so populär, dass »Teuro« gleich im Jahr der Einführung des Euro-Bargeldes Deutschlands »Wort des Jahres« wurde.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, bekräftigt indes: »Der Euro hat sich als außergewöhnlich stabile und starke Währung erwiesen. Die Inflation war mit durchschnittlich jährlich circa 1,5 Prozent seit 1999 geringer als in Zeiten der D-Mark – und dies trotz großer Krisen, wie der globalen Finanzkrise 2008/2009 und der Corona-Pandemie.« Dennoch: Die D-Mark-Nostalgie hat sich gehalten, noch immer sind Milliarden alter Scheine und Münzen nicht umgetauscht.

Issing erklärt die emotionale Bindung vieler Deutscher an die D-Mark mit der Hyperinflation 1923 und der Währungsreform 1948: »Zwei Mal hat eine Generation alle nominalen Vermögenswerte verloren, das hat sich tief eingegraben im Gedächtnis der Deutschen.«

Anti-Euro-Stimmen gibt es jedoch durchaus immer wieder. »Der Euro ist gescheitert«, formuliert etwa die AfD in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021. Und schon 2018 sagte der Princeton-Ökonom Ashoka Mody der »Wirtschaftswoche«: »Der Euro ist fraglos ein Misserfolg.«

Dass Europa eine gemeinsame Währung einführte, ohne eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik zu haben, gilt als Konstruktionsfehler der Währungsunion. »Es besteht zwischen den nördlichen und südlichen Mitgliedern keine Einigkeit über die Rolle der Europäischen Zentralbank und die haushaltspolitische Verantwortung der einzelnen Länder«, sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Zugleich entstand mit Einführung der Gemeinschaftswährung ein riesiger Binnenmarkt, in dem Unternehmen keine Wechselkursrisiken mehr haben. Die weitaus meisten Menschen in Europa sehen die Vorteile, wie regelmäßige Umfragen der EU-Kommission belegen. Im September 2021 stellte die Kommission fest: Die Unterstützung für den Euro habe im Euroraum mit 79 Prozent den höchsten Stand seit 2004 erreicht.

»Fakt ist, dass alle Länder in Europa durch den Euro gewonnen haben und dass Europa durch den Euro enger zusammengewachsen ist. Gerade Deutschland hat vom Euro stark profitiert, da die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von den Exporten groß ist und die starke internationale Rolle des Euro die Exporte deutscher Unternehmen gefördert und unterstützt hat«, bilanziert DIW-Präsident Fratzscher. (dpa)