REUTLINGEN. Der Sprachdienstleister Transline hat im vergangenen Jahr deutlich zugelegt. Der Umsatz der Unternehmensgruppe mit Hauptstandort in Reutlingen stieg gegenüber 2020 um 18 Prozent auf 20,8 Millionen Euro.
Die Zahl der Beschäftigten erhöhte sich von 165 auf 176. Wie Katja Schabert, Geschäftsführerin der Transline Deutschland GmbH, im Gespräch mit dem GEA weiter berichtete, sind die Zuwächse auf »starke Neukunden-Akquise« und »den Ausbau der Geschäfte mit Bestandskunden« zurückzuführen. Zudem habe eine neue Verordnung der Europäischen Union zu Medizinprodukten viele Übersetzungen erfordert – und die Aufträge rund um Produkte des Softwarekonzerns SAP hätten erheblich zugenommen. Transline ist nach eigenen Angaben einer der führenden Übersetzungsdienstleister in Deutschland.
Zum Jahresergebnis nennt das Unternehmen gegenüber Medienvertretern bislang keine Zahlen. Schabert sprach indes auf Nachfrage von einer »sehr guten Ertragslage«. Wie berichtet, hat die börsennotierte Münchner Beteiligungsgesellschaft Blue Cap AG Anfang dieses Monats vom Wiener Finanzinvestor Lead Equities Group 74 Prozent an der Dachfirma Transline Gruppe GmbH (Reutlingen, sechs Beschäftigte) übernommen. Das Gründerehepaar Sturz ist unverändert (mit 26 Prozent) als Gesellschafter an Transline Gruppe beteiligt. Der promovierte Maschinenbauingenieur Wolfgang Sturz, 67, ist auch deren Geschäftsführer.
Fünf Firmen treten am Markt auf
Fünf Tochterunternehmen der Führungsholding treten am Markt auf. Diese Firmen organisieren der 43-jährigen Betriebswirtin Schabert zufolge mit einem Netzwerk von über 5.000 Fachübersetzern die Übertragung von Texten in 160 Sprachen. Mit diesen 160 Sprachen würden 93 Prozent der Weltbevölkerung erreicht. Bei den Texten handele es sich vor allem um Marketingbotschaften, Verträge, technische und medizinische Dokumentationen sowie Geschäftsberichte. Unter den über 500 Kunden des Unternehmensverbunds dominierten die Branchen Maschinenbau, Automobilindustrie, Gebäudetechnik, Pharma, Medizintechnik, Software und E-Commerce.
Alle fünf operativ tätigen Firmen hätten zum Erfolg im vergangenen Jahr beigetragen, so Schabert. Die Transline Deutschland GmbH mit Sitz im Reutlinger Industriegebiet In Laisen sowie zwei weiteren, kleinen Standorten in Köln und Grünbach (Sachsen) als größte Einheit steigerte demnach ihren Umsatz um über 15 Prozent auf über 13 Millionen Euro.
Sie hat 117 Beschäftigte. Mit Umsatzzuwächsen von jeweils über 35 Prozent seien die Geschäfte der beiden Schwesterfirmen Transline Software Localization GmbH (Walldorf/Baden, fünf Beschäftigte) und Transline Europe SARL (Schiltigheim bei Straßburg/Frankreich, sieben Beschäftigte) besonders gut gelaufen. Die Medax – Medizinischer Sprachendienst GmbH mit Rechtssitz in Reutlingen, aber mit Betriebsstätte und 18 Mitarbeitenden in Olching bei München habe um über 25 Prozent zugelegt. Die Interlanguage SRL (Modena/Italien, 23 Beschäftigte) sei um über 11 Prozent gewachsen.
Stark in Digitalisierung investiert
Transline hat nach früheren Angaben in den vergangenen Jahren stark in die Digitalisierung investiert, um Prozessschritte in der Auftragsabwicklung und bei maschinellen Übersetzungen zu automatisieren. Schabert stellte dazu nun fest: »Nur wenige Sprachdienstleister haben so eine moderne IT-Welt.« Die Informationstechnologie (IT) »TBlue« ermögliche eine schnellere Abarbeitung von Kundenanfragen und -aufträgen. Sie sei auch die Basis für das weitere organische Wachstum von Transline und den geplanten Ausbau durch Firmenzukäufe.
Im Jahr 2018 hatte Transline den Betrieb in Walldorf samt einer Tochter in Italien übernommen. 2019 kamen die Firmen Interlanguage und Medax dazu. Zuletzt, erklärte Schabert, habe Transline zwei Jahre mit Zukäufen ausgesetzt, weil der bisherige Mehrheitseigner Leads aussteigen wollte. »Der neue Mehrheitsgesellschafter Blue Cap verfolgt auch die Strategie, sinnvoll zu wachsen. Es bleibt spannend – vielleicht gibt es sogar 2022 schon Neues zu berichten.«
Seit vergangenem Sommer sei über den Verkauf der Transline-Anteile verhandelt worden, beantwortet die Firmenchefin eine Frage dieser Zeitung. »Es gab viele Bewerber. Wir waren recht begehrt«, fügte sie hinzu. Neben dem Kaufpreis – Blue Cap berichtete von »im unteren Drittel des zweistelligen Millionenbereiches« – seien die Perspektiven einer guten Zusammenarbeit ausschlaggebend für die jetzt gefundene Lösung gewesen. Es sei noch geplant, dass das operative Managementteam von Transline einen Anteil von rund fünf Prozent an der Transline Gruppe GmbH von Blue Cap erwerben werde.
Mobiles Arbeiten möglich
Auf die Auswirkungen der Ukraine-Krise angesprochen, sagte Schabert, das Russland-Geschäft mache weniger als ein Prozent des Transline-Umsatzes aus. Schabert selbst wurde in Weißrussland (nun: Belarus) geboren und hat dort und in Moskau Verwandte. Auch die Zusammenarbeit mit Partnern im Krisengebiet sei kaum beeinträchtigt. So habe ein Partnerunternehmen von Transline, das Büros in Russland und der Ukraine hat, seine Beschäftigten inzwischen nach Tschechien verlagert.
Mit Blick auf das offizielle Ende der Homeoffice-Pflicht bemerkte die Geschäftsführerin: »Unsere Kultur ist nicht für 100 Prozent Homeoffice geschaffen.« Sie verwies auf Projekte, in denen mehrere Teams aus verschiedenen Bereichen beteiligt seien: »Dabei ist Kommunikation wichtig. Deshalb ist es gut, wenn jetzt alle wieder aus der Höhle rauskommen.«
Gemäß einer Betriebsvereinbarung sei von April an vorgesehen, dass die Beschäftigten von Transline drei Tage pro Woche im Büro und zwei Tage zu Hause arbeiten. Nach dem Wegfall der Homeoffice-Pflicht führe Transline mobiles Arbeiten ein. »Damit wollen wir den Spagat schaffen zwischen der Flexibilität von Heimarbeit und einer familiären Unternehmenskultur, die auf persönliche Kommunikation angewiesen ist.« (GEA)