Was ihn frustriert, ist die "Revolte gegen die Zukunft. Die Deutschen neigen zum Kuschelsozialismus", sagt er und stützt sich dabei auf Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Allensbach. Die Bürger wetterten gegen die Globalisierung, wollten geschützte Märkte und gar ökologische Planwirtschaft. Derweil lebten wir doch zu einem großen und guten Teil von Exportgeschäft." Und weiter ging es mit dem Levitenlesen: "Viele sind gegen das Leistungsprinzip, wollen aber mehr Gleichheit." Mit dieser Industriefeindlichkeit platziert er Deutschland mehr oder weniger am Skalenende der Länder mit der Gemeinschaftswährung. "Wir schalten langsam aber sich die Lichter aus", modifizierte er ein Filbinger-Zitat aus dem Jahr 1978.
»Hunger bleibt ein Thema«
»Die Wirtschaft arbeitet nachhaltig, nicht die Politik, die nur auf Wahltermine schaut«, korrigiert er jene, die exakt im Kontext der großen Krise das kurzfristige Denken der Bankenmanager rügen. In den Unternehmen laufe vieles besser als in den Medien dargestellt. Er selbst lieferte mit seinem Gehalt den Beweis. »Ich werde demnächst Krisen bedingt viel weniger verdienen.« Die Financial Times Deutschland wies kürzlich sein Gehalt mit 4,4 Millionen Euro aus. Wichtig für ihn ist in diesem Kontext: Vom Pförtner bis zum Vorstand gilt das gleiche Entlohnungsprinzip. Gibt es für den Vorstand einen Bonus, bekommen auch die Mitarbeiter eine Prämie.Dass die deutsche Mentalität völlig fehl am Platz ist, machte er anhand der Herausforderungen deutlich, vor denen die Welt steht. Demografische Entwicklung, Ungleichgewicht der Handelsströme, steigende Rohstoffkosten und Klimaveränderung. 2050 werde es annähernd zehn Milliarden Menschen (heute 6,7 Mrd.) geben. Die bräuchten Wasser, Nahrung und Wohnungen. »Hunger ist und bleibt ein großes Thema.« Der Rückgang der Anbaufläche für agrarische Produkte und zunehmende Ansprüche passten nicht zusammen. Ohne grüne Gentechnologie könne diese Herausforderung nicht bestanden werden. Würde sie an vielen Orten in der Welt zum Einsatz kommen, forderten die Deutschen die gentechnikfreie Zone. Dabei habe doch schon die Tübinger Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard festgestellt, dass es keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis gäbe, dass durch Gentechnik Schaden entstehe. Die Einstellungen der Bürger kann sich der Chef des »einzigen wirklichen Weltmarktführers in Deutschland« nur so erklären: »Das saturierte Zentraleuropa lebt im Paradies.«
Ein Plädoyer für Bildung folgte: Die Köpfe sind unsere wichtigste Ressource. Wenn Deutschland 3,9 Prozent des Sozialproduktes für Bildung und 5,6 Prozent für Bürokratie ausgebe, stimme etwas nicht. An den Ausgaben für F + E messe sich nachhaltiges Handeln. Das sei auch eine Voraussetzung, dass Deutschland ein Industriestandort bleibe.
»Kräftige Worte zum Nachdenken« wollte der in Reutlingen geborene Hambrecht mit auf den Weg geben. Gut, dass er mit dem Satz, »da darf es schon etwas Schwarz-Weiß sein«, auch intellektuelle Redlichkeit übte. (GEA)