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Reutlinger Manz AG stellt Insolvenzantrag noch vor Weihnachten

Maschinenbauer Manz, Reutlingen, wird dem Vorstand zufolge noch vor Weihnachten den angekündigten Insolvenzantrag stellen. Firmenchef Ulrich Brahms sieht gute Chancen, das Unternehmen wieder auf gesunde Füße zu stellen

Sitz der Manz AG im Industriegebiet Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt (Mahden).
Sitz der Manz AG im Industriegebiet Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt (Mahden). Foto: Manz
Sitz der Manz AG im Industriegebiet Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt (Mahden).
Foto: Manz

REUTLINGEN. Die Manz AG wird noch vor Weihnachten beim zuständigen Amtsgericht Tübingen ihren angekündigten Insolvenzantrag einreichen, also am Freitag oder am Montag. Dies sagte Vorstandsvorsitzender Ulrich Brahms auf Nachfrage des GEA. Wie berichtet, hatte das Unternehmen mit Sitz im Industriegebiet Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt (Mahden) am Mittwoch mitgeteilt, »voraussichtlich in den nächsten Tagen« Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit und insolvenzrechtlicher Überschuldung stellen zu wollen. Brahms und Technologie-Vorstand Stefan Lutter betonten in einem Telefongespräch mit dieser Zeitung, dass ein Insolvenzverfahren und weitere Gespräche mit Investoren gute Chancen böten, den Maschinenbauer wieder auf gesunde Füße zu stellen.

»Das Wort Insolvenz ist im deutschen Sprachgebrauch eher negativ belegt. Tatsächlich ist ein Insolvenzverfahren aber ein Lösungsansatz, um ein Unternehmen wieder neu auszurichten«, erklärte Brahms. Der promovierte Ingenieur, 59, ist seit Mitte Juli als Vorstand im Unternehmen tätig und wurde am 1. September als Vorstandsvorsitzender zum Nachfolger von Martin Drasch berufen. Er arbeitet seit 2007 als Interimsmanager und hat sich auf strategische Neuausrichtungen und Restrukturierungen spezialisiert.

Verbesserung von Strukturen

Ein Insolvenzverfahren ermögliche es, das Unternehmen finanziell neu aufzustellen, bestehende Strukturen zu verbessern und sich auf technologische Kernkompetenzen von Manz zu fokussieren, schrieb das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Im Gespräch mit dem GEA erläuterte Brahms konkret, dass die Sanierungsmöglichkeiten im Rahmen der Insolvenz auch bedeuteten, sich von Schulden zu befreien, unvorteilhafte Verträge aufzukündigen und Restrukturierungen schneller umzusetzen – dazu gehören auch Personalanpassungen. Dennoch werde der Vorstand verantwortungsvoll »mit den hoch engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Manz AG« umgehen, kündigte er an.

Zur Höhe der Schulden der börsennotierten Aktiengesellschaft (AG) wollten er und Lutter keine Angaben machen. Lutter verwies darauf, dass er aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in der Halbleiterindustrie mit dem Ziel zu Manz geholt worden sei, die Firma in Richtung Halbleiteranwendungen auszurichten. Der 49 Jahre alte neue Technologie-Vorstand war zuvor für die Süss Microtec SE (Garching bei München) tätig.

»Die Löhne und Gehälter für November sind bezahlt«, erklärte Brahms. Die Bezahlung der Löhne und Gehälter für die Monate ab Dezember sei ein Thema des künftigen vorläufigen Insolvenzverwalters. Sobald dieser berufen worden sei, müsse auch die Situation für die ausländischen Tochterfirmen von Manz (in der Slowakei, in Italien, China, Taiwan, Indien und in den USA) bewertet werden.

Ende November hatte die Manz-Gruppe weltweit 1.179 Beschäftigte, davon 417 an den deutschen Standorten in Reutlingen und Tübingen. Elf Monate zuvor, am 31. Dezember 2023, waren es in der Firmengruppe 1.435 Personen, davon 484 in Reutlingen und Tübingen. Beim zwischenzeitlichen Schwund in der Gruppe ist der Verkauf der früheren ungarischen Tochterfirma im August mit 160 Beschäftigten zu berücksichtigen.

Es habe bislang kein Personalabbauprogramm gegeben, so Brahms und Lutter. Es seien jedoch Abgänge nicht ersetzt und Probezeiten nicht verlängert worden. Zudem habe es aufgrund der schwierigen Lage des Unternehmens vereinzelt Kündigungen durch Beschäftigte gegeben. Seit September werde in Reutlingen und in Italien kurzgearbeitet.

Kaum Neuaufträge

Zu den Gründen der Misere sagte Brahms: »Man hat sich in den vergangenen drei Jahren stark mit der Batteriezellenproduktion befasst. Dies erschien aussichtsreich und war mit großen Hoffnungen verbunden. Man musste aber erkennen, dass sich das nicht wie erhofft entwickelt hat.« Der Batteriezellenproduktion habe auch die politische Unterstützung gefehlt.

Lutter fügte hinzu, dass große Kunden Investitionen verschoben oder gestrichen hätten: »Für Manz bedeutete dies, dass die hohen Investitionen in Technologie und Innovationen nicht durch entsprechende Umsatzerlöse kompensiert werden konnten.« Hinzu sei eine generelle Krise im Maschinen- und Anlagenbau gekommen. »Es kommen kaum Neuaufträge«, sagte Lutter. In der Folge habe die Absatz- über die Ergebnis- bis zur Liquiditätskrise bei Manz geführt, bemerkte Brahms.

Für das Jahr 2023 hatte Manz bei einem Umsatz von 249,2 Millionen Euro einen Verlust von 2,4 Millionen Euro ausgewiesen. Nach den ersten neun Monaten das laufenden Jahres stand bei einem Umsatz von 133,7 Millionen Euro ein Verlust von 25,4 Millionen Euro zu Buche.

Manz hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass die Zahlungsunfähigkeit durch die Entscheidung von Kreditgebern ausgelöst worden sei, keine weiteren Mittel zur Verfügung zu stellen. Zudem habe ein interessierter Investor weit fortgeschrittene Gespräche unerwartet abgebrochen. Nach Informationen des GEA handelt es sich dabei um Eng Kee Tan. Der Gründer und Mehrheitsaktionär von Greatech Technology (Malaysia) war im Oktober als strategischer Investor bei Manz eingestiegen und hält 18 Prozent der über 10,251 Millionen Manz-Aktien. Brahms und Lutter wollten sich vor dem Hintergrund weiterer Gespräche mit Banken und Investoren dazu öffentlich nicht äußern. (GEA)